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Der Fluch der Finca

Der Fluch der Finca

Titel: Der Fluch der Finca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Dalton
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wahrhaftig, als atme das
Wesen die Dunkelheit in seiner Umgebung ein. Es war das Geräusch von Finsternis,
die an substanzlosen Eingeweiden vorbei gesogen wurde. Es war Dunkelheit, der von
dem Wesen ein Resonanzraum geboten wurde. Genau das war es: Das Wispern war
die Stimme der Dunkelheit.
    Und die Stimme wurde lauter, wurde deutlicher. Je lauter sie wurde, desto heftiger zitterte
Michelle. Je deutlicher sie wurde, desto höher kroch die Panik in Michelles Eingeweide
empor.
    Kurz bevor sie tatsächlich verstehen konnte, was diese Stimme sagte, trat etwas aus
der Küche heraus in den schummrigen Lichtkegel. Michele Augen traten aus den
Höhlen, als sie es sah und ein Schrei bahnte sich seinen Weg von ganz tief unten
hinauf bis in ihre Kehle, wo er stecken blieb. Sie hatte das sichere Gefühl gleich zu
ersticken. Dann löste sich der Block in ihrer Kehle.
    „NEIN!“
    Sie fuhr aus dem Schlaf hoch und sprang auf die Beine. Michelle starrte wild in alle
Richtungen, als sie auch schon begriff, dass sie geträumt hatte und soeben aufgewacht
war. Ihr war unendlich kalt. Kalter Schweiß bedeckte ihren gesamten Körper.
    „Jake?“
    Sie bekam kaum mehr als ein heiseres Krächzen heraus. Jake war nicht mehr da. Er
hatte sich wieder einmal davongemacht. Und in diesem Augenblick hasste sie ihn. Wie
konnte er sie nur allein lassen. Nie hätte sie mehr die Nähe eines anderen Menschen
gebraucht. Und gerade jetzt war er wieder fort.
    Du musst Juanita anrufen. Du hast es Jake versprochen.
    Dieser Einwurf ihrer inneren Stimme war absurd. Was interessierte sie ein Versprechen,
das sie diesem Schuft gegeben hatte?
    Sei nicht so eine dumme Kuh und nimm das verdammte Telefon.
    Diese Stimme in ihrem Kopf war anders als sonst. Michelle kannte weder den Tonfall
noch den Ursprung dieser Stimme. Es fühlte sich nicht so an, als käme sie aus ihrem
Unterbewusstsein. Es fühlte sich an, als wenn jemand anders ihr etwas einflüsterte.
    Ruf jetzt an! Du siehst Gespenster!
    Der Eindringlichkeit dieses Appells hatte Michelle nichts entgegenzusetzen. Unbekleidet
wie sie war ging sie auf hölzernen Beinen rüber zum Telefon. Je näher sie ihm kam,
desto zuversichtlicher wurde sie. Es kam ihr so vor, als könnte dieser eine Anruf all ihre
Probleme lösen. Natürlich war das absoluter Nonsens.
    Sie zwang sich, ruhig zu werden und ihre Gedanken wieder in den Griff zu bekommen.
Die erste Maßnahme, wieder Gewalt über sich selbst zu gewinnen, bestand darin, den
Weg zum Telefon nicht weiter zu gehen. Mit Mühe schaffte sie es, sich zum
Stehenbleiben zu überwinden.
    Sie sah an sich herab. Erst jetzt wurde sie sich wirklich klar darüber, dass sie nackt war.
Kein Wunder, dass sie fror. Der Alptraum hatte einen Schweißausbruch verursacht und
der Sinn von Schweiß war, den Körper abzukühlen.
    „Ich gehe jetzt duschen“, verkündete sie mit fester Stimme.
    Und danach gehst du telefonieren.
    „Und danach gehe ich telefonieren. Aber nur weil ich das will. Ich muss das nicht tun.“
    Michelle wusste sehr gut, dass es ein Anzeichen für einen bevorstehenden
Nervenzusammenbruch sein konnte, wenn man laut mit sich selbst sprach. Das
Problem war nur, dass sie nicht das Gefühl hatte, mit sich selbst zu sprechen. Das
machte die Sachen in ihren Augen nicht besser.
    Fühlte es sich vielleicht so an, wenn man den Verstand verlor? Hatte es bei den
schreienden und lallenden Insassen geschlossener Heime auch einmal so angefangen?
Jeder Verrückte musste ja schließlich vorher einmal gesund gewesen sein, nicht wahr?
    Na toll, ich stehe nackt vor einem Telefon, rede mit einem leeren Zimmer und denke
darüber nach, ob ich gerade verrückt werde.
    Das war jetzt eindeutig ihre vorlaute und zynische innere Stimme, wie sie sie kannte.
Und sie hatte den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen.
    „Ich muss gleich lachen“, erzählte sie dem Zimmer in einem trockenen Plauderton.
    Es klang wie eine Lüge. Es fühlte sich aber nicht wie eine Lüge an.
    Ein erstes heiseres Lachen kam aus ihrem Mund. Es fiel ihr regelrecht von den Lippen
und Michelle war so überrascht, dass sie versuchte, das Lachen hinunter zu schlucken.
Gleichzeitig war ihr bewusst, wie komisch es aussehen musste, wenn sie das
versuchte.
    Der nächste Lacher war nicht mehr zu unterdrücken und er war auch nicht mehr heiser.
Ihre Mundwinkel verzerrten sich gegen ihren Willen nach oben und auch über diese
Vorstellung musste sie wieder lachen.
    Es dauerte keine zehn

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