Der Fluch Des Bierzauberers
waren. Aus einem hatten zwei Landsknechte sich die Krüge gefüllt und tranken, als gäbe es kein Morgen mehr. In dem zweiten steckte kopfüber eine Frau, die gerade von einem Soldaten geschändet wurde. Sie strampelte vergeblich mit den Beinen, die Hände zuckten im Todeskampf, während der Soldat, der seinen Rock hochgebunden hatte, damit er mit einer Hand den Haarschopf des Mädchens ergreifen und ihren Kopf im Bier untertauchen konnte, immer wieder mit den Lenden zustieß, bis er erleichtert aufgrunzte und von seinem Opfer abließ. Die beiden anderen Soldaten standen lachend daneben, und machten sich sogleich nacheinander über die bereits Tote her. Voller Abscheu passierte Magdalena die albtraumhafte Szene, indes, es wurde nicht besser. Überall Entsetzen, Mord, Vergewaltigung und Totschlag. Tillys Soldaten nutzten den Freibrief zur Plünderung, den ihnen ihr General zugesagt hatte, weidlich aus.
Während der metallische Geruch von frisch vergossenem Blut durch die Luft waberte, wurden die Bürger aus ihren Häusern getrieben, auf Böcke gebunden und so lange mit Messern und mit brennenden Pechfackeln gefoltert, bis sie auch ihre letzten Geldverstecke preisgaben. Alle Frauen, egal ob blutjung oder steinalt, derer die Soldaten habhaft werden konnten, wurden vergewaltigt und geschändet, viele bis zum Tod. Und sogar vor den Toten kannte der Furor vieler Soldaten keine Gnade.
Die Soldaten machten auch vor kleinen Kindern und Säuglingen nicht halt. Sie hielten sie in den Armen und ermordeten sie auf grausamste Art und Weise, durchtrennten ihre Körper mit ihren Schwertern oder schlugen einfach ihre Köpfe gegen Hauswände oder Treppenstufen bis sie tot waren.
Mittlerweile war an verschiedenen Stellen Feuer ausgebrochen, was die Dramatik der höllischen Kulisse noch steigerte. Aus dem Pulverhof war das Explodieren der dort gelagerten Munition zu hören. Leichen trieben die Kanäle hinunter in die Elbe und stauten sich am Pfeiler der Holzmarschbrücke und der Zugbrücke. Der große Fluss begann sich rot zu färben.
Magdalena hatte in einem bereits leeren und geplünderten Haus eine schöne, massive, silberne Gürtelschnalle gefunden, die von den ersten einfallenden Plünderern entweder übersehen oder verloren worden war und sie sofort in ihrem Leintuch verstaut. Mittlerweile hatte sie sich bis zur Kirche St. Ulrich im Zentrum der Altstadt vorgearbeitet. Eine prallvolle Geldkatze war dort hinzugekommen, die Johannes ihr zugeworfen hatte. Er zog gerade sein Schwert aus dem blutigen Bauch eines wohlbeleibten, gut gekleideten, aber nun mausetoten Bürgers. »Der braucht sein Geld nimmer!«, schrie er dabei lauthals. Trotz des Infernos um ihn herum wirkte er geradezu fröhlich. Die Frauen von Tillys Soldaten waren mit farbigen Tüchern gekennzeichnet, damit sie nicht aus Versehen geschändet oder gemordet wurden. Viele von ihnen arbeiteten Hand in Hand mit ihren Männern wie eine eingespielte Bande.
So auch Johannes und Magdalena. Wenn er mit seiner Frau beim Plündern war, gab es nur selten Missverständnisse, eher eine traumwandlerische Zusammenarbeit. Aber heute war offensichtlich, dass Johannes mehr wollte. Seine Augen hatten einen blutrünstigen Ausdruck, den Magdalena so noch niemals bei ihm gesehen hatte. Sie hatte genug und wollte nur raus aus der Stadt. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich erst wieder im Lager träfen. So winkte sie ihm zu, drehte sich um und machte sich auf den Weg Richtung Stadttor. Daher sah sie nicht, wie Johannes nur eine Minute später den Nimbus der ›Gefrorenheit‹ verlor. Eine verirrte Musketenkugel riss ihm das halbe Gesicht weg und kurz darauf wurde er selbst zum Opfer von Leichenfledderern aus dem eigenen Lager.
Auf ihrem Weg hinaus aus dieser Apokalypse ging sie erneut durch das Krockentor. Dabei passierte sie wieder das Brauhaus. Die zwei Fässer standen immer noch davor. Aber nun staken aus beiden die nackten Beine zweier bedauernswerter Magdeburger Mädchen wie Mahnmale heraus. Lediglich ein in Bier ertränktes Opfer hatte den Soldaten nicht genügt. Magdalena hatte Mitleid mit den beiden, ging zu ihnen hin und zog die außen an den Fässern herunterhängenden Röcke zumindest so weit hinauf, um wenigstens die Blöße zwischen den Beinen zu bedecken. »Hoffentlich wird mir einst ein gnädigerer Tod zuteil«, murmelte sie dabei und schickte gleich noch ein Stoßgebet zum Himmel.
Das Tor zum Brauhaus stand halb offen, so ging sie hinein. Tillys Mannen
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