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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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hatte.
    Anna brauchte noch einen kräftigen Schluck bei der Erinnerung daran, wie er ohne Vorwarnung über sie hergefallen war. Kaum war die Tür hinter ihnen zugefallen, hatte er die Röcke ihres Hochzeitskleides nach oben geschoben, so dass sie beinahe an der Seide erstickt wäre, und hatte ihr unendlich wehgetan. Das war es also, wovon die Frauen manchmal errötend hinter vorgehaltener Hand sprachen, war Anna damals durch den Kopf gefahren: die eheliche Pflicht! Sie war heilfroh gewesen, dass es nur Minuten gedauert hatte, aber danach hatte sie sich wund und bis in ihr Innerstes verletzt gefühlt. Daran hatte auch nichts geändert, dass Christian sie plötzlich mit Kosenamen belegt und gestöhnt hatte: »Mein Schatz! Mein Schatz!«
    »Anna. Träumst du?«
    »Nein, ich dachte nur gerade an unser neues Haus«, sagte sie, bemüht, sich auf das Essen zu konzentrieren.
    »Möchtest du zur Feier unseres Wiedersehens noch ein Glas Wein?«, fragte er freundlich.
    Anna nickte. Ja, sie wollte noch einmal die Empfindung zurückholen, wenn sich der Kummer allmählich in Wohlgefallen auflöste. Christian goss den Wein in einen Zinkbecher. Geschliffene Kristallgläser wie in Hamburg besaßen sie nicht. Noch nicht.
    »Du musst doch keine Gläser mitnehmen!«, hatte ihre Tante vorwurfsvoll gesagt. »Du fährst doch nicht in die Wildnis. Da drüben wird es wohl Gläser geben.« Mit diesen Worten hatte Tante Margarete die schönsten geschliffenen Weinkelche, die einst Annas Mutter gehört hatten, zurück in ihren Schrank gestellt.
    Empört nahm Anna einen weiteren kräftigen Schluck und dann noch einen und noch einen, aber die Leichtigkeit wollte sich partout nicht einstellen. Im Gegenteil, vor ihrem inneren Auge tauchte ganz plötzlich Hines gewölbter Bauch im Mondschein auf und der glänzende Stiefel, der darauf herumtrampelte. Groß und übermächtig. Bedrohlich und brutal.
    »Wo ist eigentlich Hine geblieben?«, fragte sie gegen ihren Willen. Sie ahnte, dass es fürchterlich enden würde, aber nun stand die Frage wie eine Drohung im Raum.
    »Sie ist weg!«, antwortete Christian, und seine Miene verfinsterte sich.
    »Aber wohin?«, hakte Anna nach, wohl wissend, dass sie ihren Mann aufbrachte.
    »Was geht dich diese Eingeborene an?« Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Verächtlich fügte er hinzu: »Sie ist eine Maori, sie ist unzuverlässig und zu ihren Leuten zurückgegangen, weil sie bei mir genug verdient hat. Und jetzt möchte ich nichts mehr davon hören, verstanden?«
    Anna klappte den Mund wieder zu und unterdrückte die gefährliche Frage, die ihr auf der Zunge lag: Und was ist mit deinem Kind? Etwas in seinem Blick warnte sie jedoch. Anna fragte sich, ob das Ungeborene die Tritte womöglich nicht überlebt hatte. Mit einem Mal bekam sie keinen Bissen mehr herunter.
    Stumm saßen sie am Tisch. Die friedliche Stimmung hatte sich in lautlose Feindseligkeit verwandelt. Das einzige Geräusch war sein entsetzliches Schmatzen. Kaum hatte er zu Ende gegessen, sprang Anna auf, räumte den Tisch ab, spülte Teller, Becher und Pfannen und schützte Müdigkeit vor. Es schien ihr in diesem Moment unerträglich, länger mit diesem Mann in einem Raum zu sein. Er hatte dieses Mädchen wie ein Sklaventreiber einfach benutzt und weggeworfen. Er hatte Hine misshandelt, ja, vielleicht sogar ihr Kind getötet. Diese mörderischen Stiefeltritte würden für immer zwischen ihnen stehen.
    Eilig lief Anna nach oben, entkleidete sich, zog ihr Nachthemd an, öffnete das Fenster und ließ die frische Luft hinein. Es war wieder ein sternenklarer Himmel, und sie suchte nach dem Großen Wagen. Sie bemühte sich, bei seinem Anblick nicht an Frederik zu denken. Dennoch sah sie ihn in einer Deutlichkeit vor sich, dass es beinahe schmerzte. Seine feinen Hände, sein kantiges, schmales Gesicht, seine schlanke Statur. Wie gern hätte sie mit ihm ihr Leben geteilt!
    Seufzend schloss Anna das Fenster und schlüpfte ins Bett. Es war noch sehr früh am Abend. Zu früh, als dass er mir folgen wird, dachte sie noch, aber da hörte sie seine Schritte schon auf der Stiege.
    Sie schrak zusammen bei dem lauten Knallen der Stiefelabsätze auf dem Holz, weil sie genau wusste, dass er ihre Ausrede heute nicht hinnehmen würde. Also hoffte sie, dass er müde war und sie zu nichts zwingen würde.
    »Anna, schläfst du schon?«
    »Noch nicht, aber ich bin furchtbar erschöpft«, entgegnete sie und unterstrich ihre Worte mit einem anhaltenden Gähnen.
    »Anna, was

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