Der Fluch der grünen Steine
opferte eine ganze Rolle Leukoplast. Mit dem Klebeband umwickelte er die Gelenke. Eine unlösbare Fessel, die selbst ein Stier wie Revaila nicht zerreißen konnte.
In aller Ruhe packte er daraufhin seinen Koffer und stellte die Reisekisten zusammen, trug alles in den Innenhof hinunter, wo sein Jeep parkte, lud ihn voll und kehrte dann in das Zimmer zurück.
Revaila rollte über den Boden, versuchte mit hochrotem Kopf, die Fesseln zu zerreißen, und schob sich an der Wand empor. Es war offensichtlich: Er wollte zum Fenster, um nach Hilfe zu schreien. Dr. Mohr riß ihn zurück und warf ihn wieder auf den Boden. Der Haß, der ihm aus Revailas Augen entgegenschlug, war tödlich.
»Ich würde das nicht tun«, sagte Dr. Mohr ruhig. »Der Herr von Penasblancas ruft jämmerlich um Hilfe?! Das ist kein Stil für einen Herrscher, Revaila. So etwas spricht sich herum: Der Unbesiegbare ist mit Leukoplast gefesselt worden! Diese Blamage! Ein Vorschlag: Ich schicke Ihnen in zwei Stunden Cristobal hinauf. Er wird Sie wieder auswickeln.«
»Ich bringe dich um, du Saukerl!« stöhnte Revaila. »Ich bringe dich um! Du gottverfluchte Sau!«
»Wenn Sie meinen ärztlichen Rat brauchen, ich eröffne meine Praxis in den Bergen.«
»Und wenn du in der Hölle bist, ich kriege dich noch einmal!«
»Sicherlich. Ich werde sogar nach Penasblancas kommen, um einzukaufen. Grüßen Sie Don Alfonso. Ich habe die große Hoffnung, daß er besser überblickt, was ich plane, als Sie. Revaila, Sie mögen ein großer Mann in Penasblancas sein, aber Muskeln und Skrupellosigkeit haben noch nie das Gehirn ersetzt. Und dort ist bei Ihnen viel, viel Hohlraum …«
»Scheißkerl!« stöhnte Revaila. Er zitterte vor Wut. »Scheißkerl! Scheißkerl!!«
»In zwei Stunden können Sie nachkommen.« Dr. Mohr verabschiedete sich mit einem Nicken, schloß die Tür und verließ das für die Verhältnisse in Penasblancas geradezu prunkvolle Haus.
Als er an der ›Kirche‹ vorbeifuhr, stand Cristobal Montero davor und winkte mit beiden Armen. Dr. Mohr schwenkte ab und bremste.
»Ich wäre bestimmt zurückgekommen«, sagte er. »Cris, ich wäre doch nicht ohne Abschied gegangen. Ich muß erst noch zwei Mulis kaufen.«
»Komm mit und sieh dir das an.« Der Pater ging voraus. In der Kirche, vor dem Altar, standen zwei kräftige, braungraue Mulis und glotzten Dr. Mohr an. Das eine trug einen Sattel, das andere ein weit ausladendes Gestell, auf dem man eine Menge Gepäck verstauen konnte.
»Pater, das in der Kirche?« Dr. Mohr lachte und legte den Arm um Cristobals Schulter. »Kannst du Gedanken lesen?«
»Ich habe mit den Pebas gesprochen. Und was heißt: Das in einer Kirche? Jesus ritt auf einem Maultier in Jerusalem ein.«
»Was kosten sie?«
»Eine Leihgebühr. Du überläßt mir deinen Jeep.«
»Das hätte ich ohnehin getan. Aber ich garantiere dir nicht, daß die Mulis überleben.«
»Dein klappriger Jeep auch nicht.«
»Du willst tatsächlich nachkommen?«
»Die Kirche läßt sich doch nicht von einem Arzt vormachen, was Menschenliebe ist.« Cristobal Montero griff nach den Zügeln des Mulis mit dem Sattel und zog es an sich heran. »Kannst du überhaupt ein Maultier reiten?«
»Natürlich kann ich reiten.«
»Ein Muli! Das ist etwas anderes als ein Pferd! Ein Muli hat die Seele eines Pferdes, aber den Dickschädel eines Esels. Setz dich drauf, Pete …«
»In der Kirche?«
»Die Wohnung Gottes war immer ein Raum der Lehre. Ob das Wort oder das Mulireiten, wo ist da ein Unterschied?«
»Ihr Pfaffen habt wohl für alles eine Erklärung, was?«
»Wir wären verloren, wenn wir nur eine Sekunde lang sprachlos wären. Pete, red nicht so viel! Die Zeit drängt. Sitz auf.«
Zehnmal ritt Dr. Mohr auf seinem Muli kreuz und quer durch die Kirche, umkreiste den Altar und trabte unter dem von dem Deckenbalken hängenden großen Holzkreuz hindurch. »Bravo!« rief Pater Cristobal ein paarmal. »Sehr gut! Vorzüglich! Es ist erstaunlich, was du als medizinischer Klempner alles kannst! Wann hast du das alles gelernt? Ich denke, ihr Kliniker arbeitet am Tag 36 Stunden?«
»40, Cris! In den verbleibenden 4 Stunden pro Tag erfreuen wir uns am Leben.« Dr. Mohr hielt sein Muli an und stieg ab. Das Tier rieb den Kopf an seiner Schulter und schnupperte mit den Nüstern über sein Haar. »Es liebt mich schon.«
»Kunststück! Es ist eine Stute!«
»Danke, Pater …«
»Du gehst doch nur in die Berge, um bei Margarita zu sein!«
»Nicht allein deswegen. Ich
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