Der Fluch der Makaá
hol uns jetzt das Ei der Makaá!“
Die Sonne stand senkrecht über uns, und ich musste die Augen mit beiden Händen abschirmen, um Roberts Kletterei zu verfolgen. Nun war er schon beinahe an dem Felsvorsprung angelangt. Tatsächlich gab es dort eine kleine, schmale Höhle, und wenn ich mich nicht täuschte, sah ich auch etwas flattern. Etwas kleines, schwarzes… Waren das tatsächlich Vögel?
Während ich noch überlegte, zog Robert sich zu der Felsspalte hinauf, suchte Halt auf einem groben Stein, der in der Wand steckte, und beugte den Kopf in die Höhle.
Dann ging alles ganz schnell. Ich wollte noch „Robert, das sind keine Vögel! Pass auf“, schreien, da war es auch schon zu spät. Mit einem ohrenbetäubenden Lärm stob eine schwarze Wolke aus dem Spalt und riss Robert beinahe von der Wand.
„Hilfe“, schrie er. Doch trotz des Schreckens gelang es ihm sich irgendwie festzuklammern, während der Schwarm der aufgeschreckten Fledermäuse wild in alle Richtungen auseinanderstob. Gott sei Dank, das war noch einmal gut gegangen.
„Und jetzt komm da wieder runter, Robert, hörst du?“, rief ich besorgt. Gerade als Robert Anstalten dazu machte, löste sich der Stein, auf dem er stand. Ich schlug die Hände vors Gesicht und befürchtete schon das Schlimmste. Doch Robert hatte sich noch mit den Fingern in der Felsspalte festhalten können. Aber nun hing er da, an der glatten Wand, und seine Füße fanden nirgendwo Halt.
„Bleib wo du bist!“, schrie ich. „Ich komm zu dir rauf!“ Zwar hatte ich keine Ahnung, wie ich meinen Bruder aus dieser Lage befreien sollte, doch irgendetwas musste ich ja tun!
„Beeil dich!“, rief Robert. „Ich kann mich nicht mehr lange halten!“ „Lass nicht los!“, mahnte ich ihn, während ich nur langsam an der Wand vorwärts kam. Sie war aber auch so steil und bot den Händen und Füßen so gut wie keinen Halt! Für Oliver wäre sie wahrscheinlich kein Problem gewesen, aber für mich…? Ich gab mein Bestes und hoffte inständig, dass es reichen würde. Doch es reichte nicht. Roberts Finger gaben nach, einer nach dem anderen. „Ich – kann – mich – nicht – mehr – haaalten!“, schrie er verzweifelt. Als sich der letzte Finger von dem Felsen löste, und die Schwerkraft Robert zu Boden schmettern drohte, geschah ein Wunder: Robert fiel nicht. Er baumelte noch immer einige Meter über mir in der Luft. Blitzartig hatte sich ein Schatten vor die blendende Sonne und ein Arm über die Böschung geschoben – und Robert an der Hand zu packen bekommen. Dann griff ein zweiter Arm hinab, um den etwas gewickelt war, und eine vertraute Stimme versicherte: „Keine Angst, Junge, ich hab dich.“
„B ley! Was – um alles in der Welt – machst du hier?“, keuchte ich, nachdem ich mich bäuchlings über den Rand des Felsens gezogen hatte. Trotz wackeliger Beine und klopfendem Herzen war ich oben angekommen. Etwa einen halben Meter unter mir hörte ich die Fledermäuse, die das ganze ausgelöst hatten, in ihre Höhle zurückkehren.
Mein Bruder saß kreidebleich gegen eine abgerundete Steinformation gelehnt, und es schien mir, als müsste er erst einmal wieder zu sich kommen. Der Schreck, der noch immer in meinen Gliedern steckte, wurde sofort durch das Staunen abgelöst, als ich unseren alten Bekannten erblickte.
Bley hockte vor Robert und vergewisserte sich, dass dieser von seiner kurzen Rutschpartie keinen körperlichen Schaden genommen hatte. Als er mich sah, grinste er über das ganze Gesicht.
„Dass wir uns auf diese Weise wieder sehen!“, rief er, „Wer hätte das gedacht? – Na, wer sagt es denn: der Junge kriegt wieder Farbe ins Gesicht.“ Tatsächlich kehrten Roberts Lebensgeister zurück, und erst jetzt schien er wahrzunehmen, wer sein Schutzengel gewesen war.
Natürlich hätten wir Bley zu unendlichem Dank verpflichtet sein müssen, doch alles, was ich zu dem Zeitpunkt herausbrachte, war ein erneutes: „Bley! Was machst du hier oben?“ (Und das, ohne zu lächeln!)
„Nun“, fing Bley an, und sein Grinsen schwand, „nach allem, was wir miteinander erlebt haben, hätte ich gedacht, dass die Begrüßung etwas freudiger ausfallen würde. Aber gut, so kann man sich täuschen.“
„Was tust du hier?“, fragte nun auch Robert und blickte seinen Retter unverwandt an.
„In erster Linie dein Leben retten, mein Junge. Muss man sich dafür wirklich rechtfertigen? Und außerdem habe ich euch doch gesagt, dass ich auf den Tafelberg wollte… Ihr hattet es
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