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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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erahnen.
    „Dieser Lärm – dieser entsetzliche Lärm!“, rief ich und kniff die Augen zusammen. „Es ist – kaum auszuhalten!“
    Mateo muss daraufhin so etwas wie „Welcher Lärm?“, gemurmelt haben, ohne dass ich etwas verstehen konnte. Als er jedoch auf das Radio zeigte, wollte ich es kaum glauben: Tony hatte es ausgestellt! Da, wo zuvor ein rotes Licht geleuchtet hatte, war nun alles dunkel. Unmöglich , dachte ich und schüttelte ungläubig den Kopf, in dem es nach wie vor dröhnte, als würde darin mit einem Presslufthammer gearbeitet. Wenn nicht aus der gestörten Funkverbindung, woher stammte der Lärm dann? Die Antwort folgte unmittelbar: Plötzlich machte das Auto einen Ruck, der meine Brüder und mich zu Boden warf. Es dauerte nur eine Weile, um zu begreifen, dass Tony das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt hatte, und wir nun mit einem Mordstempo durch die nachtschwarze Prärie donnerten.
    „Mateo“, rief ich, bemüht, mich wieder aufzurichten. „Sag Tony, er soll langsamer fahren! Bitte!“
    Doch Mateo tat nichts. Wie versteinert saß er auf der Ladefläche, die Beine angezogen, die Augen weit aufgerissen. Starr und fremd stierten diese ins Leere, während sein Gesicht im silbernen Mondlicht bleich und wachsartig wirkte.
    „Mateo! Was ist mit dir?“, rief ich erschrocken, und vergaß dabei, meine Ohren zuzuhalten. Der Lärm hatte zwar etwas abgenommen, doch noch immer dröhnte es so heftig, dass der Schall sogar noch in meinem Bauch vibrierte. Meine Brüder waren durch Tonys Tempoanstieg in die hintere Ecke der Ladefläche gedrückt worden und riefen mir irgendwelche wirren Fragen zu, die ich nicht verstand. Als Mateo mir nicht antwortete, warf ich einen Blick in die Fahrerkabine, um Tony selber zu bitten langsamer zu fahren. So ein Höllentempo in dieser Gegend! Der Mann war ja lebensmüde! Meine Bitte prallte jedoch gegen eine Wand. Ebenso wie Mateo wirkte Tony plötzlich wie verwandelt. Seine Hände am Lenkrand wirkten verkrampft, das Gaspedal war bis zum Anschlag durchgetreten und er verzog keine Miene. Er hatte sogar aufgehört zu schwitzen! Bob schlief wie ein Baby und merkte von alldem nichts.
    „Tony!“, rief ich immer wieder und klopfte gegen das Fahrerhaus. „Tony, bitte!“
    Robert und Oliver hatten es jetzt endlich geschafft, zu mir vorzudringen und hämmerten nun ebenfalls gegen die Scheibe. An ihren Gesichtern konnte ich erkennen, dass sie den Lärm noch immer so intensiv empfanden wie ich.
    „Sieh dir das an!“, brüllte Robert plötzlich und zeigte mit dem Finger auf das Radio. Wie von selbst war es wieder angesprungen und wirre Musikfetzen drangen an unser Ohr, als würde jemand versuchen, einen Sender einzustellen, und bei diesem Versuch fremde Funkübertragungen streifen. Die rote Einschaltbirne glühte wieder auf und leuchtete uns entgegen, heller und intensiver denn je zuvor. Schlagartig wurde uns bewusst, dass diese Lichtquelle in diesem Moment keine gewöhnliche mehr war: Sie war ein Auge, das rote Auge des einäugigen Frosches!
      Kaum hatten wir dies erkannt, hatte die unsichtbare Hand bereits den richtigen Sender gefunden, das Rauschen ebbte ab, und der Lärm um uns herum verklang. Bis auf das heulende Motorengeräusch des Pick-ups, der wie ein wildes Tier die flachen Hügelketten hinauf und hinab getrieben wurde, herrschte plötzlich eine seltsame Stille. Eine unheimliche Stille, die alles andere als leer war. Es war wie das Luftholen vor einer Rede, der wir zu lauschen gezwungen waren. Und dann kam sie, die Stimme, die wir schon hinter dem Schleier des Salto Sapo vernommen hatten:
    „Die erste Hürde ist genommen,
    doch wisse, das Spiel hat erst begonnen.
    Die zweite wartet nicht lange auf sich,
    die Zeit derweilen rennt gegen dich.
    Mit dem bereits bekannten Stücke
    Versöhne den Fluss und schließe die Lücke.
    Dem funkelnden Bette verbinde die Wunde.
    Die rote Ader verrät dir die nächste Runde
    So tief wie die erste, so hoch ist die zweite.
    Steig in die Wolken, in die endlose Weite.
    Welcher Himmel gemeint ist, das finde heraus!
    Ein falscher Schritt, und das Spiel ist aus.“
    Es gab einen Knack im Radio, ein kurzes Rauschen, dann war das rote Auge erloschen. Allein der Fahrtwind pfiff uns um die Ohren. Tony erwachte aus seiner Erstarrung, schüttelte sich zweimal und rieb sich die Augen, als wäre er aus einem Traum erwacht. Verwundert blickte er auf die Tempoanzeige und nahm erschrocken den Fuß vom Gaspedal. Mit einem Gesichtsausdruck, als

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