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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ging, verdrängt hatte, rief erstmals Zweifel in ihr wach, ob es klug gewesen war, ihrem Mann untreu zu werden, auch wenn Gerald sie kaum noch beachtete und ihr Liebhaber von höherem Rang war. Sophia schien sich beängstigend sicher, dass Albrecht sie nicht wegschicken würde.
    Die Fürstin kniff die Augen ein wenig zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Lucardis abschätzend an. »Er wird dir vermutlich die Beine brechen, ehe er dich verstößt. Oder er schneidet dir die Missgeburt mit dem Dolch aus dem Leib und sieht zu, wie du verreckst.«
    »Das wird er nicht!«, versuchte Lucardis, sich zu behaupten. Doch ihre Stimme zitterte bereits. »Er freut sich auf das Kind …«
    »Wollen wir sofort herausfinden, was er tut, wenn er erfährt, dass es nicht seines ist?«
    Schon ging Sophia zur Tür und legte die Hand an den Riegel.
    »Wartet, bitte! Hoheit!«
    Mit zwei Schritten war Lucardis bei Sophia und warf sich ihr zu Füßen.
    »Verratet mich nicht an meinen Gemahl! Ich werde tun, was Ihr befehlt! Schickt mich weg vom Hof, auf mein Hochzeitsgut oder wohin Ihr wollt! Ich werde schweigen. Aber bitte, sagt meinem Mann nichts!«
    Die Tränen und die Verzweiflung waren echt. Sophia wusste, dass sie gewonnen hatte. Sie genoss den gequälten Aufschrei der Rivalin, als sie die Tür öffnete, und sagte dann scheinbar gleichgültig zu den draußen wartenden Frauen: »Ihr könnt wieder hereinkommen und mich für die Nacht vorbereiten. Die Gemahlin des Marschalls darf mir die Füße waschen und das Haar bürsten.«
    Zufrieden vernahm sie das dankbare Gestammel der eben noch so hochfahrenden Lucardis. Doch während diese ihr das schöne rotblonde Haar entflocht und kämmte, fragte sich Sophia, ob die Gefahr schon vorbei war.
     
    Albrecht gehörte zu den Letzten, die die Tafel des Königs verließen. Erst nachdem Heinrich gegangen war, ließ er sich von einem Diener zu seiner Gästekammer führen. Er war nicht mehr sicher, ob er nach so viel Wein noch das richtige Quartier finden würde.
    Sophia schlief schon, als er kam, oder sie tat so.
    »Sieg!«, rief er so laut, dass sie erschrocken hochfuhr. »Der alte Mann hat klein beigegeben. Und beim Krieg gegen den Löwen werde ich mich dem König unentbehrlich machen.«
    »Ihr wollt allen Ernstes um diese Jahreszeit in den Krieg ziehen, im Oktober?«, fragte sie, immer noch halb benommen.
    »Noch diesen Monat werden wir Braunschweig belagern, meine Teure! Ihr könnt es wohl kaum erwarten, mich loszuwerden, vermute ich.«
    Albrecht befahl einer der ebenfalls aus dem Schlaf geschreckten Kammerfrauen, ihm die Stiefel auszuziehen, dann jagte er sie alle hinaus und ließ sich auf das Bett fallen. Er roch nach Wein und Schweiß, und seine Hände, mit denen er im Dunkeln nach ihrem Gesicht tastete, fühlten sich klebrig an. Sophia hatte Mühe, nicht zurückzuzucken. Dabei wurde ihr übel vor Widerwillen.
    »Los, hilf mir«, lallte er, packte ihre Hand am Gelenk und schob sie unter den Bliaut auf seine Bruche.
    Sophia wusste nicht, ob sie erleichtert oder besorgt darüber sein sollte, dass sich dort nichts regte, denn sicher würde er ihr die Schuld daran geben.
    Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als er es auch schon aussprach: »Vertrocknete alte Betschwester! Ich sollte dich wegen Unfruchtbarkeit verstoßen …«
    Augenblicke später schnarchte er laut und röchelnd.
    Verstoßen darf er mich nicht!, dachte Sophia verzweifelt. Schließlich habe ich ihm schon eine Tochter geboren …
    Sie hatte wirklich getan, was sie konnte, um einen Sohn zu empfangen: gebetet, gefastet, der Jungfrau Maria viele Kerzen gestiftet und endlich auch die Ratschläge von Reinhards Frau befolgt. Sie hatte sich sogar bemüht, ihrem Gemahl gegenüber so etwas wie Gefallen an seinen ehelichen Gunstbezeugungen zu heucheln.
    Vielleicht lag es ja an ihm? Vielleicht konnte er keine Söhne zeugen? Aber das würde niemand laut aussprechen.
    So schrecklich die Ehe mit Albrecht auch war – was ihr drohte, wenn er sie fortjagte, war noch schlimmer. Und sie gab sich keinen Hoffnungen darüber hin, dass er eine Ehescheidung nicht ohne weiteres durchsetzen konnte. Zwar hatte sie ihre Fruchtbarkeit bereits unter Beweis gestellt, auch wenn Albrecht die kleine Christina keines Blickes würdigte und Sophia froh war, wenn der lebende Beweis ihres Versagens fern von ihr in Obhut der Amme blieb. Aber ein einflussreicher und skrupelloser Mann wie Albrecht würde schon Wege finden, damit er sich eine neue

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