Der Fluch des Denver Kristoff
Brendan aus dem Wald. Er sah entgeistert an der riesigen Gestalt hoch, erblickte Cordelia und Will auf der Veranda der Villa und rannte blindlings weiter. Dass das Monster ihn mit einem Schritt hätte zermalmen können, war ihm egal – er wollte auf keinen Fall riskieren, noch einmal von seiner Familie getrennt zu sein.
»Grrrrr?« Das Geräusch über ihm hörte sich an, als würde eine riesige Maschinerie in Gang gesetzt. Im nächsten Moment hob der Koloss einen Fuß …
Doch bevor er ihn wieder absetzen konnte, hatte Brendan schon die Veranda erreicht und flüchtete mit Cordelia und Will ins Haus.
»Bren! Wo warst du?«
RUMMMS!
Draußen gab es einen dumpfen Aufprall. Der Fuß des Kolosses ließ die Erde in weitem Umkreis erzittern.
»Es tut mir so leid!«, sagte Brendan. »Ich habe ein bisschen mit der Granate herumgespielt und da …«
»Herumgespielt? Du hast sie gezündet!«, brüllte Will außer sich, während draußen eine riesige Hand auf den Boden schlug und ihr Schatten die Eingangshalle verdunkelte.
»Es tut mir leid«, wiederholte Brendan. »Aber das wollte ich schon immer mal …«
»Ich hoffe, du hast sie wenigstens für etwas gebraucht, das uns nützen kann«, knurrte Will.
»Nicht ganz«, gestand Brendan zerknirscht. »Ich wollte eigentlich nur sehen, ob ich damit ein großes Loch in die Felswand sprengen kann.«
»Du hast eine vollkommen funktionstüchtige Granate verschwendet, nur um eine Explosion zu sehen?«
»So ungefähr, ja.«
»Bren!«, zischte Cordelia. »Diese Granate hätte vielleicht den Koloss vor unserer Haustür aufhalten können!«
Bevor Brendan ihnen erzählen konnte, was er in dem Felsloch gefunden hatte, erschütterte ein Rumpeln die Grundmauern des Hauses und brachte sie alle aus dem Gleichgewicht. Wie bei einem Erdbeben wackelte und zitterte alles, dann kippte der Fußboden der Villa plötzlich in eine Schieflage. Brendan, Cordelia und Will versuchten, sich, so gut es eben ging, auf den Beinen zu halten. Sie kamen sich vor wie auf einer Wippe, die von etwas Schwerem auf der anderen Seite nach unten gedrückt wurde.
»Was ist hier los?«, schrie Will. Er und Cordelia suchten Halt an der Wand, während Brendan hilflos quer durch die Eingangshalle schlitterte.
»Das ist der Koloss aus diesem Buch, Die wilden Horden! Er hebt das Haus von der Ecke da an!«, rief Brendan und zeigte auf die erhobene Hausecke, während Tischtrümmer, zerbrochene Vasen und Bücher an ihm vorbeirutschten.
»Nell!«, rief Cordelia. »Falls du noch im Aufzug steckst … komm sofort raus!«
Von Eleanor kam keine Antwort. Cordelia streckte plötzlich Hilfe suchend die Hand nach Will aus, sie konnten sich bei der extremen Steillage kaum noch halten und drohten, Richtung Küche abzurutschen. Brendan befürchtete, dass sie alle abstürzen würden, wenn das so weiterging wie in Castlevania, diesem uralten Videospiel. Umso erleichterter war er, als das Haus plötzlich wieder in seine alte Ausgangslage zurückkippte. Sie hatten eine kurze Verschnaufpause, dann neigte sich das Haus wieder, diesmal in die andere Richtung!
»Ich muss nachsehen, was das soll!«, rief Brendan. Er fühlte sich so schrecklich schuldig und diese Schuldgefühle waren größer als seine Angst. Sie trieben ihn vor, bis zur Haustür.
»Bren, bleib hier! Das ist viel zu gefährlich!«, schrie Cordelia, doch er war schon aus der Tür.
Draußen blieb Brendan wie angewurzelt stehen. Wo war der Wald? Anstelle der gekappten Bäume sah er vor sich die Hand des Kolosses. Das, was ihnen vorhin die Sicht genommen hatte, war gar keine Wand, sondern die rissige, ledrige Haut seiner Riesenfinger.
Brendan stürmte los wie ein wild gewordener Stier und sprang mit beiden Füßen dagegen.
»Hör auf!«, schrie Cordelia, die ihn mit Will inzwischen von der Haustür aus beobachtete – Brendan prallte ab und fiel zurück auf die Handfläche des Kolosses.
»Ich muss ihn doch irgendwie dazu bringen, dass er uns absetzt!«, rief er Cordelia zu. Als hätte er den Tritt gespürt, spreizte der Riese leicht die Finger.
Cordelia schnappte nach Luft. Zwischen seinen Fingern schimmerte heller blauer Himmel. Brendan kroch vorsichtig ein Stück näher heran und spähte durch die Lücke – die Bäume waren doch noch da, er sah ihre Baumkronen. Unter sich.
33
H allo! Hier oben!«, rief plötzlich eine Stimme und Brendan, Cordelia und Will sahen, wie Eleanor sich aus einem Fenster im zweiten Stock beugte. »Habt ihr auch schon gemerkt, dass uns
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