Der Fluch der bösen Tat
den Schirm.
»Wüßte wirklich gern, was das bedeuten soll. Simba, Flakfort, Pressekonferenz, Flughafen, KW, Daten und Uhrzeiten. Seltsam. Na, ja. Ist ja nicht mein Problem. Was kann ich sonst noch für dich tun, Janos?«
Vuk zog die Garotte aus der Jackentasche und faßte sie an den beiden hölzernen Handgriffen. Mit einer raschen, geschmeidigen Bewegung schlang er den dünnen, kräftigen Stahldraht um Mikaels Hals, zog zu und trat gleichzeitig einen Schritt zurück, so daß Mikaels Körpergewicht, als der Stuhl unter ihm wegkippte, in die andere Richtung zog und er in der Garotte hing.
»Nichts. Du hast getan, was du konntest, Mikael«, sagte Vuk und zog so fest zu, daß der Draht in die Kehle schnitt und einen beginnenden gurgelnden Schrei erstickte. Zur gleichen Zeit spuckte der Laserdrucker ein DIN-A4-Blatt mit dem endgültigen Programm des Besuchs der Schriftstellerin Sara Santanda in Kopenhagen aus.
18
NACHDEM VUK Mikael stranguliert hatte, der nun mit aufgerissenen Augen und einer blutigen, langen Wunde am Hals auf dem Boden lag, studierte er den Zeitplan, den der Drucker fein säuberlich ins Ausgabefach geworfen hatte. Es war das Flakfort, das ihn faszinierte. Der Flughafen selbst war sogar im nicht sehr sicherheitsbewußten Dänemark zu gut bewacht und zu gefährlich, obwohl man den Auftrag in der Ankunftshalle erledigen könnte, wenn Santanda aus dem Zoll trat. Oder wenn sie von der Halle zum wartenden Auto ging. Es wäre wohl möglich, in dem allgemeinen Durcheinander zu entkommen, aber sehr riskant. Und er konnte nicht sicher sein, ob sie sein »Ziel« nicht einen anderen Weg gehen ließen. Damit mußte er rechnen. Sie würden sie wie eine VIP behandeln, und er hatte weder Zeit noch Mittel, sich die nötigen Informationen zu beschaffen. Vielleicht würde Teheran seinen Geheimdienst einschalten, falls das iranische Engagement verschleiert werden könnte, aber er wollte die Iraner nicht unbedingt in Anspruch nehmen, auch wenn sie sicher einiges herauskriegen würden. Die konspirative Wohnung wiederum wäre zu gut bewacht. Dann müßte es also geschehen, wenn sein Ziel ankam oder den Ort wieder verließ, in dem Augenblick, wo es sich zwischen Haus und Autotür befand, wäre es zu treffen. Ein Gewehrschuß von einem Punkt oberhalb von Bürgersteig und Wagen, aber würde er sich zu einer der gegenüberliegenden Wohnungen Zugang verschaffen können? Die Pressekonferenz wäre wohl der günstigste Moment, aber er wußte nicht genau, was Flakfort bedeutete. Bei der Konferenz würden viele Leute herumlaufen, er könnte sich einfach unter sie mischen. Das Ziel wäre verwundbar, wenn es hinter dem Mikrophon säße oder wenn es ankäme oder wieder wegginge. Das Problem würde sein, eine Waffe hineinzuschmuggeln, aber da fände sich schon eine Lösung. Das Flakfort machte ihm Sorgen. Er erinnerte sich schwach, daß vor dem Kopenhagener Hafen eine Reihe stillgelegter Küstenforts lag, aber er hatte keine Vorstellung von ihnen. Die Polizei wußte, daß das Ziel bei einer Pressekonferenz verwundbar war. Deshalb hatte man sich wahrscheinlich entschieden, sie auf dem Meer abzuhalten, da war es leicht, die teilnehmenden Journalisten und Fotografen zu kontrollieren. Sie konnten nur mit dem Boot ankommen. Gleichzeitig brauchte man nicht so viele Ressourcen, um das Terrain zu sichern. Er mußte das Fort so schnell wie möglich besuchen, um das Gelände zu erkunden. Zuallererst mußte er herausfinden, ob man öffentlich Zugang hatte oder ob es geschlossenes, militärisches Gebiet war. Das würde es schwieriger machen, aber nicht unmöglich. Einen Menschen zu töten war nie unmöglich. Es gab lediglich verschiedene Schwierigkeitsgrade. Aber alle Verträge liefen auf das gleiche hinaus: sich dem Ziel zu nähern, das Ziel zu treffen und anschließend selbst zu entkommen. So lautete der Vertrag. Alles andere war Logistik.
Vuk fühlte sich gut. Er hatte ein Programm, einen Zeitplan, einen Stichtag. Der Rest war eine Frage der Planung, der Aktion und des Glücks, das immer nötig war und das er noch nicht aufgebraucht zu haben meinte, obwohl er in seinen Träumen den Eindruck nicht loswurde, daß sich sein Konto langsam leerte. Aber er hatte jetzt einen großen Vorteil. Er hatte den Zeitplan, und sie wußten nicht, daß er ihn hatte. In fünf Tagen würde er wissen, ob es möglich war, mit Emma ein neues Leben anzufangen oder nicht. Wenn es schiefging, gäbe es keine anderen Verträge mehr, dachte er einen Augenblick, aber er
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