Der Fluch der bösen Tat
verdrängte den Gedanken. Es gab keine Option, daß der Vertrag dann einfach nicht honoriert werden würde. Die Iraner würden sich damit nicht abfinden. Er wußte zuviel. Ein neuer Vertrag würde geschlossen werden und darauf stünde sein Name. Es gab nur eins: jetzt oder nie.
Sorgfältig faltete er den Ausdruck zusammen und schaltete den Rechner abrupt aus, bevor er die Diskette entnahm. Er legte sie neben den Rechner. Er würde sie später formatieren, damit die Datei mit dem Tagesablauf gelöscht wurde. Mühelos hob er Mikaels Leiche hoch und trug sie in die Halle hinunter. Er erinnerte sich an eine Treppe zum Keller. Die Tür zur Kellertreppe befand sich hinter der Küche. Er legte Mikael auf den Boden, öffnete die Tür und suchte den Lichtschalter. Trockener, staubiger Kellergeruch schlug ihm entgegen. Er faßte Mikael unter den Achseln und schleifte ihn die Treppe hinunter. Der Keller bestand aus einem langen Gang mit verschiedenen Räumen zu beiden Seiten. Sie hatten einst als Kohlenkeller, Vorratsraum und Wasch- und Trockenkeller gedient. Im alten Waschkeller standen noch immer die großen Spülbecken an der Wand, aber der alte Waschkessel war entfernt worden. Statt dessen gab es jetzt eine moderne Waschmaschine und einen Trockner. In einer anderen Ecke thronte ein gut gepflegter Außenbordmotor auf einem Brett, das auf zwei Böcken lag, und unter der Decke hing ein schwarzes Schlauchboot. Vuk hob Mikael in eines der Spülbecken und stauchte ihn ein wenig zusammen, damit er hineinpaßte. Er schaute sich um und fand in einer Ecke eine ordentlich zusammengelegte Persenning. Er breitete sie über das Spülbecken. Im Haus war Mikael ein ziemlicher Chaot gewesen, aber im Keller hatte er Ordnung gehalten. Vielleicht war er nur selten heruntergekommen. Das Haus sah jedenfalls nicht so aus, als ob regelmäßig eine Putzhilfe käme. Mikael war ein Einzelgänger gewesen, ein Sonderling.
Vuk untersuchte das Schlauchboot, das an vier Haken unter der Decke hing. Es war ein schwarzes militärisches Standardmodell. Es fehlte etwas Luft, aber neben dem Außenbordmotor stand eine Pumpe. Vuk untersuchte die übrigen Kellerräume. Einer war mit alten Koffern, Möbeln und Büchern vollgestopft. In einem anderen waren Fahrräder, ein altes Moped, Schlitten und Skier abgestellt. In einem dritten standen Gartengeräte wie Soldaten im Glied, und im letzten Raum hingen wohlgeordnet über einer Drehbank Sägen, Hammer, Bohrer und anderes Werkzeug an der Wand. Im Keller gab es alles, was er brauchte. Das Haus in Hellerup sollte sein letzter entscheidender Stützpunkt sein, von dem aus er seinen Angriff eröffnen wollte.
Er ging in die Küche hinauf. Er konnte das Durcheinander nicht ertragen und wollte aufräumen, aber zunächst ging er ins Wohnzimmer. Auf den alten Möbeln lag eine feine Staubschicht. Hier hatte sich Mikael offensichtlich nicht sehr oft aufgehalten. Drei Zimmer in Folge gingen zum hinteren Garten hinaus und boten eine schöne Aussicht über den Öresund. In einem der Zimmer standen auf einer Anrichte eine Reihe Alkoholika. Nach dem Staub auf den Flaschen zu urteilen war das Trinken keines von Mikaels Lastern. Er hatte sich an Kaffee und Cola gehalten. Von der Halle führte eine Tür in den Wirtschaftsraum und weiter in eine geschlossene Garage. Ein Auto stand nicht darin. Das hatte er auch nicht erwartet. Die Garage enthielt einen elektrischen Rasenmäher, eine Schubkarre und ein Wägelchen mit Gummireifen, auf dem Mikael vermutlich sein Schlauchboot zum Ufer hinuntergezogen hatte. Die Garage roch muffig, als hätte ein Rest des Sommers in dem verschlossenen Raum überlebt.
Vuk ging in die Küche zurück. Unter einem Stapel Anzeigenblätter auf einem Schemel, der unter dem Wandtelefon stand, fand er die Telefonbücher. Er schaute unter »Flakfort« nach, fand aber nur ein Restaurant dieses Namens. Er zögerte kurz, dann schlug er das Branchenfernsprechbuch unter »Schiffahrt« auf und entdeckte die Eintragung einer Firma mit Namen Spar Shipping. Er rief an und stellte sich als Kaj Petersen aus Viborg vor, der gehört habe, daß man zum Flakfort fahren könne. Eine freundliche Frauenstimme bestätigte es. Man konnte eine Gruppenfahrt bestellen, aber es gab auch tägliche Abfahrten um 12, 14 und 16 Uhr vom 1. Mai bis zum 1. Oktober. Das Boot legte vom Nyhavn im Kopenhagener Zentrum ab. Er solle einfach vorbeikommen. »Und kann ich auch ein Boot zum Beispiel für eine Gruppe von Geschäftsfreunden chartern?«
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