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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Morgen wachte Emma auf und wusste nicht, wo sie war. Aber als sie das große Doppelbett sah, war die schmerzhafte Erinnerung sofort wieder da. Leise stand sie auf. Sie wollte wenigstens so tun, als hätte sie die Nacht im Ehebett verbracht, doch da stellte sie fest, es war leer. Dafür fand sie einen Zettel auf dem Tisch.
    Liebste,
    heute Morgen kam ein Anruf für mich. Du hast noch so süß geschlafen. Ich wollte dich nicht wecken. Muss sofort nach Auckland, etwas wegen meiner Zulassung klären. Ich kann dir nicht sagen, wie lange es dauert. Ich melde mich.
    In Liebe,
    Harry.
    Angewidert knüllte sie den Brief zusammen. Das war empörend, sie einfach hier zurückzulassen! Wie konnte sie wohl auf dem schnellsten Weg nach Dunedin kommen?
    Sie hatte Glück, der junge Mann an der Rezeption bot ihr an, sie gegen Bares in die Princes Street zu bringen.
 
    Auf der Fahrt überlegte sie krampfhaft, wie sie diese Ehe wieder auflösen könnte. Zunächst einmal würde sie nicht umhinkommen, Kate zu beichten, dass sie einen großen Fehler begangen hatte. Vielleicht wusste die einen Rat. Das hatte sie nun davon, dass sie wie ein blindes Huhn dem Ruf nach Abenteuer gefolgt war. Emma hatte keine Ahnung, wie andere Hochzeitsnächte verliefen, aber eines wusste sie: Ein liebender Mann hätte seine Frau niemals so erniedrigt. Was Harry Holden getan hatte, war nicht nur lieblos, sondern brutal gewesen. Sie wollte ihn jedenfalls niemals wiedersehen und hoffte, er würde erst zurückkommen, wenn alles geklärt war. Was war das überhaupt für eine merkwürdige Geschichte mit seiner Reise nach Auckland?
    »Sagen Sie, haben Sie heute Morgen den Anruf für meinen Mann entgegengenommen?«, fragte sie den Fahrer.
    Er antwortete ihr nicht.
    »Sie können mir ruhig alles sagen. Ich weiß Bescheid!«, log Emma.
    Der Mann überlegte kurz, bevor er schleppend erwiderte: »Na, das war vielleicht ein Theater! Die Dame hatte wohl sehr zum Ärger Ihres Mannes herausgefunden, wo er jetzt wohnt. Er hat anscheinend im alten Hotel verlauten lassen, wohin er zieht. Jedenfalls hat sie heute Morgen so lange gezetert, bis ich ihn geweckt habe. Eine enttäuschte Verflossene, wenn Sie mich fragen.«
    »Genau!«, bekräftigte Emma seinen Verdacht und atmete tief durch. Keine Frage, er war zu einer anderen Frau gefahren. Erleichtert bemerkte Emma, dass es sie nicht einmal störte. Im Gegenteil, diese Information würde ihr bei einer Scheidung vielleicht sogar zum Vorteil gereichen.
 
    Als sie das Haus in der Princes Street betrat, war alles still. Nur Hunti kam ihr zur Begrüßung stumm und mit eingeklemmtem Schwanz entgegengeschlichen. Sogar der Hund schien bedrückt. Mit klopfendem Herzen rannte Emma nach oben, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
    Als sie die Tür zum Schlafzimmer ihrer Großmutter aufriss, mahnte eine bekannte Stimme: »Psst, sie ist gerade erst eingeschlafen!«
    Verwundert bemerkte Emma Frank. »Was machst du denn hier?«, flüsterte sie.
    Er bat sie vor die Tür und berichtete ihr, dass Kate ihn in der Nacht gerufen habe. »Sie klagte über ein schlimmes Unwohlsein mit Schweißausbrüchen, Erbrechen und Durchfall. Ich nehme an, sie verträgt die Herztabletten nicht, denn die Beschwerden setzten Stunden nach der Einnahme ein. Wir haben es mit einem neuen Präparat versucht.«
    Emma sah ihn mit schreckensweiten Augen an. »Frank, was ist mir ihr?«
    »Sagen wir mal so, sie hat ein schwaches Herz. Das heißt, sie braucht viel Ruhe. Wahrscheinlich hat sie deine überstürzte Heirat sehr aufgeregt, doch das habe ich deinem Mann heute Morgen auch schon gesagt.«
    »Meinem Mann?«, wiederholte Emma ungläubig.
    »Ja, er stand vorhin plötzlich vor der Tür und wollte sich nach dem Befinden deiner Großmutter erkundigen.«
    Emma erstarrte.
    »Nach ihrem Befinden? Aber er konnte doch gar nicht wissen, dass es ihr schlecht geht!«
    Frank zuckte mit den Achseln. »Er sagte auch, er gehe auf eine Reise und wolle sich von ihr verabschieden. Wie dem auch immer sei, sie braucht strenge Bettruhe.«
    »In Ordnung, ich kümmere mich um sie. Ich habe ja Urlaub«, erwiderte Emma tonlos. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, ob sie sich Frank anvertrauen sollte. Nein, es wäre nicht richtig, ihm ihre Sorgen aufzubürden. Es schien ihm sehr nahezugehen, dass sie sich nicht für ihn als Ehemann entschieden hatte.

 
Dunedin, 1. Juni 1962
 
    Der erste Schnee war gefallen und sogar liegen geblieben. Bei strahlend blauem Himmel zeigte Dunedin sich

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