Der Fluch der Makaá
besser folgen zu können.
„Das ist es, aber das Seltsamste habe ich dir noch gar nicht erzählt: Mein Pilot erwähnte, dass er vor ein paar Tagen, eine hohe Stichflamme aus den Wäldern um den Auyán Tepuy hat schießen sehen, als wäre aus dem Nichts heraus etwas explodiert. Doch der Suchtrupp konnte auch dazu nichts feststellen. Ich sage dir, Tony, verrückte Dinge geschehen in diesem Land!“
„Ja, total verrückt“, stimmte Tony zu und drehte seinen Kopf langsam über die Schulter, um einen Blick in unsere Richtung zu werfen. Rasch nahmen Mateo und ich eine unauffällige Haltung ein und Tony blickte wieder auf die Straße.
Die beiden Männer im Fahrerhäuschen schwiegen. Bob versuchte, seine hagere Gestalt in eine bequemere Position zu bringen, in der er ein wenig dösen konnte. Aber nachdem dies nicht gelang, schloss er letztendlich die Augen und fing mit offenem Mund an zu schnarchen. Tony übertönte das nervtötende Geräusch, indem er wieder das Radio einschaltete und leise vor sich hinsummte.
Mateo und ich blickten uns lange an, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Ich brauchte Zeit, um mir darüber klar zu werden, was ich gerade gehört hatte. Hatte ich das richtig verstanden? Jemand versuchte, unsere Spur zu verwischen? Ja, jemand wollte es so aussehen lassen, als wären die Feldmänner nie in Venezuela gewesen! Während es nicht geglückt war, die Fährte meiner Eltern auszulöschen, so waren wir drei Kinder bereits von der offiziellen Bildfläche verschwunden. Wieso gab es keine Unterlagen über unsere Buchungen? Wenn schon nicht bei Adventure Airlines – da hatte Carlos zweifellos seine Finger im Spiel – dann doch wenigsten im Hotel in Caracas! Ich verstand es einfach nicht. Und dann war da noch die andere Geschichte: wieso war die abgestürzte Cessna unauffindbar? Und was war das für eine Stichflamme, die der Pilot gesehen hatte? Und – welcher Mitarbeiter vom Sofia Imber Museum war verschwunden? Ich seufzte und verbarg meine Stirn in den Händen, viele Fragen kreisten in meinem Kopf und für keine fand ich eine Antwort.
Am schwarzen Himmel glitzerte und funkelte es jetzt prächtig, doch diesmal beachtete ich die Sterne kaum. Mein volles Augenmerk lag auf dem Mond: wie ein gelber Käse hing er in der Luft, genau in der Mitte durchgeschnitten, wobei der helle Teil um einen Hauch im Vorteil war.
„Woran denkst du grade?“, fragte Mateo leise.
„An meine Eltern“, erwiderte ich.
Ich fragte mich, ob irgendwo meine Eltern wohl im selben Moment in den Himmel schauten. Vielleicht versuchte der Mond uns eine Botschaft von ihnen zukommen zu lassen. Ich kniff die Augen zusammen, sperrte die Ohren auf, spähte und lauschte angestrengt, doch nichts anderes wollte zu meinen Gedanken vordringen als die von Geisterhand umgedrehte kleine Sanduhr durch die stetig und leise Körnchen hindurch fielen, um sich am Boden zu einem ständig wachsenden Häufchen zu vereinigen.
Die Zeit lief gegen uns. Schaffst du es nicht, so wirst du bestraft …
E s war genau der Zeitpunkt, an dem ich meinte, der Tag wäre nun vollends gesättigt mit Abenteuern und unerfreulichen Botschaften, als es in Tonys Radio unerträglich laut krachte. Ein Rauschen wie von hundert Wasserfällen flutete aus den Boxen und dröhnte so sehr in unseren Köpfen, dass meine Brüder davon erwachten und wir uns die Ohren zuhalten mussten. „Was zum Teufel ist das?“, rief Oliver entrüstet und bahnte sich auf der Ladefläche den Weg zu Mateo und mir. Mateo, der sich über das unerwartete Geräusch auch wunderte, empfand dieses aber im Gegensatz zu uns nicht als so schmerzvoll. Er klopfte gegen das Fenster des Fahrerhäuschens und Tony kurbelte die Scheibe herunter. Ein paar Worte wurden gewechselt, woraufhin Tony an dem Sendeknopf drehte, um einen besseren Empfang zu bekommen. Auch ihm war der Lärm aufgefallen, aber er schien ihn nicht sonderlich zu stören.
Noch verwunderlicher fand ich, dass Bob nicht einmal aufwachte, als plötzlich ein markerschütternder Pfeifton den Lautsprechern entwich und sich wie ein spitzer Pfeil den Weg durch unsere Gehörgänge bahnte.
„Au!“, rief Oliver, dessen anfängliche Entrüstung in ein verstörtes Wimmern übergegangen war. Robert verzog schmerzvoll das Gesicht, und ich dachte überhaupt nicht daran, die Hände von den Ohren zu nehmen.
„Was ist los mit euch?“, fragte Mateo sichtlich irritiert. Seine Worte drangen nicht zu uns durch, doch sein Gesichtsausdruck ließ die Frage
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