Der Fluch des Andvari (German Edition)
„Ein geschickt inszenierter Autounfall oder …“
„Darauf versteht Ihr Geheimbündler euch ja besonders gut“, unterbrach Röwer sarkastisch. „Sie haben sich schuldig gemacht, das wissen Sie. Sie haben zugelassen, dass wieder eine Frau getötet wurde.“
„Hören Sie auf mit diesem sentimentalen Quatsch“, wehrte Hansen mürrisch ab. „Ich hatte angenommen, Sie hätten mittlerweile das Ausmaß der Verschwörung begriffen.“
Der Kommissar konterte bissig: „Sie haben jahrelang nur zugeschaut, Sie und Ihre Wächterkumpanen. Sie wollen die Menschen beschützen? Das Gegenteil tun Sie.“
„Sie haben doch nicht die geringste Ahnung, wovon ich rede.“
Seine Ignoranz ärgerte Röwer in höchstem Maße. „Ich habe keine Zeit, mich mit Ihnen zu streiten. Sagen Sie mir, wo Frau Jenning ist?“
„Sie ist der Skrupellosigkeit der Männer genauso wenig gewachsen wie Sie.“
„Wo ist sie?“, schrie er.
„Sie ist dem Orden direkt in die Arme gelaufen, aber ich konnte sie glücklicherweise befreien.“
„Und wo ist sie jetzt?“
„Was glauben Sie denn?“, erwiderte Hansen provokativ.
Der Kommissar überlegte. Wenn sie die Wahrheit über ihren Vater herausgefunden hatte, dann würde sie - er dachte den Gedanken nicht zu Ende. „Um Himmels Willen.“
„Fahren Sie nach Hamburg zurück und sorgen Sie dafür, dass sie nicht den nächsten Fehler begeht.“
Röwers Gedanken überschlugen sich. Was hatte sie vor? Hatte sie bereits eine Konfrontation mit ihrem Vater auf dem Gehöft gehabt? Oder würde sie ihn in der Villa zur Rede stellen?
„Beschützen Sie Hannah vor den Männern des Ordens und besonders vor Steinhagen“, ergänzte Hansen.
„Darauf können Sie sich verlassen“, entgegnete Röwer selbstbewusst.
Ein verschmitztes Lächeln zeichnete Hansens Gesicht. „Sie lieben Hannah, nicht wahr?“
„Eifersüchtig?“, konterte der Kommissar listig.
Hansens Grinsen verstärkte sich. „Denken Sie nur nicht, dass ich mich davon beeindrucken lasse. Noch hat sie sich nicht entschieden. Ich werde das meine tun, um sie vor dem Orden zu schützen. Bevor die Gefahr nicht gebannt ist, wird sich Hannah sowie nicht entscheiden. Ihr Herz gilt in erster Linie ihrer Tochter und ihrem Vater.“
„Sie müssen es ja wissen“, kommentierte er trocken.
Der Kommissar wusste von dem Techtelmechtel der beiden, Beate hatte ihm davon erzählt.
„Jetzt verschwinden Sie endlich, bevor noch ein größeres Unglück geschieht“, forderte Hansen.
„Und was machen Sie?“
„Ich kümmere mich um Ihren toten Kollegen. Publicity können wir uns beide nicht leisten. Geben Sie mir Ihre Handynummer, damit ich Sie morgen früh kontaktieren kann.“
Röwer gab ihm seine Karte, bevor er zu seinem Wagen eilte. Er war froh, dass sich der Informant endlich zu erkennen gegeben hatte. Aber seine Gedanken galten nun Hannah. Der Frau, die er begehrte und die sich in akuter Lebensgefahr befand.
Mit Höchstgeschwindigkeit brauste Hannah durch die Hamburger Innenstadt, ließ alle Verkehrsregeln außer Acht. In einer verkehrsberuhigten Zone wurde sie sogar geblitzt, aber das interessierte sie nicht. Ihre Sorge galt einzig ihrer Tochter. Nicht eine Minute länger sollte das Mädchen im Haus eines Mörders zubringen.
Endlich hatte Hannah das elterliche Grundstück an der Außen Alster erreicht. Nur das Wachpersonal war noch auf. Ansonsten war es still in der Villa. Mit schnellen Schritten eilte Hannah durch die Halle und stieg ins Obergeschoß hinauf. Sie vermied es, Licht zu machen, und verhielt sich so leise wie möglich, als sie den Korridor betrat. Sie wollte niemanden wecken, vor allem Röwer nicht. Um ihn tat es ihr am meisten Leid, aber sie konnte jetzt nicht mit ihm reden.
Achtsam öffnete Hannah die Tür zu Julias Zimmer und ging hinein. Sie schaltete die Stehlampe am Sofa an. Das Mädchen schlief friedlich in seinem Bett. Hannah blieb keine Wahl. Sanft weckte sie ihre Tochter.
Verschlafen sah Julia sie an. „Mama?“
„Leise, mein Schatz. Komm, zieh dich an“, flüsterte sie.
„Wieso?“, fragte sie verwirrt.
„Das erzähle ich dir später. Wir müssen weg.“
„Sind die bösen Männer hier?“
Hannah reichte Julia Hose und Pullover. „Ja, sie sind hinter mir her.“
Ihre Tochter begriff die Gefahr. In drei Minuten war sie angezogen. Währenddessen hatte Hannah einige Kleidungsstücke und Utensilien eingepackt. Leise schlichen sie in die Halle hinunter, überquerten den Vorplatz, stiegen in den
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