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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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Auftrag. Möglicherweise nur ein Abbild seiner kleinen Schwester, aber immerhin.
    Die dünne Stimme in ihrem Kopf, die protestierte,
Das ist nicht genug!,
brachte Sumelis schnell wieder zum Schweigen.
    »Es gibt noch eine andere Geschichte, die ich gehört habe«, fügte Nando nach einiger Zeit hinzu. Bei diesen Worten rückten sogar die Tiguriner etwas näher. Auch sie wussten eine gute Erzählung zu schätzen. »Von einem anderen Heer, welches wie wir das Gebirge überquert hat, zur Zeit des Großvaters meines Urgroßvaters.«
    Sumelis winkte lachend ab. »Was könnt ihr Nordmänner denn schon für Geschichten von Gebirgsüberquerungen eurer Vorväter erzählen? Ihr wusstet doch damals gar nicht, was ein Gebirge überhaupt ist. In der alten Heimat der Kimbern ist alles flach!«
    »Dies ist auch nicht die Geschichte eines Kimbern oder eines Nordmanns. Sie wurde mir von einer alten Frau im Westen erzählt. Sie war so alt, dass ihre Falten ganze Berge hätten verbergen können, sie hatte keinen einzigen Zahn mehr und lebte von dem, was ihre Ururenkel ihr vorkauten. Sie behauptete, alle Frauen in ihrer Familie, die nicht im Kindbett starben, würden so alt. Ihre eigene Großmutter sei über achtzig Jahre alt geworden! Und diese Großmutter war es, die ihr erzählte, was ihre eigenen Augen einst selbst gesehen haben.«
    »Und? Was hat sie gesehen?« Sumelis hatte ihr Pony so nahe an Nandos Pferd gebracht, dass sich ihre Schenkel beim Reiten berührten. Er schien es nicht zu bemerken, jedenfalls zog er sein Bein nicht fort.
    »Riesige Tiere, so groß wie Bäume mit Beinen aus grauen Stämmen und Ohren größer als jeder Schild. Die Laute, die sie von sich gaben, klangen wie Trompetenstöße! Sie hatten gewaltige gebogene Zähne und Nasen so lang wie ein ganzer Mann. Es waren Ungeheuer, für die Schlacht gedacht, um durch die Reihen der Feinde zu pflügen und sie niederzutrampeln! Dazu ein Heer, so groß wie das unsere, angeführt von einem Mann, der über das Meer aus einem Land gekommen war, dessen Namen ich nicht kenne, um Rom zu erobern.«
    »Wie hieß dieser Mann?«, fragte einer der Tiguriner neugierig.
    »Hannibal.«
    »Nie gehört. Und von solch komischen Tieren habe ich auch noch nie gehört! Beine aus Baumstämmen, Ohren größer als Schilde, ha!«
    »Es ist eine gute Geschichte«, warf Sumelis beschwichtigend ein.
    »Ja natürlich, eine gute Geschichte, um Weiber zu beeindrucken!« Der Tiguriner bleckte die Zähne und warf Nando einen herausfordernden Blick zu. »Oder eine Geschichte für Kindermädchen, wenn man sich als solches gefällt!«
    Die höhnische Bemerkung des Tiguriners nagte den ganzen Vormittag über an Nando. Sie ärgerte ihn umso mehr, da er den Hauch von Wahrheit darin erkennen musste. Wenn er ehrlich darüber nachdachte, war er tatsächlich zu Sumelis’ Kindermädchen geworden. Er beschützte sie, unterhielt sie, beantwortete ihre permanenten Fragen, er verbrachte jeden Augenblick in ihrer Nähe und ließ zu, dass sie ihm wie ein Entenküken hinterherlief. Als Nächstes würde er ihr womöglich abends noch das Lager bereiten und ihr Geschichten zum Einschlafen erzählen!
    Und wenn es sein Lager war? Seine Decke, unter der sie lag?
    Er hatte zu lange keine Frau mehr gehabt. Das Beste wäre, er würde Sumelis einfach bei Boiorix abliefern, geradewegs zu den Trosshuren gehen und zwischen deren weichen Fellen und einladenden Schenkeln zwei Tage lang versinken. Das würde seine Gedanken sicherlich klären.
    »Was hast du es denn auf einmal so eilig?«
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte Nando sein Pferd in Galopp getrieben. Sumelis’ Scheitel wippte eine Handbreit unter ihm auf und ab, während sie mühelos mit ihm Schritt hielt. Schon allein ihren funkelnden Augen war anzusehen, dass sie wieder einmal eine Unterhaltung mit ihm beginnen wollte.
    »Womöglich kann ich es einfach kaum erwarten, bald wieder Frauen um mich zu haben, deren Zungen sich mehr für meinen Schwanz als für meine Seele interessieren!«
    Nando hielt den Blick auf den Weg vor ihm gerichtet, dennoch bemerkte er, wie Sumelis bei seiner harschen Erwiderung die Röte ins Gesicht schoss. Kurz darauf ließ sich ihr Pony zurückfallen, und er ritt allein an der Spitze der kleinen Gruppe mit nichts anderem zur Begleitung als dem Trommeln der Hufe auf der harten Erde. Nando lächelte grimmig.
    Vier Tage später erreichten sie die Kimbern.
     
    Nando gönnte Sumelis keine Zeit, sich zu waschen oder eine richtige Mahlzeit zu sich

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