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Der Fluch des Andvari (German Edition)

Der Fluch des Andvari (German Edition)

Titel: Der Fluch des Andvari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas W. Krüger
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Volvo.
    Ein Mann lief die Zufahrt hinauf. Es war Röwer.
    „Hannah!“, rief er.
    Sie ignorierte ihn, öffnete die Fahrertür.
    „Hannah!“ Er sprintete auf sie zu. „Warten Sie!“
    Unbeirrt stieg sie ein.
    Er hatte sie erreicht, riss die Tür wieder auf. „Wo wollen Sie hin?“
    „Weg von hier.“
    „Was ist auf dem Gehöft passiert?“, keuchte er.
    Überrascht starrte sie ihn an. „Woher wissen Sie davon?“
    „Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde Sie ohne Schutz lassen?“
    „Schutz?“, schimpfte sie. „Steinhagen wollte mich töten. Wissen Sie, was für eine Todesangst ich ausgestanden habe?“ Ihre Stimme vibrierte. „Ich war hilflos in diesem stickigen Raum. Und Sie sprechen von Schutz?“
    „Hannah, du hättest mir vertrauen sollen.“
    „Sie haben mich im Stich gelassen.“
    „Du hochnäsige Ziege“, erwiderte er verbittert. „Du hast mich belogen. Du bist diesen Mördern nachgeschlichen und hast dein Leben aufs Spiel gesetzt.“
    Tränen füllten ihre Augen. „Lassen Sie mich in Ruhe.“ Abrupt zog sie die Tür ins Schloss und startete den Motor.
    „Hannah!“, rief er, hämmerte gegen die Scheibe.
    Rigoros legte sie den Rückwärtsgang ein und gab Gas.
    „Du machst einen großen Fehler!“
    Sie ließ sich nicht aufhalten. Schon brauste sie auf das Tor zu.
    Röwer lief hinter dem Wagen her. „Hannah!“
    Verängstigt blickte Julia nach hinten.
    „Tut mir leid, mein Schatz“, versuchte Hannah, sie zu beruhigen. „Er kann uns nicht mehr helfen. Das müssen wir alleine durchstehen.“
    Das schmiedeeiserne Tor schwang auf. Nervös zuckte Hannahs Fuß auf dem Gaspedal. Als die Flügel weit genug geöffnet waren, fuhr sie an. Ein kurzer Blick nach links, dann zog sie den Volvo auf die Straße.
    „Wo fahren wir hin, Mama?“, fragte Julia leise.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Hannah aufgewühlt. „Wir suchen uns irgendwo ein Hotel. Ich brauch ein paar Stunden Schlaf.“
    Sie war völlig erschöpft und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ihre Augen brannten, ihr Atem ging heftig.
    „Von welchem Gehöft hat Jochen gesprochen?“, kam Julias nächste Frage. „Hast du Opa nicht helfen können?“
    Erneut traten ihr Tränen in die Augen. „Er hat uns alle verraten.“
    „Opa?“
    „Oh, Julia“, schluchzte sie, „wäre ich ihm doch nur nicht gefolgt.“
    „Gehört er zu den bösen Männern?“
    „Ich weiß es nicht. Ich weiß im Moment überhaupt nicht mehr, was ich glauben soll. Ich weiß nur, dass ich noch nie solch eine Angst um dich hatte. Ich hatte befürchtet, ich würde dich nie wieder sehen, mein Schatz.“
    „Die Männer wollten dich töten, Mama?“
    Hannah nickte stumm. Sie griff mit dem Arm nach ihrer Tochter und drückte sie fest an sich. Sie würde jetzt keinen Schritt mehr ohne sie machen.
    An der nächsten Kreuzung sah Hannah einen Hotelhinweis und folgte dem Pfeil. Es war ihr völlig egal, wie viele Sterne es besaß oder was es kostete. Es wäre in jedem Fall ausreichend für eine Nacht.
Montag, 1. Mai
    Hamburg, Villa Jenning.
    Der Kommissar hatte nur wenige Stunden geschlafen. Kurz nach Sonnenaufgang war er wieder erwacht, hatte sich geduscht und die Zeit mit Recherchen zugebracht. Er sichtete die Papiere, die Hannah vom Internet ausgedruckt hatte. Sie beschrieben vor allem Neumanns Forschungen und den geheimnisvollen, altertümlichen Kult um die Blutopfer. Ließen sich daraus neue Erkenntnisse gewinnen? Gab es Hinweise über weitere Verbindungen zwischen den Merowingern und der heutigen Mordserie? Röwer arbeitete fieberhaft, ohne jedoch auf bedeutsame Spuren zu stoßen.
    Erst zur Frühstückzeit ging er ins Esszimmer hinunter. Stimmen drangen durch die offene Tür. Jenning saß am Kopfende des langen Tisches, an der Schmalseite neben ihm seine Frau und ihr gegenüber Hansen.
    „Guten Morgen“, grüßte der Kommissar.
    Ein Hausmädchen schenkte soeben den Kaffee aus.
    „Guten Morgen, mein lieber Freund“, erwiderte Jenning und erhob sich. „Kommen Sie und setzen Sie sich.“
    Diese unerwartete Herzlichkeit überraschte Röwer.
    „Ihr beide kennt euch noch nicht?“, fuhr Jenning fort und wies auf den Mann an der Schmalseite des Tisches.
    „Nein“, log der Kommissar.
    Es folgte eine förmliche Vorstellung; keine Anspielung auf das Treffen vergangene Nacht. Schließlich setzte sich Röwer neben Hansen. Er nahm sich ein Brötchen und köpfte das Ei. Während er aß, sah er aufmerksam in die Runde. Eisiges Schweigen hatte sich mit einem Mal

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