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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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antwortete mit groben Worten, deren Heftigkeit Anna erschreckten: »Geh weg! Lass mich in Ruhe! Jetzt ist meine Frau da. Weg! Du sollst weggehen, hab ich dir doch gesagt!«
    Dabei machte Christian ein eindeutiges Zeichen. Weg! Geh weg! Und er schien die Worte nun in ihrer Sprache zu wiederholen. Die Maori rappelte sich langsam auf, zeigte auf ihren Bauch und umfasste ihn zärtlich. Jetzt erst bemerkte Anna, dass er leicht gewölbt war. Die junge Maori erwartete ein Kind. Sein Kind?
    Anna wurde schwindlig, und sie krallte ihre Finger in den kalten Sand.

 
Dunedin, Weihnachten 2007
 
    Fassungslos legte Sophie die Aufzeichnungen ihrer Mutter aus der Hand. Was mutest du mir da nur zu, Emma?, dachte sie verzweifelt. Warum zwingst du mich, am anderen Ende der Welt so etwas zu lesen? Wie hast du dir das vorgestellt? Dass ich in meiner Trauer um dich auch noch in der Lage bin, eine Geschichte aus längst vergangenen Zeiten zu verarbeiten? Warum sagst du mir nicht einfach, wer dieser Holden ist?
    Ihre Augen brannten. Sie hatte zu viele Tränen geweint und war erschöpft vom Lesen.
    Ein Blick auf die Uhr zeigte Sophie, dass es bereits früher Abend war. Sie versuchte sich auszurechnen, wie lange sie nicht mehr in einem weichen Bett gelegen und wirklich geschlafen hatte. Sie war am Heiligabend gegen Mittag in Hamburg abgeflogen, und wenn sie die zwölf Stunden abzog, die man hier der Hamburger Zeit voraus war, war sie ungefähr seit zweiundvierzig Stunden auf den Beinen.
    Das vertraute Klingeln ihres Handys riss Sophie aus den Gedanken. Es war Jan, der ihr mit unverhohlenem Vorwurf in der Stimme mitteilte, dass er sich Sorgen gemacht habe. »Warum hast du mich denn nicht gleich nach der Ankunft in Auckland angerufen?«, wollte er wissen.
    Sophie atmete tief durch. Sie mochte Jan jetzt nicht berichten, was sie alles erlebt hatte, seit sie ihren Fuß auf neuseeländischen Boden gesetzt hatte. Das würde den Rahmen eines Handygesprächs an das andere Ende der Welt sprengen. Außerdem verspürte sie keinerlei Bedürfnis, Jan in diese Reise in die Vergangenheit einzuweihen. Er war kein Mensch, der sich groß für das Gestern interessierte. Er lebte im Heute und plante das Morgen.
    »Wann kommst du wieder?«, fragte er nun ungeduldig.
    »Ich fürchte, ich muss noch ein paar Tage bleiben. Emma möchte in Neuseeland beigesetzt werden.«
    »Wie bitte? Was hatte sie sich denn dabei gedacht?«
    »Emma hat in ihrem Testament den Wunsch geäußert -«
    »Aber das geht doch nicht!«, unterbrach er sie und fuhr entrüstet fort: »Du musst so schnell wie möglich zurückkommen. Wir haben doch noch so viel für die Hochzeit zu erledigen. Das schaffe ich nicht allein. Die Ringe, das Menü ...«
    Sophie hörte ihm gar nicht mehr zu. Ringe? Menü? Konnte er sich denn kein bisschen in sie hineinfühlen?
    Sie versuchte ihren Ärger herunterzuschlucken und erwiderte stattdessen beinahe entschuldigend: »Jan, bitte! Ich kann jetzt wirklich nicht an unsere Hochzeit denken. Und ich kann dir wirklich nicht sagen, wie lange ich noch bleiben muss. Das hängt ganz davon ab, wann ich einen Termin für die Beerdigung bekomme. Hier sind gerade Sommerferien.«
    »Wie, du kannst nicht?« Sein Ton war eine einzige Anklage.
    Sophie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich kann mir im Moment beim besten Willen nicht vorstellen, in ein Brautkleid zu steigen, lustig zu feiern und zu wissen, dass Emma am anderen Ende der Welt in einem kühlen Grab liegt ...« Bei diesen Worten begann sie zu schluchzen.
    »Ist ja gut, Sophie. Ich verstehe das ja. Sei mir nicht böse! Ich bin nur so wahnsinnig enttäuscht. Und auch wenn du mir jetzt den Hals umdrehst, es ist so typisch für sie, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen müssen. Was für eine Schnapsidee, sich im Kiwi-Land beerdigen zu lassen!« Versöhnlich setzte er hinzu: »Brauchst du mich? Soll ich in den nächsten Flieger steigen und kommen?«
    »Nein, das wäre zu viel verlangt«, entgegnete sie und meinte eigentlich: Nein, ich muss jetzt allein sein! Vor allem ohne dich!
    Es erschreckte Sophie, dass sie sich in dieser verzweifelten Lage nicht im Geringsten nach seiner Gegenwart sehnte. Im Gegenteil, die Vorstellung, er wäre bei ihr, bereitete ihr ein durch und durch unbehagliches Gefühl.
    »Gut, dann sprechen wir uns morgen wieder!«, sagte er und fügte wie mechanisch hinzu: »Ich liebe dich!«
    »Ich dich auch.« Damit beendete Sophie das Gespräch. Sie lehnte sich im Bett zurück. Liebte sie ihn wirklich? Diese

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