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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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vermuteten Dämonen oder Götter hier oben und wagten sich deshalb nicht zu nah an den Tafelberg heran. Dieses Massiv bildet das Herz der Gran Sabana. An manchen Stellen ist er mehr als 2000 Meter hoch und damit der größte Tafelberg Venezuelas. Erst Felix Cardona Puig, ein katalanischer Kapitän, erreichte um 1930 im Alleingang den Gipfel. Eine beachtliche Leistung, die seither etliche Nachahmer gefunden hat. Doch nicht der Name Puigs wird mit dem Auyán Tepuy verbunden, sondern der Name eines amerikanischen Piloten: James Crawford Angel, oder kurz: Jimmy Angel.“
    „Was hat er gemacht?“, erkundigte ich mich neugierig.
    „Eigentlich genau das, was wir gerade machen: er ist geflogen. Und zwar über dieses Plateau.“
    „Und was ist so besonders daran?“, piepste Oliver, der genau hinter mir saß und mit den Füßen gegen meine Rückenlehne trommelte. „Lass das!“, zischte ich ihm zu und versuchte, seine Knöchel zu fassen.
    „Das Besondere ist das, was er 1936 hier oben entdeckt hat!“, erwiderte Carlos mit bedeutungsvoller Stimme.
    „Und das wäre?“ Robert nahm uns allen die Frage aus dem Mund.
    „Das, liebe Freunde, werdet ihr gleich sehen. Nur soviel sei gesagt: dieser Ort ist zum Sterben schön.“
    Mit dem Zeigefinger wies unser Pilot nach vorne, und wir verrenkten uns schier die Köpfe, um besser sehen zu können: zuerst änderte sich nichts an der Aussicht auf den grün besprenkelten Bergrücken, doch dann, nicht weit vor uns, brach der Auyán Tepuy so plötzlich weg als hätte er beschlossen: bis hier her und nicht weiter! Wir hatten das östliche Ende des Tafelberges erreicht. Sobald wir über den scharfen Rand hinweg flogen, war es, als hätte uns jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Der plötzliche Höhenunterschied von mehr als einem Kilometer war Nervenkitzel pur und hätte allein schon ausgereicht, um uns allen den Atem zu rauben. Doch es kam noch besser! Nicht nur der Felsen stürzte sich an dieser Stelle wagemutig in die schwindelerregende Tiefe: wie aus dem Nichts sprang ein schäumender Fluss über die Klippe und riss dabei unglaubliche Wassermassen mit sich.
    Es war der großartigste Wasserfall, den ich je gesehen hatte! Wie ein schmaler Schleier legte er sich über das braune Felsgestein und fiel dabei so tief hinab, dass das Auge nicht sehen konnte, wo er auf die Erde traf. Seine gigantischen Ausmaße ließen uns vor Ehrfurcht erstarren.
    „Das hat Jimmy Angel also entdeckt!“, wisperte ich atemlos. Robert hatte hastig eine neue Seite in seinem Skizzenblock aufgeschlagen und begann sogleich mit glänzenden, ja beinahe fiebrigen Augen zu zeichnen. Wir drückten unsere Nasen an den Scheiben platt, während Carlos mit der Geschichte über den amerikanischen Piloten fortfuhr: „Ganz genau, das hat Jimmy Angel entdeckt. Zwar kannten die Balateros, die hier ansässigen Indianer den Wasserfall und nannten ihn Churun Meru, was soviel heißt wie ‚Wasserfall, der in eine Lagune stürzt’. Aber Jimmy hat ihn für die zivilisierte Welt erschlossen, und deswegen wurde der Wasserfall einfach in Salto Angel umgetauft, auch bekannt als die Angel Falls. Da Jimmy ein sehr eigenwilliger Mensch war, der oft für Furore sorgte, und sein Name deshalb in aller Welt ein Begriff war, hatte Churun Meru keine Chance, sich gegen den Namen Angel durchzusetzen. Der Mann führte übrigens ein sehr aufregendes Leben.“
    „Erzähl uns von Jimmy!“, bat ich Carlos, und meine Brüder fielen sofort mit ein: „Oh ja, Carlos, bitte erzähl es uns!“
    Carlos schwenkte das Flugzeug so, dass wir alle die Angel Falls wieder im Blick hatten. Auch war er mit der Cessna ein wenig tiefer gegangen, sodass wir uns beinahe direkt gegenüber der Wasser sprühenden Wand befanden.
    „Also gut“, begann unser Pilot schließlich. „Ich erzähle euch nun etwas über das Leben des Jimmy A. Doch vergesst ja nicht, dabei auf den Wasserfall zu schauen! Er weiß mehr über diesen Mann als jeder andere, und wenn ihr ganz genau hinschaut, so verrät er euch vielleicht mehr über Jimmy, als ich es tun kann.“
    „Wir werden hinschauen!“, versprachen wir ihm schmunzelnd.
    Carlos holte tief Luft, dann fing er an: „James Crawford Angel wurde 1899 in Amerika geboren. Er wuchs in Springfield Missouri auf und entdeckte schon früh seine Leidenschaft für das Fliegen. Darüber hinaus war er ein Draufgänger, wagte viel, verlor oft, doch nie gab er auf. Nach Venezuela kam er als junger Mann von Anfang zwanzig. Er hielt

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