Der Fluch des Florentiners
die Bundesstraße führte, errichtet. Zwei Nagelbretter lagen quer versetzt über der Straße. Die beiden Polizeifahrzeuge standen kurz dahinter nebeneinander auf der Fahrbahn. Zwei Polizisten standen einige Meter seitlich von den Fahrzeugen entfernt hinter Bäumen. Sie hielten MP-5 -M aschinenpistolen im Anschlag. Die beiden Kriminalbeamten hatten sich hinter einem Felsbrocken neben der Straße geduckt. Auch sie waren schwer bewaffnet. Gebannt starrten alle vier in den Wald hinein.
» Die können noch nicht unten sein «, murmelte Oberkommissar Sauer seinem Kollegen zu. » Von Schloss Hohenstein bis zu dieser Abzweigung braucht man mindestens fünfunddreißig Minuten. Ich bin die Strecke schon oft gefahren. «
Während er es sagte, hoffte er insgeheim, dass das alarmierte Sondereinsatzkommando noch rechtzeitig eintreffen würde. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass vier Beamte zu wenige waren, um diese Männer zu stoppen. Soeben wollte er weitere Anweisungen geben, als das Dröhnen von Fahrzeugmotoren aus dem Wald heraus zu ihnen herabhallte. Reifen quietschten.
» Sie kommen! «, brüllte er den anderen Polizisten zu. Hektisch entsicherte er seine Waffe, richtete sie mit gestreckte n A rmen in Kombattstellung auf das, was da jeden Augenblick um die Kurve aus dem Wald herauskommen würde: zwei Fahrzeuge mit Männern, die Freiherr von Hohenstein beraubt hatten. Männer, Araber, die skrupellos und bewaffnet waren …
F reiherr Georg von Hohenstein saß im Schlafanzug in seinem Range Rover. Neben ihm auf dem Beifahrersitz lagen eine Schrotflinte und ein großkalibriges Jagdgewehr mit Zielfernrohr. Im Schoß lag ein Trommelrevolver. Der Motor des Achtzylinders heulte auf. Mit quietschenden Reifen schoss der Geländewagen aus dem Innenhof des Schlosses. Die Augen des Vierzigjährigen glänzten unnatürlich. Er zitterte am ganzen Leib.
» Ich bringe euch um «, schrie er aus dem geöffneten Seitenfenster hinaus und raste talwärts, den Fluchtfahrzeugen hinterher. Die Reifenspuren auf der nassen Fahrbahn zeigten ihm, dass die Araber über die kleine Privatstraße, die durch die Wälder ins Tal führten, geflohen waren. Nervös fingerte er nach der 44er Magnum zwischen seinen Oberschenkeln. Sein Vater hatte ihm die Waffe geschenkt. Sie war extrem schwer, klobig und unhandlich. Sechs Patronen waren in den Kammern der Trommel. Jedes dieser Projektile war tödlich. Fast egal, wie und wo man traf.
Wer mit solcher Munition schoss, wollte töten. Und genau das wollte er! Er wollte – und er musste töten! Den einen dieser Männer, der ihn die erniedrigendsten Momente seines Lebens hatte erleben lassen. Momente, die er nie würde vergessen können. Und Klara? Wie würde sie das Geschehene jemals verkraften können? Den Überfall würde sie vielleicht verdrängen können, aber was dann geschehen war, als die dre i M änner hinunter in den Keller gegangen waren und den Schmächtigen zurückgelassen hatten, um auf sie aufzupassen, nein, das würde Klara niemals vergessen. Wie tot hatte sie auf dem Bett gelegen und nicht reagiert, als er davonstürzte. Dafür würde er ihn umbringen. Wenn er ihn kriegte.
D er Range Rover raste durch ein idyllisches Tal. Freiherr Georg von Hohenstein merkte, dass er zu schnell fuhr. Die Novembersonne stand milchig-gelb über den bewaldeten Hügeln vor ihm und blendete ihn. Morgentau, Laub und Lehm machten den Asphalt zu einer glitschigen Rutschbahn. Er wusste, dass er den schweren Geländewagen nicht halten konnte, wenn dieser seitlich ausbrach. Ein Reh wechselte plötzlich nur wenige Meter vor ihm von rechts aus dem Wald kommend in das Dickicht der anderen Straßenseite. Es war ein sehr junges Tier. Es verharrte für Momente, hatte panische Angst, starrte mit seinen wunderschönen, dunklen Augen zu ihm ins Fahrzeug hinein.
Es war der gleiche Augenausdruck, den Klara gehabt hatte, als der kleine Araber, kaum dass die anderen das Zimmer verlassen hatten, sie vergewaltigt hatte. Ihre Seele hatte aus ihren Augen herausgeschrien.
Als er den gequälten Augenausdruck seiner Frau, das schmerzerfüllte Gesicht von Klara nicht mehr hatte sehen können, hatte er die Augen geschlossen und hemmungslos geweint. Er wäre in diesem Moment am liebsten gestorben, weil er ahnte, dass es nach diesem Tag keine Zukunft mehr für ihn und Klara geben konnte. Ein einziger Gedanke hielt ihn am Leben. Rache! Denn plötzlich war ihm durch den Kopf geschossen, dass der Araber die Sprengladung in Klaras Slip
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