Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
Vom Netzwerk:
zu nehmen. Ohne sich von ihrem laut knurrenden Magen und den dicken Schmutzrändern unter ihren Fingernägeln beeindrucken zu lassen, drängte er sein Pferd zwischen kreuz und quer stehenden, mit ledernen Planen bespannten Wägen hindurch, vorbei an spielenden Kindern, Frauen, die Essen kochten, sich um die Überreste streitenden Hunden und entlang kleiner Gruppen von Kriegern, die um die Herdfeuer saßen und über römische Kampftaktiken und Ausrüstungen debattierten. Die wenigsten würdigten die beiden Reiter eines Blickes, nur ab und zu ruckte der Kopf eines Kimbern empor, um Nando knapp zu grüßen. Über dem gesamten Zug hing der Gestank von Abfällen, Asche, Rinder- und Schweinemist, und es herrschte ein nach der Stille ihrer Reise ohrenbetäubender Lärm. Die Ausdünstungen des Zugs beleidigten Sumelis’ empfindlichen Geruchssinn, und so blähten sich ihre Nasenflügel mitunter fast genauso weit wie die ihres Pferds, dem der Krach, Gestank und das dichte Aufeinander von Menschen, Material und Tieren ebenfalls nicht geheuer war. Sumelis hörte sogar das Hämmern von Schmieden, ohne jedoch in dem bunten Gewimmel die Quelle des Geräuschs ausmachen zu können.
    Einen ganzen Tag lang ritten sie jetzt schon den Zug entlang. Vorbei an den ärmsten Kriegern und Familien, die weder Pferde besaßen noch Rinder, nur Ziegen und Schweine, und die dem Zug mit dem folgten, was sie auf ihren Rücken tragen oder auf grob gezimmerten Handwägen hinter sich herziehen konnten. Weiter zu der gewaltigen Masse an Fußkämpfern, deren Familien sich einfache, vielfach reparierte und von Ochsen gezogene Wägen teilten, deren Männer jedoch keine Pferde ritten und neben Steinschleudern, Pfeil und Bogen und einfachen Wurfspießen allenfalls alte schartige Schwerter in vergänglichen Scheiden trugen. Mittlerweile, nachdem sie auch die besser ausgerüsteten Reiterkrieger samt deren Trossteil hinter sich gelassen hatten, hatten sie das Hauptlager erreicht, wo große Zelte standen, Latrinengräben ausgehoben waren und man nicht bei jedem Schritt auf menschlichen oder tierischen Unrat trat. Dennoch verlangsamte sich ihr Vorankommen hier, da Nando immer wieder aufgehalten wurde, neugierige Fragen abwehren musste sowie zotige Sprüche, dass er ganz schön lange gebraucht hätte, um endlich eine Frau zu finden.
    In der Nähe eines Flussufers sah Sumelis eine Gruppe junger Mädchen Wäsche waschen. Sie hatten sich Blumen in die Haare geflochten und trugen ihre wadenlangen Röcke an drei Seiten bis weit über die Knie geschlitzt. Die blasse Haut der Schenkelinnenseiten blitzte auf, sobald sie ihre Beine auch nur andeutungsweise spreizten. Eine hatte sich ein Band um die Brüste gebunden, das diese zusammenquetschte und anhob, bis sich der Rand der rosigen Brustwarzen aus dem Ausschnitt ihrer Bluse wölbte. Sumelis hatte ähnlich gekleidete Huren in Alte-Stadt beobachtet, im Norden hatte sie jedoch niemals ein junges Mädchen gesehen, das sich derart herrichtete. Hätten die Menschen um sie herum nicht eindeutig kimbrisch gesprochen, wäre sie sich nicht sicher gewesen, ob sie tatsächlich Nordvolk vor sich hatte.
    Eine andere Gruppe ein Stück weiter bestand offenbar aus Priesterinnen. Beinahe erleichtert erkannte Sumelis die langen weißen Gewänder aus Leinen, die auch die weisen Frauen in ihrer Heimat trugen. Diese Gruppe war es, die sich nicht nach Nando umdrehte, sondern nach ihr. Finger zeigten auf Sumelis, prüfende Augen musterten ihren Körper, ihre abgerissene Kleidung und die Art, wie sie auf dem Pferd saß. Eine Priesterin malte einen Kreis in die Luft, den sie gleichzeitig mit dem ausgestreckten Zeigefinger der anderen Hand durchbrach, und murmelte etwas, was nur ein Zauberspruch sein konnte. Sumelis fing ihren Blick ein: Abweisung, gar Abscheu spiegelte sich darin. Sumelis straffte die Schultern und hob das Kinn ein wenig höher. Sie tippte ihre Stute an und schloss zu Nando auf, bis sie auf selber Höhe ritt wie er. Wenn er es bemerkte, so reagierte er nicht darauf. Die letzten Tage hatte er sie behandelt, als wäre sie Luft, mit derselben kalten Gleichgültigkeit, die er zu Beginn ihrer Reise an den Tag gelegt hatte.
    Sumelis seufzte, fragte aber dennoch: »Wohin bringst du mich?«
    »Zu Boiorix, meinem König.« Es war der letzte Satz, den er sprach, bis sie schließlich vor einem riesigen, zwischen zwei üppig mit Bronzebeschlägen verzierten Wägen gespannten Zeltdach zum Stehen kamen. Nando sprang ab. Die Wachen, die den

Weitere Kostenlose Bücher