Der Fluch des Denver Kristoff
dass Cordelia ihn ängstlich festhielt, damit er nicht abstürzte. Will schirmte mit einer Hand die Augen ab und drehte seinen Kopf von rechts nach links um hundertachtzig Grad, um möglichst weit zu sehen … doch das erdrückende grüne Blätterdach blieb undurchdringlich.
»Das können wir vergessen.« Er zog sich wieder zurück. »Weit und breit kein Zeichen von Zivilisation. Ich fürchte, uns bleibt wirklich nichts anderes übrig, als abzuwarten, wo er uns hinbringt, wie Cordelia vorgeschlagen hat.«
Brendan verdrehte die Augen. Seine Schwester strahlte.
»Ich mag auch noch mal sehen«, drängelte Eleanor und übernahm Wills Fensterplatz. Sie fand es toll hier oben, viel besser, als im Wald herumzusitzen und auf Wölfe zu warten. Fasziniert sah sie an dem Koloss hinunter in die Tiefe. Sie hatte beschlossen, keine Angst vor ihm zu haben; insgeheim hatte sie ihrem neuen Freund sogar einen Namen gegeben: ›Dick Jagger‹ – schließlich hatte er nichts Böses getan, noch nicht. Plötzlich erzitterte das Haus und sie kamen mit einem Ruck zum Stillstand.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragte Cordelia.
»Ich weiß nicht …«
Dick Jagger war stehen geblieben. Eleanor beobachtete, wie er die linke Hand zum Mund führte. Zwischen seinem Riesenzeigefinger und dem Daumen zappelte etwas. Es krümmte sich, dann hörte sie es summen. »Iih, eine Libelle!«, kreischte Eleanor und im nächsten Moment hatte der Koloss sich das Vieh schon in den Mund gesteckt und verschlang es genüsslich. Das Insekt zerplatzte und seine Säfte spritzten über die Baumkronen.
»Ein Vegetarier ist er jedenfalls nicht! Das ist ein Fleischfresser!« Eleanor sprang vom Fenster zurück. »Bren hatte recht! Der Riese bringt uns irgendwohin, wo er uns in Ruhe verspeisen kann! Wenn er Insekten mag, sind wir für ihn das reinste Festmahl!«
»Wie saftige Ananas im Schinkenmantel!«, sagte Brendan. »Leute, wir müssen was unternehmen!«
»Zu dumm, dass wir keine Granate mehr haben«, ätzte Cordelia mit einem schiefen Seitenblick auf Brendan, während Eleanor bereits hinunter in die Küche lief. Als sie zurückkam, schwenkte sie triumphierend ein in Plastik eingeschweißtes Stück Fleisch.
»Nell, was hast du da?«, fragte Brendan.
»Schweinefilet. Aus dem Gefrierschrank.«
»Der Gefrierschrank funktioniert schon seit zwei Tagen nicht mehr. Das Zeug ist verdorben!«
»Na und? Er hat doch auch eine Libelle gegessen!«
Eleanor ging zum Fenster und wickelte das Schweinefilet aus seiner Verpackung. Ein unappetitlicher, süßlicher Geruch strömte durchs Zimmer. Sie rief, so laut sie konnte: »Hallo! Herr Koloss! Schau mal hier!«
Der Riese drehte den Kopf. Zum ersten Mal konnten Will und die Walkers ihm länger ins Gesicht sehen. Er erinnerte sie total an die obdachlosen Kriegsveteranen, die sie immer in der Innenstadt von San Francisco gesehen hatten: mit tief eingegrabenen Falten um die traurigen, blutunterlaufenen Augen.
»Probier mal das hier! Schönen Gruß von den Walkers!«
Eleanor schleudert das Stück Fleisch aus dem Fenster. Es schlingerte durch die Luft und landete direkt in Dick Jaggers weit aufgerissenem Mund.
»Gut gemacht!«, schrie Eleanor hinunter. »Willst du noch mehr?«
Der Koloss nickte, dabei wackelte sein ganzer Arm (und damit auch das Haus). Eleanor flitzte aus dem Zimmer. »Gleich gibt’s Nachschub!«
»Nell, warte, ich glaube, das ist keine gute Idee – du weißt doch, man darf selbst Bären nicht füttern«, rief Brendan ihr hinterher, doch seine kleine Schwester kam schon mit einer aufgetauten Packung Tiefkühlfisch zurück. Sie lehnte sich aus dem Fenster und ließ die gelb panierten Lappen in Dick Jaggers erwartungsvoll geöffneten Schlund segeln.
»Das ist von den Walkers! Wal-kers, hörst du? Wir sind deine Freunde!« Sie umschmeichelte ihn weiter mit den süßesten Nettigkeiten – dann erstarrte sie plötzlich. »Oh-oh! Leute? Das solltet ihr euch echt ansehen.«
Die anderen drängten sich zu ihr ans Fenster. Dick Jagger hatte aufgehört zu kauen. Er hielt eine riesige geballte Faust vor sein Gesicht und ließ seine mächtigen Knöchel laut knacken, einen nach dem anderen. Dabei starrte er reglos nach vorn … auf einen anderen Koloss, der mit großen Schritten durch den Wald geradewegs auf sie zulief.
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G laubt ihr, er will unserem Riesen das Essen wegnehmen?«, fragte Eleanor.
»Ich glaube eher, er hat es auf seinen Kopf abgesehen!«, sagte Brendan.
Im Gegensatz zu ihrem eher
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