Der Fluch der bösen Tat
Warten nicht gewohnt. Sie glich einer schlechten Schauspielerin in einem schlechten Film, dachte er. Er ließ sie eine Minute zappeln, dann hob er das Ekstra Bladet und lächelte ein wenig. Sie lächelte zurück. Das machte ihr Gesicht keineswegs häßlicher, dann ging sie zügig auf ihn zu und setzte sich an seinen Tisch. Per fing sofort an zu reden und sah, wie ihre Miene zuerst verwirrt und dann böse wurde. Ihre Augen waren blau, aber im Zorn wechselten sie ins Graue. Nach seiner Erfahrung, war es am besten, sich von Anfang an an die Spitze zu setzen. Zu zeigen, wer der Leitwolf war. Wenn erst die Rangordnung feststand, klappte die Zusammenarbeit viel besser. Intellektuelle glaubten, sie hätten das Recht zu bestimmen, aber das galt nicht, wenn er für die Sicherheit zuständig war.
»Sie kommen zu spät«, sagte er.
»Ich hatte noch was zu erledigen.« Ihre Stimme war melodisch und freundlich und hatte tatsächlich einen leicht jütischen Einschlag.
»Nicht pünktlich zu sein ist eine schlechte Angewohnheit. Ich kann das nicht leiden. Comprende? «
Sie starrte ihn an, als wäre er vom Mond gefallen. Gerade wollte er die Situation mit einem Scherz bereinigen, aber ihre Antwort ließ ihn stocken.
» Entiendo, cu ñ o « , sagte Lise Carlsen ruhig.
Per lehnte sich zurück und grinste verschmitzter, als er wollte.
»Jetzt bin ich aber platt«, sagte er.
»Danke. Ich hätte auch gern einen Kaffee.«
»Milch? Zucker?«
»Schwarz.«
Er stand auf und ging zur Theke. Lise sah ihm nach. Er war ein ungehobelter Kerl, so viel hatte sie schon mitbekommen. Der erste Eindruck trügt in der Regel nicht. Das war zwar Unsinn, aber ihr gefiel der Ausdruck. Immerhin sah er ziemlich gut aus, wenn man auf diese durchtrainierten Typen mit den wohlüberlegten Bartstoppeln stand. Gut angezogen. Vielleicht war die Kleidung ein bißchen konservativ und zeitlos, aber sauber und tadellos gebügelt. Über Polizisten und ihr Leben wußte sie nicht viel, aber sie ging davon aus, daß Leute, die sich um einen eher ans Militär als an ziviles Leben erinnernden Job bewarben, nicht gerade die hellsten Köpfe des Landes waren. Vielleicht war die Selbstsicherheit, die er ausstrahlte, bloß eine Folge seiner Pistole und seiner physischen Macht über die Menschen. Wenn sie den Gedanken festhalten konnte, könnte er durchaus zum Ausgangspunkt eines kleinen bissigen Artikels werden. Zumindest hatte sie von Anfang an für ein gleichberechtigtes Verhältnis gesorgt. Er hatte seinen spanischen Scheiß abgefeuert, und sie hatte mit gleicher Münze zurückgezahlt: Verstanden, Arschloch.
Per Toftlund kam mit dem Kaffee zurück und stellte ihn Lise mit einem Bitteschön hin. Lise reichte ihm die Hand, und als er sie ergreifen wollte, hätte er beinahe seine eigene halbvolle Tasse umgekippt. Sie stellte sich vor, und Per sagte etwas verdattert: »Per Toftlund … Arschloch. Also, ich meine mich – wie Sie schon sagten.«
Sie lachten beide. Er hatte ein schönes Lachen. Regelmäßige weiße Zähne und ein Grübchen. Ein starkes Kinn, braune Augen und dunkles Haar, das an den Schläfen etwas dünner wurde, was er aber nicht zu verstecken versuchte. Das gefiel ihr, dachte sie unvermittelt, und war plötzlich selbst ein wenig verlegen.
»Sie sprechen also Spanisch?« sagte sie und griff nach ihrer Tasse.
»Wie Hemingway.«
»Klar, das ist natürlich ein Autor, der zu Ihnen paßt.«
»Ich kann buchstabieren, wenn ich mich anstrenge.«
»Sind Sie sicher?« sagte sie.
Er leerte seine Tasse und schaute sie an. Sie zwang sich, ihre Tasse hinzustellen. Sie durchwühlte ihre Handtasche nach Zigaretten.
»Nichts dagegen?«
»Wenn ich nicht mitqualmen muß«, sagte er.
»Militant?«
»Nur vernünftig«, sagte er.
Sie steckte sich die Zigarette an und blies den Rauch in eine andere Richtung.
»Wo waren wir stehengeblieben?« sagte sie.
Per lehnte sich über den Tisch und sprach leise, als wären sie ein verliebtes Pärchen, das Vertraulichkeiten austauscht.
»Wir haben über ein Wesen zu reden, das Simba heißt.«
»Wie bitte?« fragte Lise.
»Sara S. Die von nun an Simba heißt. Wenn wir von ihr reden, reden wir von Simba. Wir beide müssen eine Form der Zusammenarbeit finden, so daß Sie Simba präsentieren können und ich sie beschützen kann. Okay?«
»Okay. Aber ich bin ein denkendes Wesen und mein Verständnis von Zusammenarbeit ist nicht, daß Sie die Befehle geben und ich und der PEN die Hacken zusammenknallen und jawoll brüllen wie
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