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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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bedeutete es doch, dass er nichts zu sagen wusste, um mich zu beruhigen.
    »Der dunkle Mann …«, setzte ich an, »Caspar …«
    Er berührte mein Gesicht, zwang mich, ihn anzusehen, und diesmal zögerte er nicht einzuwenden: »Was immer mit Aurora passiert … Caspar hat damit nichts zu tun, er
kann
damit nichts zu tun haben.«
    Aus der Küche erschallte lautes, lebendiges Gelächter. Es beruhigte mich keineswegs – ebenso wenig wie Nathans Worte.
    Auch wenn Caspar tot war und der schwarze Mann auf seinem Anwesen tatsächlich nur der Immobilienmakler gewesen war – Aurora veränderte sich seit dem Schulfest. Und Aurora, das wusste ich instinktiv, auch wenn ich nicht sagen konnte, worin die Bedrohung bestand, war in Gefahr.
     
    Unser Besuch blieb bis kurz vor Mitternacht, und obwohl ich wie auf heißen Kohlen saß und ungeduldig darauf wartete, endlich mit Nathan allein zu sein, gelang es mir, freundlich und ausgeglichen zu wirken. Lukas und Mia entging unsere Anspannung auch weiterhin – und als wir uns vor der Haustür verabschiedeten, bedankte sich Lukas mehrfach für den schönen, entspannten Abend. Ich lächelte wieder, und in der Finsternis sah man mir nicht an, wie verkrampft ich tatsächlich dabei war.
    Doch auch nachdem unser Besuch gegangen war, hatte ich immer noch keine Möglichkeit, in Ruhe mit Nathan zu sprechen. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten half Aurora uns, den Tisch abzuräumen. Eben noch hatte sie mit Mia gelacht und war als fröhlichstes Mädchen auf Erden erschienen, jetzt wirkte sie wieder gedankenverloren, in sich gekehrt. Immerhin strahlten ihre Augen nicht durchdringend blau, wirkten eher kraftlos, müde, fast grau.
    So ausdruckslos wie ihr Blick war auch der von Nathan – ein Zeichen, dass wir Aurora nichts von unseren Gefühlen und Ängsten zeigen durften. Jetzt war sie damit beschäftigt, die schmutzigen Teller aufeinanderzustapeln und in die Küche zu tragen.
    Nathan öffnete das Fenster, ich zog das Tischtuch ab und folgte Aurora. Sie hatte das Geschirr auf die Arbeitsfläche gestellt und öffnete die Geschirrspülmaschine, um es einzuräumen.
    Ich ertrug das Schweigen nicht länger.
    »Du … du hast sehr viel gewusst«, setzte ich an, »über Salz, meine ich.«
    Ich versuchte, es ganz nebensächlich zu sagen, doch es glückte nicht, und meine Bemerkung erschien ihr eher als Vorwurf denn als Lob. Sie fuhr abrupt zu mir herum. »Na und?«, rief sie unerwartet heftig, nahezu ärgerlich.
    Ich bereute, etwas gesagt zu haben, aber nun konnte ich die Worte nicht mehr zurücknehmen.
    »Ich nehme an, ihr habt das in der Schule durchgenommen.«
    Ich legte beschwichtigend die Hand auf ihre Schulter, doch da zuckte sie zusammen – so heftig, dass ich mich erschrak. Es schien nicht nur so, als wäre ihr meine Berührung unangenehm, sondern geradezu unerträglich.
    »Aurora …«
    Im nächsten Moment war ich es, die zusammenzuckte. Durch die abrupte Bewegung hatte sie mit dem Ellbogen den Tellerstapel gerammt. Ein halbleeres Weinglas, das unmittelbar danebengestanden hatte, war zur Seite gekippt und rollte nun auf das Ende der Arbeitsfläche zu. Ich wollte schon danach greifen, doch in dem Moment hatte es Aurora schon aufgefangen – Aurora, die doch mir zugewandt stand und eigentlich gar nicht hätte bemerken können, was hinter ihrem Rücken vorging. Sie bekam das Glas ohne Mühe zu fassen und stellte es mit einer raschen, eleganten, perfekt koordinierten Bewegung wieder neben die Teller, ohne auch nur einmal hinzusehen – und ohne auch nur einen Tropfen Wein verschüttet zu haben.
    Fassungslos starrte ich sie an. »Wie … wie hast du das denn gemacht?«
    Meine Stimme war kaum lauter als ein Hauch. Noch zu gut hatte ich ihr Klagen in Erinnerung, als sie Mia voller Enttäuschung zuschauen musste, wie diese mit fünf Bällen jonglierte, während sie nur mit großer Mühe drei in der Luft halten konnte, oder als Mia mit den Stelzen herumlief, während sie ständig ins Gras fiel. Hätte Mia das Weinglas so blitzschnell aufgefangen – ich wäre wahrscheinlich nicht sonderlich überrascht gewesen. Aber Aurora war doch sonst nicht so geschickt!
    »Wäre es dir lieber, es wäre auf den Boden gefallen?«, schnaubte sie – wieder so ungehalten, als hätte ich sie schwer beleidigt.
    »Nein, ich wollte nur … das war einfach …«
    Ich wusste nicht, was ich hinzugefügt hätte, wenn Nathan nicht im Türrahmen erschienen wäre. Er musste gesehen haben, wie unglaublich geschickt sie

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