Der Fluch der Makaá
wenn der einzige Pilot an Bord das Flugzeug verließ, hatte ihm die Kraft zu dieser Tat verliehen. Gleichzeitig riss mein Vater seinen Anschnallgurt los und stürzte nach vorne, um meinem Bruder beizustehen. Sie hielten Carlos an seinem linken Arm fest, während dieser wütend mit der freien Hand auf die beiden einschlug. Fluchend baumelte unser Pilot am Flugzeug – seine „Lasst mich los!“- Schreie wurden vom Wind verzerrt – während der Wasserfall, der unbeeindruckt von den dramatischen Ereignissen weitersprudelte, ganz langsam an unserer Seite wegkippte: die Cessna geriet ins Trudeln.
Meine Mutter, Oliver und ich, die als einzige noch wie erstarrt auf den Plätzen saßen, wurden nach allen Seiten heftig durchgeschüttelt. Der Motor des außer Kontrolle geratenen Flugzeuges heulte auf – irgendjemand schrie entsetzlich, ich kann nicht einmal sagen, wer es war – vielleicht sogar ich selber. Als sich die Maschine wieder einmal scharf zur Seite neigte, löste sich der Rucksack, den Robert neben seinen Sitz geklemmt hatte und fiel unglücklich auf das Steuerruder. Die Cessna machte in der Luft einen Satz, der Robert und meinen Vater von der Flugzeugtür wegschleuderte. Im gleichen Moment als mein Vater und mein Bruder Carlos nicht mehr halten konnten, riss der Ärmel vom Hemd des Piloten und offenbarte eine etwa handflächengroße Brand-Tätowierung auf der Innenseite des linken Armes. Dann war Carlos aus unserem Blickfeld verschwunden.
Von meinem Platz aus hatte ich das Brandmal nicht sehen können, erst später erzählte mir Robert davon. Alles, was ich mitbekommen hatte, war, dass mein Vater leichenblass wurde und mit ungläubigem Blick und tauber Zunge „Das Symbol! Das Symbol!“ murmelte.
Erst der verzweifelte Ruf meiner Mutter brachte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: „Konrad, tu doch was! Wir stürzen ab!“
Noch immer trudelte die Cessna unkontrolliert durch die Luft. Wir wurden mal hierhin und mal dorthin geschleudert. Dabei fuhr der Wind so kräftig durch die offene Flugzeugtür in den Innenraum, dass es in unseren Ohren rauschte. Doch was viel schlimmer war: Wir verloren an Höhe – und zwar schnell!
Die braune Felswand sauste wie ein Schnellzug an uns vorbei, und schon wurde das erste Grün der unteren Berghänge sichtbar. Mein Vater hatte sich hinter das Steuerruder geklemmt, und versuchte, die Cessna wieder zu stabilisieren, doch die Maschine reagierte darauf überhaupt nicht. „Herrje, ich bin doch kein Pilot!“, schrie mein Vater verzweifelt und raufte sich die Haare.
Meine Mutter und ich hatten das Flugzeug so gut wie möglich durchsucht. Es gab keine weiteren Fallschirme an Bord. Unsere Optionen waren damit zweierlei: entweder wir stürzten ab, oder wir zerschellten an den scharfen Kanten der Berghänge. Die Situation war aussichtslos.
Robert saß mit großen Augen auf dem Copilotensitz. Er hatte sich wieder angeschnallt und verfolgte nun ständig die Nadel des Höhenanzeigers. „600 feet – 570 feet – 540 feet…“ Der Wind übertönte Roberts Stimme, doch wir alle wussten auch so, dass uns die Zeit davon lief.
Mein Vater drückte wild auf die blinkenden Knöpfe am Armaturenbrett. Plötzlich stotterte der Motor der Cessna – dann ging er aus. Wesentlich ruhiger war es um uns herum geworden, als das Motorengeräusch verebbte und sich nicht mehr mit dem Tosen des Windes vermischte. Gleichzeitig legte sich eine Art Stille über uns wie ein Grabestuch. Wir verloren an Geschwindigkeit, doch noch immer schaukelte das kleine Flugzeug wie verrückt in der Luft. Nun, da es keine eigene Antriebskraft mehr hatte, war es zum Spielball der Schwerkraft und kräftiger Windböen geworden, als wäre es nichts weiter als ein winziges Blatt.
Manchmal kamen die Felswände gefährlich nahe, bis wir in letzter Sekunde von einem anderen Windstoß gepackt wurden, der uns in die entgegengesetzte Richtung schleuderte.
Lautlose Tränen rannen über Olivers rundes Gesichtchen. Meine Mutter drückte ihn fest in ihre Arme, doch in ihren Augen spiegelten sich meine eigenen Gefühle wider. Wir hatten alle Todesangst.
„300 Fuß – 270 Fuß…“, murmelte Robert, der noch immer wie hypnotisiert die Höhennadel beobachtete. Wie viele Meter zum Teufel waren ein Fuß??? Es konnten nicht viele sein: Vor uns zeichnete sich deutlich der grün bewaldete Boden ab…
Ich sah, wie mein Vater verbissen mit dem Steuerruder kämpfte – es schien festzuklemmen – aber wenn wir die Schnauze des
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