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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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dann, als angeheuerter Söldner der westkeltischen Stämme, hatte er die drückende Hitze noch mehr zu verabscheuen gelernt. Obwohl im Norden geboren, hatte Nando kaum mehr Erinnerungen an die alte Heimat mit ihren Mooren, kühlen Flüssen und schattigen Wäldern, von denen die älteren Krieger so gerne berichteten und die sie, so behaupteten sie, nur verlassen hatten, weil sie sonst dort verhungert oder von ebenfalls hungrigen Nachbarn getötet worden wären. Dennoch ahnte Nando manchmal, dass dieses flache weite Land mit seinen satten Grüntönen für die Heimat stand, für die er geschaffen worden war – unabhängig von der Wahl, die er selbst getroffen hatte.
    Wenn unsere Götter genauso schwitzen wie wir, wie sollen wir dann jemals Italien erobern? Mit Schweißgestank und Händen zu glitschig, um die Hefte unserer Waffen zu halten?
    Ein lästerlicher Gedanke, und Nando führte ihn nicht fort. Sie würden siegen, daran gab es keinen Zweifel. Schließlich hatten sie auch bei Arausio gesiegt.
    Aber die Teutonen und Ambronen sind ihrerseits von den Römern geschlagen worden.
Es war ein Schock gewesen, dies zu erfahren. Die Tiguriner hatten es ihm erzählt. Sie waren nicht sicher gewesen, ob tatsächlich die gesamte teutonische Streitmacht vernichtet worden war oder ob nicht doch noch ein Teil der Truppen zu den Kimbern stoßen würde, ein geschlagener Rest, dessen Schande zum Himmel stank. Nando hatte die Tiguriner seinerseits nicht mit Fragen bedrängt, denn er gönnte ihnen nicht die Genugtuung, ihn mit der Niederlage seiner nordischen Bruderstämme zu verhöhnen. Sobald sie die Kimbern erreichten, würde er ohnehin alles im Detail erfahren. Wahrscheinlich würde Boiorix ihn sogar selbst unterrichten, nachdem Nando Sumelis abgeliefert hatte. Dann würde sein König ein weiteres Mal anerkennen, dass Nando seine Versprechen hielt. Dass er jeder Aufgabe, die Boiorix ihm stellte, gerecht wurde.
    Nando drehte sich beim Reiten um und warf einen kurzen Blick auf Sumelis, die ihm, flankiert von zwei Kriegern, folgte. Lediglich vier Tiguriner waren übrig geblieben, um sie bis zum Ende des langgestreckten Kimbernzugs, der einige Tagesritte entfernt im Westen über die Ebene kroch, zu eskortieren – ein fragwürdiger Schutz angesichts dessen, dass sie Gebiete durchqueren würden, deren Bewohner ihnen feindlich gesinnt waren. Aber die Tiguriner hatten sich nicht umstimmen lassen. Deshalb würde Nando die Hauptorte der einheimischen Stämme meiden, wo er befürchten musste, auf deren Kriegertrupps zu stoßen. Obwohl Boiorix Abkommen mit den Anführern der Insubrer und Cenomanen geschlossen hatte – zumeist in irgendeiner Form von Schutzgeld, sei es in Form einheimischer Münzen, Gold oder Nahrungsmitteln –, bedeuteten solche aus der Not geborenen Übereinkünfte noch lange keine Sicherheit. Ein weiteres Ärgernis, aber nichts, was Nando Kopfzerbrechen bereitete.
    Sie hatten die Berge und den Lauf der Athesis endgültig hinter sich gelassen und waren am Fuße der Gebirgsausläufer nach Westen geschwenkt. Die Menschen, denen sie begegneten, hatten den Kriegern eilig Platz gemacht und lediglich leise hinter ihnen hergeflucht. Sumelis hatte neugierig den fremden Klängen gelauscht, gleichzeitig war sie abgelenkt von zahlreichen Obstbaumgärten entlang ihres Wegs. Ihr Entzücken war in sprachloses Staunen umgeschlagen, sowie plötzlich Kies unter den Hufen der Pferde geknirscht hatte und sie zum ersten Mal in ihrem Leben auf einer römischen Straße stand.
    »Sie nennen sie Via Postumia«, hatte Nando lakonisch bemerkt und auf Sumelis’ Drängen hin schließlich mehr erzählt. »Die Römer versuchen, all ihre Straßen so gerade wie möglich zu bauen. Sie bestehen nicht nur aus Kies, sondern sind oft sogar mit Steinplatten oder Quadern bedeckt. Vom Padus aus nach Süden sollen sie ganz Italien durchziehen. Ich habe sogar von steinernen Brücken gehört!«
    »Werden wir mehr Straßen dieser Art sehen?«
    »Nein, nicht hier. Zwar beherrschen die Römer dieses Land – vielmehr, sie beherrschten es, bevor wir es eroberten und ihre Legionen vertrieben –, aber sie scheinen ihr Interesse sehr auf die Städte zu beschränken, zumindest in diesem Gebiet. Abseits der Städte unterscheidet sich das Land nicht so sehr von dem, was du kennst: Weiler, verstreut liegende Gehöfte, von Familien oder kleinen Sippen bewohnt. Fruchtbare Böden, Ackerbau, unzählige Schafherden und Schweine, die sie in den Eichenwäldern

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