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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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»Damals wart ihr ja allesamt einfach Jugoslawen.«
    »So war es auch damals schon nicht. Ihr wußtet es nur nicht besser.«
    Mikael summte, während er mit raschem Drücken der Tasten daranging, den Kode zu knacken und die Datei zu öffnen.
    »Gleich passiert’s. Mein kleines Baby nimmt langsam Witterung auf«, sagte er.
    »Die Sonne schien, als die Muslims kamen«, sagte Vuk leise. Er stand genau hinter Mikael und sprach auf seinen Nacken hinab. Mikael drehte sich nicht um, er konzentrierte sich auf Tastatur und Bildschirm.
    »Ich habe das Programm selber entwickelt«, sagte er, damit Vuk das Thema wechselte. Er hatte aus Höflichkeit gefragt, aber er wollte gar nicht wissen, was sich ereignet hatte. »Es entschlüsselt alle bekannten Textverarbeitungssysteme. Könnte ich ein Vermögen mit verdienen. Wenn ich wollte«, sagte er zu seinem Schirm.
    »Es war eben Frühling geworden, Mikael. Er kommt früh in den bosnischen Tälern bei Banja Luka. Wir haben in einem gemischten Gebiet gewohnt, es war vor den ethnischen Säuberungen, und alle fingen an, sich zu organisieren, aber Vater wollte nicht in die serbische Miliz eintreten. Vater hat an Tito und Jugoslawien geglaubt. An den Einheitsstaat. Sie kamen zu viert. An einem schönen Frühlingstag. Nicht viel älter als du und ich. Sie haben meinen Vater an einen Stuhl gebunden. Und ihn geschlagen, aber nur so viel, daß er nicht das Bewußtsein verlor …«
    »Jetzt haben wir’s gleich«, sagte Mikael und wollte sich immer noch nicht umdrehen. Er versuchte, die Worte, die hinter seinem Rücken ertönten, zu ignorieren, aber sie drangen in ihn ein und fügten ihm Schmerzen zu, er wollte sich am liebsten die Ohren zuhalten.
    »Er sollte ja sehen, was sie mit meiner Mutter und meiner Schwester machten. Sie haben sie abwechselnd vergewaltigt. Vor meinem Vater. Er brüllte wie ein Tier, da haben sie ihm die Zunge abgeschnitten.«
    »Zum Teufel, Janos. Ich will nicht …«
    Mikael heftete seinen Blick auf die tanzenden Ziffern und Lettern, als könnten sie ihn vor den Worten beschützen, die tonlos und monoton auf ihn eindrangen.
    »Ehe er an seinem eigenen Blut erstickte, schnitten sie ihm auch den Schwanz ab, Mikael. Sie haben ihn meiner Mutter in den Mund gestopft, bevor sie sie totschlugen. Dann haben sie meine Schwester erdrosselt. Und dann haben die bepißten Muslims das Haus in Brand gesteckt. Hörst du, Mikael. So starben Vuk, Lea und Katarina.«
    Mikael drehte sich um und starrte ihn mit entsetzten Augen an. Er war leichenblaß geworden und wisperte: »Und da meinen die Leute, ich sei plemplem. Nur weil ich zurückgezogen lebe. Nur weil ich keine Menschen ertrage. Nur weil ich zwischen ihnen und mir ein Modem und einen Bildschirm haben will.«
    »Flüchten hilft nicht, Mikael. Die Welt kommt zu dir.«
    Mikael drehte sich wieder zum Monitor um.
    »So. Jetzt hat mein kleines Baby zugepackt«, sagte er.
    »Komm schon, Baby!«
    Er drehte sich wieder um. Als wollte er Vuk in die Augen sehen, aber er schaute auf einen anderen Punkt seines Gesichts, als er fragte: »Und wo warst du? Woher weißt du denn, was passiert ist?«
    »Ich war in Belgrad.«
    »Woher weißt du es dann?«
    »Ich hab sie gefunden. Das war nicht so schwer. Sie wohnten zwei Häuser weiter. Immer wenn wir von Dänemark aus im Urlaub dort waren, habe ich mit ihnen Fangen und Fußball gespielt. Sie waren meine Freunde. Sie hatten mit ihrer Tat vor ihren Kumpels geprahlt. Es war einfach, sie zu finden, und dann haben sie es mir erzählt.«
    »So ohne weiteres?«
    »Ich habe sie überredet. Einen nach dem anderen. Es hat etwas gedauert, aber sie haben alles erzählt. In allen Einzelheiten, bevor …«
    Vuk sah Mikael an, daß er die Antwort schon wußte, es aber trotzdem nicht lassen konnte zu fragen: »Bevor was, Janos?«
    »Bevor ich sie getötet habe, natürlich.«
    Mikael blickte ihm einen Moment in die Augen, dann wandte er sich wieder dem Computer zu, der ein kleines »bip« von sich gegeben hatte. Es erleichterte ihn sehr, daß der Rechner seine Aufmerksamkeit erforderte.
    »So, Baby«, sagte er. »Da haben wir’s! Meine Fresse, Mann. Das ist ja nur der Ablauf für irgendeinen Besuch. Warum will irgendeiner diesen Mist mit einem Kode schützen?«
    »Kannst du’s mir ausdrucken?«
    » No problem « , sagte Mikael und drückte auf zwei Tasten, und in einer Zimmerecke fing ein Laserdrucker an zu summen, während er warmlief. Mikael lehnte sich im Stuhl zurück, richtete den Blick aber weiterhin auf

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