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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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war offen!“ „Nur Papa saß an der Tür, aber Mama war hier hinten bei uns – und sie war angeschnallt!“, gab ich sofort zu bedenken. Trotzdem, wir mussten nachschauen. Vorsichtig rutschten wir aus der Türöffnung – die Tür selber war bei der Bruchlandung abgerissen, wir fanden sie etwa fünfzig Meter von dem Wrack der Cessna entfernt in den Baumkronen. Ja, wir waren in ein Waldstück gestürzt, dessen Boden so sumpfig war, dass wir bei jedem Schritt bis zu den Knien einsackten. Wir hatten wahnsinniges Glück gehabt, dass wir hier und nicht anderswo heruntergekommen waren. So widerlich der Schlamm sich an den Füßen anfühlte, der Beschaffenheit des Bodens verdankten wir unser Leben! Die Cessna hatte bei ihrem Sturz die Baumkronen durchbrochen. Unzählige Äste hatten unseren Flug ein wenig gebremst, bis wir mit Wucht in den Morast eingetaucht und in dessen Schlick letztendlich stecken geblieben waren. Wäre der Grund felsig oder nur etwas härter gewesen, so wäre die Cessna daran zerschellt.
    Auf unsicheren, wackeligen Beinen machten wir nun in der Dunkelheit die ersten Schritte durch den dichten Urwald Venezuelas.
    „Wir nehmen uns alle an die Hand“, beschloss ich. „Damit wir uns nicht verlieren können.“
    Ab und zu blitzte der Mond als schmale Sichel durch die Baumkronen und schenkte uns ein wenig silbernes Licht. Doch es war unzureichend, um eine Suchaktion zu starten.
    „Wartet hier“, rief Robert, „ich bin gleich zurück.“ Bevor ich ihn zurückhalten konnte, watete er zurück zu der Cessna und schlüpfte erneut in ihren zerbeulten Bauch. Wenig später tauchte sein brauner Haarschopf wieder auf.
    „Der Rucksack ist verschwunden!“, rief Robert. „Ich kann ihn nicht finden.“
    „Und wenn schon, das wird wohl im Moment unsere kleinste Sorge sein, findest du nicht?“, entgegnete ich ungeduldig.
    „Ich hatte eine Taschenlampe darin“, erklärte Robert. „Ohne Licht können wir die Suche vergessen.“
    Ich seufzte, doch ich sah ein, dass er recht hatte. Uns blieb nichts anderes übrig, als auf den Morgen zu warten. Ein paar Mal riefen wir nach unseren Eltern, doch statt Vater oder Mutter antwortete nur der lebendige Urwald mit seinen unheimlichen, nächtlichen Geräuschen, bis wir uns schließlich alle im Flugzeugwrack verkrochen.
    „Ich hoffe, es geht Mama und Papa gut“, murmelte Oliver, als er sich auf einem der Sitze zusammenrollte wie ein kleiner Kater.
    „Natürlich geht es ihnen gut“, versicherte ich ihm mit Nachdruck. „Du wirst sehen, morgen finden wir sie.“
    Robert warf mir einen Blick zu, den ich selbst in der Dunkelheit nicht missverstehen konnte: „Und wenn nicht?“
    Ich schloss die Augen und sah sofort wieder Carlos vor mir, wie er aus dem Flugzeug sprang und uns alleine zurückließ. Das Bild hatte sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt und spulte sich wie in einer Endlosschleife vor meinen geschlossenen Augen ab. Rasch öffnete ich sie wieder, um dem schrecklichen Anblick zu entgehen. Wieso? Wieso nur?
    „Wieso hat Carlos das getan?“, wisperte ich. „Wir hätten alle sterben können!“
    „Vielleicht ist es genau das, was er wollte“, gab Robert zu bedenken.
    „Wieso?“, entfuhr es mir. „Er hatte doch keinen Grund, so etwas zu wollen.“
    Robert hob unsicher die Schultern. Ich merkte ihm sofort an, dass er sich bereits Gedanken über die furchtbaren Ereignisse gemacht hatte, während ich erst noch dabei war wieder zu Verstand zu kommen. Und ich wusste, dass er bereits seine Schlussfolgerungen gezogen hatte. „Nun sag schon“, bat ich meinen Bruder eindringlich. „Ich sehe dir doch an, dass du etwas weißt.“
    Robert räusperte sich, doch er antwortete nicht sofort. Es war, als wollte er selber noch einmal alles überdenken und prüfen, ob es auch wirklich Sinn machte, bevor er es Oliver und mir mitteilte. „Vielleicht hatte Carlos doch einen Grund“, sagte er schließlich. Oliver und mir klappten die Kinnladen runter. „Um Himmels willen, Robert – welchen?“
    „Den genauen Grund kenne ich natürlich nicht, aber irgendetwas war von vorneherein seltsam an ihm“, fuhr er fort. Dem konnte ich nicht unbedingt zustimmen. Auf mich hatte Carlos einen sehr vernünftigen, vielleicht etwas zu lockeren Eindruck gemacht, aber er war mir in keiner Weise negativ aufgefallen – bis zu seinem Absprung natürlich.
    „Da wäre zum einen die Tatsache, dass Carlos eigentlich heute frei gehabt hätte.“, erklärte Robert. „Es war seine Stimme, die

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