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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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hörte ich Robert neben mir fluchen. Der Schlenker hatte ihn mit dem Stift einmal quer über das Bild fahren lassen, sodass die zart gezeichnete Landschaft von einem dicken hässlichen Balken entstellt worden war. Robert riss das Papier aus dem Block und knüllte es zusammen. Ohne einen weiteren verärgerten Gedanken daran zu verschwenden schlug er eine neue Seite auf und begann noch einmal von vorne. „Tony weiß auch nichts über Vermisstenfälle in Canaima. Wieso interessiert es dich überhaupt?“, fragte Mateo, nachdem er die kurze Unterredung mit unserem Fahrer beendet hatte. „Nur so…“, rief ich hastig.
    Mateo warf mir einen langen, prüfenden Blick zu. Obwohl Mateo nicht die Weise Frau war, so hatte ich in diesem Moment das Gefühl, von Mateo genauso durchschaut zu werden wie zuvor von ihr. Ich bin mir nicht sicher, wie viel ich unwissentlich preisgegeben hatte, doch schließlich lächelte Mateo und fügte hinzu: „Selbst wenn sich jemand nicht abgemeldet hat, heißt das noch lange nicht, dass jemand verschollen ist. Wie gesagt: der Nationalpark ist nicht umzäunt, es ist offenes Gebiet, und im Prinzip kann jeder hinein und hinaus wie er möchte. So haben wir es ja bei unserer Ankunft auch gemacht. Keine große Sache, aber es wird nicht gern gesehen.“
    „Ja, jeder kann hinein und hinaus…“, wiederholte ich leise und grübelte eine Weile. „Dazu muss man sich aber ein wenig in der Gegend auskennen, nicht wahr?“, fragte ich schließlich und versuchte, es so unverdächtig wie möglich klingen zu lassen. „Natürlich“, lachte Mateo. „Ein Tourist wird die Wege wohl kaum kennen!“ „Nein, ein Tourist nicht“, stimmte ich laut zu, und im Stillen dachte ich bei mir: „Und eine Tourist in wohl auch nicht.“

E in Brummen über unseren Köpfen, das sich zu dem einsamen Motorengeräusch des alten Pick-ups auf seltsam anmutende Weise gesellte – während der ganzen zweieinhalbstündigen Fahrt hatten wir lediglich einmal einem Touristenbus ausweichen müssen, sonst waren wir keiner Menschenseele begegnet – ließ uns aufhorchen. Ein kleines Sportflugzeug erschien als dunkler Fleck am azurblauen Himmel. Es näherte sich in rasantem Tempo. Wie ein großer Vogel mit starren Schwingen donnerte es über unsere Köpfe hinweg und verschwand hinter einem sanften Hügelrücken. Tony jagte das Fahrzeug die kleine Steigung hinauf als wäre der Teufel persönlich hinter uns her, und als wir den Kamm überquerten, verharrten wir einen Augenblick im Schwebezustand. Hart setzte das Auto wieder auf der Straße hinter dem Hügel auf, und nicht nur wir sondern auch die verrosteten Metallverstrebungen des Wagens protestierten lautstark. „Sorry, guys“, rief Tony über die Schulter hinweg, „But we are late!“
    Der Flugplatz lag nun direkt vor uns. Es gab weder Wartehalle noch Abflugschalter, keine Stewardessen und keine Gepäckwagen. Lediglich ein breiter, grauer Asphaltteppich wurde zum Empfang der Ankommenden großzügig ausgerollt.
    „Das ist der Flugplatz von Kamarata!“, verkündete Mateo stolz, nachdem wir mit quietschenden Reifen auf dem Grasplatz vor dem Rollfeld zu stehen gekommen waren.
    „Flugplatz?“, lachte Oliver. „Das ist doch kein Flugplatz! Da ist ja nur eine Landebahn…“
    „…die auch als Startbahn funktioniert“, entgegnete Mateo.
    Robert nahm meinen Arm und raunte mir unter vorgehaltener Hand zu: „Also, wenn das der Flughafen ist, der in unserer Karte eingezeichnet ist, na, den hätten wir aber lange suchen können!“
    Das Sportflugzeug war bereits gelandet und befand sich gerade auf dem Weg zur Endposition. Noch während es ausrollte, öffnete der Pilot die Tür und winkte uns zu. Er fuhr einen letzten Bogen, kam mit einem Ruck zu stehen und stellte den Motor ab. Eine kleine Trittleiter wurde ausgeklappt, und der Pilot stieg aus, um seinem einzigen Fluggast aus der Maschine zu helfen. Bei diesem handelte es sich um einen sehr großen, hageren Mann, der sich beim Aussteigen erheblich bücken musste, und dennoch nicht verhindern konnte, dass er seinen Kopf kräftig und schmerzvoll gegen den Türrahmen des Flugzeugs stieß. Mit zwei schweren Koffern im Schlepptau stolperte er die Stufen hinunter und nickte freudig zu unserem Grüppchen herüber. Wir standen wie ein Empfangskomitee nebeneinander aufgereiht am Pick-up und warteten bis uns der Mann nach etwa hundert Metern Wegstrecke erreicht hatte.
    Der Hagere stellte sich als „Bob“ vor, und Mateo half ihm, die Koffer auf

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