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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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richtete sein Schwert drohend auf Caspar. »Bist du wahnsinnig? Willst du Sophies Tod?«
    Eben noch war in Caspars Gesicht vor allem der uralte Ekel vor den Menschen zu sehen gewesen – nun kam jener hinzu, der den Wächtern galt. Er bleckte seine Zähne wie ein Raubtier.
    »Nicht!«, rief Aurora.
    Caspar zog sein Schwert, während Nathan keinen Schritt zurückwich. Schon trafen sich die beiden Klingen mit einem ohrenbetäubenden Klirren.
    »Nicht!«, schrie Aurora immer wieder. Mia hörte zu weinen auf und duckte sich angstvoll, während Marian sich schützend vor sie stellte. Noch weitere Male schlugen die Klingen aufeinander – dann plötzlich ließen sie ihre Schwerter sinken, nicht, weil Aurora den Kampf beendet hatte, sondern weil ihnen beiden aufging, was hinter ihrem Rücken geschah. Lukas hatte die Gelegenheit genutzt und Sophie mit sich gezerrt: Zurück ins Bergwerk – obwohl oder gerade weil es einzustürzen drohte.
    »Was zum Teufel …«, setzte Caspar an – nicht minder begierig, ihm nachzustürzen, wie Nathan. Den einen trieb blinder Hass, den anderen blinde Liebe. Beides waren zu starke Gefühle, um bedächtig zu handeln.
    »Nicht!«, schrie Aurora wieder, hob abwehrend ihre Hände, und diesmal erstarrten beide. »Ihr bleibt hier!«, sprach sie mit fester Stimme. Kurz war es befremdend, ihrem Vater Befehle zu erteilen, aber als sie erst einmal damit begonnen hatte, fuhr sie wie selbstverständlich fort: »Ihr bleibt hier«, wiederholte sie. »Die anderen … werden bald kommen. Es bleibt keine Zeit mehr, vor ihnen zu fliehen – tretet ihnen entgegen, erklärt, was passiert ist, versucht es zumindest! Vielleicht gibt es noch eine Möglichkeit, den Krieg aufzuhalten. Ich kümmere mich um Lukas. Ich … ich kann das.«
    Kurz waren sie beide sprachlos, zu verwirrt auch, um sich ihr zu widersetzen. Aurora wusste nicht, wie lange ihre Macht über sie währen würde, doch daran konnte sie keinen Gedanken mehr verschwenden. Sie drehte sich um und stürzte ins Bergwerk.
    Sie hatte nicht gelogen, als sie sagte, dass sie Lukas bezwingen und Sophie retten könnte. Aber sie hatte keine Ahnung, ob sie mittlerweile wieder genügend Kräfte gesammelt hatte, um das wirklich durchzustehen.
    Der Berg schien verärgert zu knurren, als Lukas mich immer tiefer in den Stollen zog. Das dumpfe Hallen und Knirschen, was zu hören war, als in der Ferne weitere Gänge einstürzten, ging mir durch Mark und Bein. Übertönt wurde es nur von einer Sirene, die jetzt losheulte. Ich betete stumm, dass keine Bergarbeiter Opfer von diesem gewaltigen Zerstörungswerk geworden waren – vor allem aber, dass wir solchen nicht begegneten.
    Lukas grinste mich an.
    »Keine Angst«, sagte er zynisch, »hier unten wird uns niemand stören. Wir sind hier ganz unter uns.«
    Ich starrte ihn an. Ein irres Leuchten stand in seinen Augen und machte aus ihm einen Fremden. Der Mund hatte manchmal hart gewirkt, jetzt war er unnatürlich verzerrt. Er war über und über mit Staub bedeckt, und das verstärkte den Eindruck, dass der Hass ihn wie eine schwarze Wolke einhüllte und jeden verbleibenden Funken von Mitgefühl erstickte.
    »Dein Plan geht nicht auf!«, rief ich. »Du hast verloren. Was willst du denn noch?«
    »Ich tue, was ich tun muss. Und jetzt komm!«
    Sein Griff um meinen Arm wurde schmerzhaft. Als ich stolperte, nahm er keine Rücksicht, sondern zerrte mich einfach weiter. Ganz gleich, was zwischen uns passiert war, und ganz gleich, dass seine Gefühle für mich nicht nur Lügen gewesen waren, sondern er wirklich auf eine gemeinsame Zukunft gehofft hatte – er würde mich nicht verschonen.
    »Du wirst mich töten«, stellte ich fest. »Um dich zu rächen. An den Nephilim. Und irgendwie an der ganzen Welt.«
    Wieder antwortete er nur mit diesem abscheulichen Grinsen. Er hatte nichts mehr von dem Mann, dem ich vertraut hatte.
    »Lukas!«, versuchte ich dennoch an ihn heranzukommen, »Lukas, denk an Mia! Sie braucht dich doch! Du darfst sie nicht im Stich lassen!«
    Eine Druckwelle erfasste mich, warf mich an die Wand, doch Lukas’ Griff löste sich nicht. Wieder schien der Berg zu knurren – ärgerlich entschlossen, seine steinerne Faust um die Eindringlinge, die er bis jetzt noch gnädig geduldet hatte, zu schließen.
    »Mia wird schon durchkommen«, meinte Lukas gleichgültig. »Vielleicht hat es ein Gutes, dass Nathan am Leben geblieben ist. Er wird nicht zulassen, dass Caspar ihr etwas antut …«
    Immer weiter ging es in

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