Der Fluch der Maorifrau
Pusteln in ihrem Ausschnitt bildeten. Sie kannte das schon von den Schulprüfungen. Immer dasselbe. Jedes Mal war ihr Ausschnitt von Pickeln übersät gewesen.
Harry starrte angewidert auf ihr Dekollete. »Hast du eine ansteckende Krankheit?«, fragte er ohne eine Spur von Takt oder Mitgefühl.
Sie schüttelte betreten den Kopf.
»Dann tu endlich, was ich dir sage! Ich will dich ansehen.«
Emma missfiel sein Ton, doch sie tat, was er verlangte. Sie zog sich umständlich das weiße Cocktailkleid über den Kopf und blieb schüchtern im Unterrock vor ihm stehen. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte die Arme vor der Brust verschränkt.
»Worauf wartest du denn?«, fragte er streng. »Ich sagte: Zieh dich aus!«
Er ließ sie nicht aus den Augen, als sie sich nun wenig verführerisch aus dem Unterrock schälte.
Emma blickte ihn flehend an. Warum konnte er ihr nicht helfen oder ihr erlauben, sich unter die schützende Decke zu legen? Alles Prickeln und Kribbeln, das sie vorhin noch beim Gedanken an diesen Moment empfunden hatte, war dahin. Vielleicht wird mir so etwas später mal Spaß machen, wenn ich erst eine erfahrene Frau bin, dachte sie. Aber jetzt wünschte sie sich Liebesbezeugungen und zarte Hände, die ihr halfen, ihre Befangenheit zu verlieren.
Doch Harry stand nur da, die Pfeife in der Hand und einen arroganten Zug um den Mund. »Weiter!«, befahl er kalt.
Emma schämte sich, als sie die Seidenstrümpfe herunterrollte. Tränen standen ihr in den Augen. Leise flehte sie: »Bitte, hilf mir doch!«
Er lachte höhnisch. »Vielleicht hättest du doch lieber bei deiner Großmutter bleiben sollen. Du benimmst dich wie ein kleines verschrecktes Gör und nicht wie eine liebende Ehefrau. Jetzt den Büstenhalter! Ich will alles sehen.«
Mit zitternden Fingern öffnete sie den Verschluss und ließ den BH auf den Boden gleiten. Da trat Harry zu ihr und griff an ihre Brust.
Emma wich angesichts dieser harten, fordernden Geste zurück.
Es schien ihn zu erregen, denn er keuchte nur: »Alles!«
Emma gehorchte und zog auch die Unterhose aus. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete sie von allen Seiten. Er mustert mich wie ein neues Auto, schoss es ihr durch den Kopf. Dass er selbst immer noch vollständig angekleidet war, machte die Situation noch unerträglicher. Nun legte er wenigsten bedächtig seine Pfeife im Aschenbecher ab, schob Emma unsanft zum Bett und drückte sie darauf nieder. Als sie vor ihm auf dem Rücken lag, spreizte er ihre Schenkel und stöhnte: »Genauso liegen bleiben!«
Bei diesen Worten öffnete er seinen Hosenschlitz und stürzte sich auf Emma. Schon drang er in sie ein, so gewaltsam, dass sie kaum begriff, was ihr geschah. Sie schrie auf vor Schmerz. Den Rest erlebte sie wie einen bösen Traum. Er ächzte und keuchte, stieß brutal in sie hinein. Ohne Vorwarnung ließ er von ihr ab, packte sie grob, um sie mit einem einzigen Griff auf den Bauch zu drehen, und drang dann von hinten in sie ein. Emma fühlte sich einer Ohnmacht nah, aber er hörte nicht auf. Wieder drehte er sie auf den Rücken, legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie und machte weiter und weiter, bis er sich mit einem lauten Schrei in ihr entlud.
Emma war wie betäubt. Das war die Hölle, dachte sie und presste die Schenkel zusammen. Nicht nur ihr Herz war wund. Nicht weinen, nur nicht weinen!, sprach sie sich gut zu. Aber es fiel ihr schwer. Sie hatte Angst vor diesem Mann.
Harry würdigte sie keines Blickes. Er drehte ihr den Rücken zu und schlief sofort ein. Als sie ihn schnarchen hörte, richtete sie sich vorsichtig auf. Als sie Blut auf dem Laken erblickte, wurde ihr übel. Sie konnte sich gerade noch rechtzeitig zur Toilette schleppen. Als sie mit leerem Magen zurück in das Zimmer trat, nahm sie leise ihr Bettzeug und legte es auf das Sofa. Eines war ihr klar: Nie wieder würde sie mit diesem Mann das Bett teilen. Während sie sich auf dem unbequemen Möbelstück hin und her warf, wurde Emma schmerzlich bewusst, dass Kate Harry zu Recht misstraut hatte. Emma betrachtete die Ereignisse rückblickend. Wie ein Film lief alles vor ihrem inneren Auge ab, ein Film ohne rosaroten Filter: Harrys Verhalten Caren gegenüber, seine Sprüche über Kate, ja, sie war sich jetzt sicher: Wenn einer krank war, dann er!
Emma war so elend zumute wie schon lange nicht mehr. Was würde nun werden? Bevor sie eine Antwort fand, schlief sie vor Erschöpfung ein.
Portobello/Dunedin, 9. Mai 1962
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