Der Fluch der grünen Steine
glänzten. Mit beiden Händen hielt sie das über dem Haar liegende Spitzentüchlein unter dem Kinn zusammen.
»Danke –«, sagte Dr. Mohr.
»Wofür?« fragte sie leise.
»Als ich zuschlug, habe ich gedacht: Wenn es gelingt, habe ich Margaritas Vater überzeugt. Dann nimmt er mich mit in die Berge … in seine Hütte …«
»Tu es nicht, Adolfo!« sagte hinter Mohrs Rücken Maria Dolores, die Mutter. »Es wird ein Unglück geben! Tu es nicht …«
»Wann wollen Sie kommen, Doctor?« fragte Pebas leise.
»Sofort. Wenn Sie hier warten können, bin ich in einer halben Stunde zurück. Ich packe nur meinen Jeep.«
»Wo wir wohnen, kommt kein Auto hin. Auch nicht Ihr Jeep. Kaufen Sie sich zwei Mulis und lassen Sie den Wagen hier stehen. Gut, wir warten!«
»Bestimmt?«
»Doctor, ich bin nicht nur ein Guaquero, ich bin auch ein Spanier! Meine Vorfahren kamen vor 130 Jahren nach Kolumbien. Aus Murcia. Unser Wort gilt.«
»In einer halben Stunde.«
Dr. Mohr wandte sich ab und lief den Platz hinunter. Verstohlen rieb er seine rechte Handkante. Sie brannte, als habe er sie in Feuer gelegt. Am Eingang der Kirche stand Pater Cristobal und drohte ihm mit dem Zeigefinger.
»Komm einmal her, Pete!« sagte er und grinste verhalten. »Los, berichte deinem Beichtvater, was du erreicht hast. Welch ein Zufall: Sie war in der Kirche.«
»In einer halben Stunde ziehe ich mit ihnen in die Berge. Ich hole nur meine Sachen von Revaila.«
»Das ist schlecht.« Cristobal Montero faltete die Hände. Er trug noch immer sein Meßgewand. »Ich habe gedacht, wir arbeiten eng zusammen: du die Klinik, ich die Kirche. Zwei Ks, die sie hier brauchen wie Luft, Wasser und Brot.«
»In den Bergen werde ich meine Kranken suchen. Ich will nicht warten, bis sie zu mir kommen … ich gehe in ihre Hütten und Höhlen.«
»Das ist ein gutes Wort.« Pater Cristobal blickte auf seine improvisierte Kirche. »Ich komme nach.«
»Cris, das ist Wahnsinn!«
»Gott in den letzten Winkel der Menschheit zu tragen, ist genau mein Ziel. Wir treffen uns bald wieder, Pete.«
Dr. Mohr sah ein, daß Diskussionen jetzt keinen Sinn hatten. Er klopfte Cristobal auf die Schulter und lief weiter. Am Eingang ihrer ›Bar‹ stand ›Mamá‹ Mercedes und winkte mit beiden Händen. Sie trug noch ihr ›Kirchenkleid‹ und ihre Spitzenmantilla.
»Kommen Sie herein, Doctor!« rief sie. »Trinken wir einen guten Wein zusammen. Ich muß etwas mit Ihnen besprechen. Es wird Sie freuen. Ich will etwas für die Klinik stiften …«
»Bringen Sie es in die Berge, Señora!« rief er zurück. »Ab übermorgen Sprechstunde jeden Vormittag!«
Mit wortlosem Staunen starrte ihm Mercedes Ordaz nach.
Christus Revaila war schlechtester Laune. Der Kirchgang hatte ihn angestrengt. Nicht, daß jetzt ein Stachel christlichen Gewissens in ihm stak, so sehr Pater Cristobal auch vom Gewissen gepredigt hatte, es war vielmehr die Erkenntnis, daß die Kirche plötzlich, innerhalb weniger Tage zu einer neuen Macht in Penasblancas geworden war. Die Auswirkung dieser Neuerung konnte man nicht absehen. Am meisten erschütterte Revaila, daß Juan de Lupa, ein ganz übler Bursche, der nur mit blankem Messer und entsichertem Revolver herumspazierte und den nur ›Mamá‹ beherrschen konnte, als einer der ersten an den Altar getreten war, um die Kommunion zu empfangen. Kniend, mit geschlossenen Augen, ein Bild frommer Gläubigkeit. Ein ungeheuerlicher Anblick.
»Ah! Da sind Sie ja, Señor Médico!« rief Revaila, als Dr. Mohr ins Haus kam. »Ich platze! Ich zerspringe! Haben Sie ein Mittel gegen Zerplatzen?«
»Trinken Sie einen doppelten Schnaps, Christus.«
»Für so ein Rezept muß man jahrelang studieren?« Revaila legte die Füße vor sich auf den Korbtisch. »Haben Sie das verdammte Luder von Mercedes gesehen? Singt sich die Lunge aus dem Leib! Bekreuzigt sich, geht mit aller Wucht in die Knie, verdreht die Augen wie eine gedeckte Kuh … hach! … ich platze! Und alle Lieder kennt sie auswendig! Ich frage mich, woher? Doctor, ich kenne diese ›Dame‹, seit sie in Penasblancas aufgetaucht ist. Vor einigen Jahren, mit drei Huren im Gefolge. Das war der Grundstock der ›Dancing-Bar‹! Durch drei Zelte und einen Wohnwagen – da wohnte die ›Mamá‹ – wurde alles geschleust, was Pesos oder Smaragde hatte. Nach einiger Zeit baute sie das Haus in die ›Bar‹ um und wurde vornehm. Jeder, der zu den Weibern will, muß sich erst waschen. Heiß waschen! Und desinfizieren! Vor vier
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