Der Fluch des Florentiners
bei Christie ’ s in London. Und ihm war klar geworden, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Florentiner, dem Buchmanuskript und diesem Schatz – und damit auch einen Zusammenhang zwischen den beiden Sancys und dem Florentiner gab.
Plötzlich sah er vieles in einem anderen Licht, er begriff vieles: Der Scheißkerl Roundell wollte ihn aufs Kreuz legen! Da lief ein wahnwitziges Ding ab. Hier ging es nicht um schnöde Diamanten, die später an die Versicherungsgesellschaften verkauft werden sollten. Es ging es um viel mehr! Roundell hatte ihm lediglich gesagt, dass diese drei Diamanten einen enormen Wert hätten, weil sie früher einmal zusammengehört hatten. Aber das war wohl nur die halbe Wahrheit gewesen. Er erkannte, dass er mit Cathrine de Vries völlig unerwartet einen Joker in der Hand hielt. Mit ihr als Geisel würde e r v on Marie-Claire de Vries all das bekommen, was Roundell brauchte: das Buchmanuskript – und die geheimen Unterlagen über diese Auktion bei Christie ’ s vor so vielen Jahren. Jene Unterlagen, aus denen offensichtlich hervorging, wer den Florentiner-Diamanten jetzt besaß. Die beiden Sancy -D iamanten hatte er bereits. Sie lagen im Wohnzimmer nebenan in einem Aquarium im Sand versteckt. Wie zwei kleine, glitzernde, von Goldfischen bewachte Kieselsteinchen sahen sie aus. Bislang waren sie nur ein paar Millionen Euro wert gewesen. Jetzt aber ging es um einen Schatz – um unvorstellbaren Reichtum! Und jetzt war er, Abdel Rahman, mit von der Partie! Roundell hatte keine andere Chance. Was immer das für ein legendärer Schatz war, um den es hier ging, ohne ihn würde Roundell diesen Coup nicht durchziehen können. Wenn Marie-Claire de Vries morgen käme und diese Unterlagen mitbringen würde, wäre man dem Besitzer des Florentiners einen entscheidenden Schritt näher. Und damit dem Schatz. Er aber hatte die beiden Sancys. Wenn, wie Cathrine de Vries es so dahingeplappert hatte, alle drei Edelsteine zum Öffnen der Statue erforderlich waren, kam Roundell jetzt nicht mehr an ihm vorbei. Roundell war zwar der Einzige, der offensichtlich wusste, wo diese Statue sich befand, aber ohne die beiden Sancys lief nichts. Und wo die versteckt waren, wusste Roundell nicht!
Abdel Rahman lächelte süffisant vor sich hin. Die war wirklich zu dämlich, diese Cathrine de Vries! Eine von diesen frustrierten und nicht ausgelasteten Huren, die zu Hause einen stinkreichen Mann sitzen haben, sich aber von anderen Männern vögeln lassen und dann anfangen zu plappern. In dem Moment, als er erkannte, was er mit Cathrine de Vries in der Hand hatte, in diesem Moment hatte er entschieden, Cathrin e d e Vries nach Marrakesch zu locken und sie dann als Geisel festzuhalten. Es war ihm danach nicht sonderlich schwer gefallen, sie die ganze Nacht hindurch zu verwöhnen, den zärtlichen, einfühlsamen und vernarrten Liebhaber zu spielen. Einer, der davon träumt, sie als Frau zu haben. Für immer und ewig. Und sie hatte ihm das tatsächlich abgenommen. Eine Nacht hatte er gebraucht, um sie dazu zu kriegen, mit ihm nach Marrakesch zu fliegen. Mit völlig verklärtem Blick war sie nach Hause gefahren, hatte Pass, Geld, Kreditkarten und ein paar Kleider eingepackt und war mitgekommen. Doch wie hatte sie dann geschrien und um sich geschlagen, als er ihr hier in der Wohnung die Wahrheit gesagt hatte. Und die Wahrheit war sehr einfach: Entweder Marie-Claire schaffte dieses Buchmanuskript und die geheimen Unterlagen aus dem Christie ’ s-Archiv heran, oder ihre Zwillingsschwester würde sterben! Genau das hatte Cathrine de Vries ihre Schwester am Handy wissen lassen. Jetzt lag sie oben im Zimmer und schlief. Er hatte sie am Bett festgebunden und mit einem Betäubungsmittel in Tiefschlaf versetzt. Abdel Rahman fragte sich, ob Marie-Claire tun würde, was er von ihr verlangte. Oder war sie cleverer als ihre Schwester, die offensichtlich glaubte, sie würde Marrakesch jemals wieder lebend verlassen? Cathrine glaubte das wirklich und war sich absolut sicher, dass Marie-Claire seinen Forderungen nachkommen würde.
» Meine Schwester liebt mich – sie würde alles tun, um mir zu helfen! Wir sind Zwillingsschwestern «, hatte sie geschluchzt.
Abdel Rahman schaute noch einmal aus dem Fenster. Draußen vor dem Haus war nach wie vor alles ruhig. Der Abendhimmel war von den Lichtern der nahen Stadt erhellt. Es erinnerte ih n d aran, dass er heute einen Zettel im Postfach gefunden hatte. Die Verwaltung des Reitclubs teilte darin mit,
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