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Der Fluch der Maorifrau

Der Fluch der Maorifrau

Titel: Der Fluch der Maorifrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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wie in einem Wintermärchen. Emma machte jeden Tag einen ausgiebigen Spaziergang mit Hunti.
    Harry hatte ein paarmal in der Princes Street angerufen, um sich nach Großmutters Befinden zu erkundigen. Dabei hatte er Emma stets seine Liebe versichert. Sie hatte sich nichts anmerken lassen. Er erzählte ihr von einer Prüfung, die er machen müsse, um seine neuseeländische Niederlassung zu bekommen. Sie glaubte ihm kein Wort.
    Kate gegenüber spielte Emma die glückliche Ehefrau. Auf keinen Fall durfte sie ihr die Wahrheit sagen. Sie kann keine Aufregung vertragen!, hatte Frank gemahnt. Außerdem wurde die Großmutter täglich unleidlicher, weil Frank ihr strenge Bettruhe verordnet hatte, und das seit über drei Wochen.
    »Ich bin doch keine bettlägerige Alte«, schleuderte sie dem Arzt Tag für Tag entgegen, aber Frank blieb stur. Mit der Gesundheit dürfe man nicht spaßen, erklärte er stets geduldig. Sie habe einen Zusammenbruch gehabt, und den gelte es gänzlich auszukurieren. Also fügte Kate sich schweren Herzens seinen Anweisungen.
    Sie erholte sich zusehends, bis zu dem Tag, an dem Emma ihr ein Päckchen mit alten Briefen gab, das Fred geschickt hatte. Als sie das erste der Schreiben las, wurde Kate bleich.
    »Kate, lies doch diese Briefe nicht! Sie regen dich viel zu sehr auf«, bat Emma sie besorgt.
    Ihre Großmutter versprach es und bat um eine warme Mahlzeit.
    Merkwürdig, wir haben heute doch bereits zu Mittag gegessen, und zweimal am Tag isst Kate eigentlich nie warm!, dachte Emma und begriff, dass ihre Großmutter nur einen Vorwand gesucht hatte, um sie aus dem Zimmer zu schicken.
    Auf dem Weg zur Küche hörte Emma das Telefon klingeln. Hoffentlich ist es nicht Harry, dachte sie, denn sie war es so leid, ihm vorzugaukeln, dass alles in Ordnung sei. Wenn er doch bloß zurückkäme und ich ihm sagen könnte, dass ich die Scheidung will, dachte Emma. Kaum dass sie sich gemeldet hatte, begann eine offensichtlich betrunkene Frau am anderen Ende der Leitung zu pöbeln: »Du dummes Gör. Bilde dir bloß nichts ein, weil er dich geheiratet hat! Du bist nur ein Mittel zum Zweck. Er will deine Knete, sonst nichts! Willst du wissen, wo er steckt? Bei mir Schätzchen! Ich will dich treffen, du Schlampe!«
    Emma überlegte kurz, ob sie ihr mit der Polizei drohen solle, aber dann bot sie ihr zum Schein ein Treffen an. »Wo kann ich Sie denn finden?«, fragte sie, bemüht, gefasst zu klingen.
    Die Betrunkene lallte noch »Hotel Rota ...«, bevor das Gespräch abrupt unterbrochen wurde.
    Mit klopfendem Herzen ließ sich Emma auf einen Stuhl fallen. In was bin ich da bloß hineingeraten?, fragte sie sich. Vielleicht ist er wirklich ein Heiratsschwindler, der nur an mein Geld will. Noch bin ich eine reiche Erbin, und er ist mein Mann ... Je mehr sie darüber nachdachte, desto bewusster wurde ihr, dass sie Kates Genesung nicht abwarten durfte. Sie würde so schnell wie möglich Derek Franklin, den Nachfolger des alten Anwalts Jonathan Franklin, aufsuchen, um die Scheidung einzureichen.
    Was ihr allerdings wesentlich mehr Sorge bereitete als die bevorstehende Scheidung war, die Tatsache, dass ihre Regelblutung ausgeblieben war.

 
Dunedin, im Juni 1962
 
    An diesem Morgen fand Emma ihre Großmutter angestrengt lesend vor. Sie war so vertieft in die Briefe aus dem Nachlass von Jane, dass sie nicht einmal aufsah, als ihre Enkelin ins Zimmer trat.
    »Hast du etwa die ganze Nacht gelesen?«, fragte Emma vorwurfsvoll.
    Kate nickte betreten. »Setz dich!«, sagte sie heiser. Dann deutete sie auf die über die ganze Bettdecke verstreuten Briefe.
    »Ich habe eine unangenehme Nachricht für dich. Es geht um deinen Mann. Er ...«
    Emma zuckte unmerklich zusammen. Dein Mann? Wie sich das anhört, durchfuhr es sie eiskalt.
    »Du brauchst keine Rücksicht zu nehmen. Was hast du über ihn herausgefunden?«
    »Meine Nase hat mich nicht getäuscht«, flüsterte Kate. »Dein Harry ist kein Geringerer als der Sohn meines Stiefsohnes Walter McLean.«
    Emma blickte ihre Großmutter verwirrt an. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Walter hat einen unehelichen Sohn mit einer Stella Holden. Der Sohn heißt Harry. Die Mutter ist früh gestorben, und Harry ist bei Walter aufgewachsen, der übrigens mehr oder minder von der Wohlfahrt gelebt hat. Lieber Gott, ich habe geahnt, dass er etwas im Schilde führt!«
    »Gut, er hat uns belogen, was seine Herkunft angeht, aber warum soll er etwas im Schilde führen, nur, weil er der Sohn von diesem Walter

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