Der Fluch der Maorifrau
ist?«
»Es geht um das Erbe. Walter hat mich dafür verantwortlich gemacht, dass dein Vater das gesamte Vermögen deines Großvaters geerbt hat. Und deshalb ist er eines Tages auf und davon. Aber er hat zweifellos Rache geschworen, denn in jedem dieser Briefe an Jane beklagt er, dass ich ihn um sein Erbe gebracht hätte. Sein Sohn Harry, der werde es zu etwas bringen, denn er studiere Literatur. Wenig später beklagt er sich bei Jane, dass sein Sohn das Studium abgebrochen und sehr zu seinem Kummer ein billiges Flittchen geheiratet habe. Danach bricht der Kontakt ab. Ich vermute, Walter ist gestorben.«
»Du meinst, dass Harry sich ganz bewusst an mich herangemacht hat, damit er an das Erbe kommt, von dem sein Vater meint, es stände ihm zu?«, raunte Emma.
Kate nahm ihre Hand, drückte sie fest und sagte leise: »Du musst jetzt stark sein! Ich denke, eine Scheidung ist unter diesen Umständen der einzige Ausweg.«
»Kein Problem!«, erwiderte Emma mit gesenktem Kopf und berichtete ihrer Großmutter von dem Anruf dieser merkwürdigen Person.
Kate sah ihre Enkelin besorgt an. »Es tut mir so leid. Fällt es dir schwer, dich von ihm zu trennen?«
»Nein, das ist es nicht, Kate!«, flüsterte Emma. »Ich bin schwanger!« Unter Tränen vertraute sie ihrer Großmutter an, was sie in ihrer Hochzeitsnacht erlebt hatte und dass sie sich nur eines wünsche: so schnell es nur ging von diesem Ungeheuer geschieden zu werden!
Der Verdacht, dass Emma schwanger war, bestätigte sich genau an dem Tag, an dem Harry Holden unverhofft wieder in der Princes Street auftauchte. Als Emma ihn vor der Tür stehen sah mit einem Riesenblumenstrauß und lauter Geschenken im Arm, meinte sie, ihr Herzschlag müsse aussetzen. Obwohl sie alles mit ihrer Großmutter besprochen hatte, was sie zu tun hatten, wenn er zurückkehrte, war ihr übel vor lauter Aufregung. Sie durfte sich nicht verraten. Deshalb ließ sie auch seinen Begrüßungskuss klaglos über sich ergehen, wenngleich sie sich innerlich vor Ekel schüttelte.
»Komm rein!«, bat sie ihn in der Hoffnung, dass er das Vibrieren in ihrer Stimme überhörte oder zumindest als Zeichen der Wiedersehensfreude missdeutete.
Nachdem er ihr all die Geschenke übergeben hatte, erklärte sie scheinheilig: »Lass uns gleich zu Großmutter gehen. Sie liegt im Bett, doch sie wird sich bestimmt über deine Rückkehr freuen. Alles in Ordnung mit deiner Niederlassung?«
Harrys Blick verfinsterte sich. »Ach, sprich bloß nicht davon! Es ist alles schiefgegangen, aber davon erzähle ich dir später. Begrüßen wir erst die alte Dame!«
Emma klopfte an Kates Zimmertür und sagte laut und vernehmlich: »Stell dir vor, wer wieder zurück ist.« Das war ihr Stichwort.
Ihre Großmutter antwortete wie verabredet: »Dann tretet ruhig ein!«
Harry schien nichts zu merken von dem, was hier gespielt wurde, denn er ging freudestrahlend auf Kates Bett zu und begrüßte sie.
»Setzt euch doch!«, forderte Kate sie auf, bevor sie ohne Umschweife auf den Punkt kam: »Lieber Harry. Ich hätte Sie bestimmt mit offenen Armen in meinem Haus empfangen, wenn ich gewusst hätte, dass Sie das Kind meines Stiefsohnes Walter sind. Ja, ich hätte Ihnen wohl sogar den Teil des McLean'schen Erbes zukommen lassen, der Ihrem Vater gebührte, aber Sie werden verstehen, dass ich Sie nun nur noch aus meinem Haus jagen kann, nachdem Sie sich auf so hinterhältige Weise das Erbe haben erschleichen wollen, obwohl Sie offensichtlich mit einer anderen verheiratet sind, nicht wahr?«
Emma ließ Harry nicht aus den Augen. Sein Gesicht versteinerte bei den klaren Worten ihrer Großmutter. Hilfesuchend wandte er sich Emma zu.
»Aber Schatz, du musst mir glauben, meine Gefühle für dich, die waren nie gelogen. Ich habe mich im Theater sofort in dich verliebt ... Bitte sag doch was!«
»Du bist ein Schuft! Ich verlange die sofortige Scheidung und eine Regelung, dass du niemals einen Anspruch auf unser Kind erheben wirst!«
Harry zuckte nicht mit der Wimper. »Einverstanden!«, erwiderte er ungerührt. Nicht einmal auf die Nachricht von der Schwangerschaft reagierte er.
Kate und Emma schauten ihn gleichermaßen entgeistert an.
Er räusperte sich. »Ich bin froh, dass die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Ja, ich gebe zu, ich hatte einen Plan, denn ich bin mein Leben lang mit Hass geimpft worden, weil mein Vater glaubte, um sein Erbe betrogen worden zu sein. Ich wollte es eiskalt durchziehen, irgendwie an dein Geld kommen, aber
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