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Der Fluch des Florentiners

Der Fluch des Florentiners

Titel: Der Fluch des Florentiners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ackermann
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auch Nerven gekostet. Die Waffe in so viele Einzelteile zu zerlegen, dass jedes Teil für sich völlig nichts sagend war, hatte eine echte Herausforderung dargestellt. Er hatte das Problem mit Hilfe eines Jagdfarmers in Namibia gelöst, bei dem er schon mehrfach als Jagdgast gewesen war. In Namibia wurde mit solchen Waffen gejagt. Ansonsten war ein solches Gerät als Jagdwaffe überall auf der Welt entweder verboten oder verpönt. Er selbst hatte auch lange Zeit Ressentiments gehabt. Dann aber , während eines Aufenthalts in Namibia, war die Ablehnung in grenzenlose Begeisterung umgeschlagen. Pieter, der Besitzer der Jagdfarm, hatte ihn mitgenommen, hatte ihn mit der Handhabung dieser ungewöhnlichen Waffe vertraut gemacht und ihn davon überzeugt, dass die gängigen Vorurteile durch nichts zu begründen waren.
    » Die Schockwirkung ist die gleiche wie die eines Gewehres. Das Tier verspürt weder außergewöhnliche Schmerzen, noch leidet es lange. Vorausgesetzt, du triffst richtig. Und, vorausgesetzt, du kommst nahe genug an das Tier heran «, hatte er geschwärmt und ergänzt: » Genau darin liegt die wahre Herausforderung dieser Form des Tötens: Du musst gut sein als Jäger, musst nahe herankommen an das, was du töten willst. So gesehen hat bei dieser Jagd das Opfer eine größere Chance als bei der Jagd mit dem Gewehr samt Zielfernrohr, wo du auf eine Distanz von mehreren hundert Metern anonym schießen und töten kannst. Mit dieser Waffe hier bist du nahe dran, siehst, fühlst und riechst deine Beute. Und umgekehrt! Zwischen Opfer und Jäger existiert eine Verbindung. Es kann sein, dass du in die Augen jenes Wesens blickst, das du zu töten bereit bist. Das ist Jagd! So wie in den Zeiten des Urmenschen. Und sie ist lautlos! Wenn du ein guter Schütze bist und da triffst, wo der Tod im Körper lebt, wird das Röcheln des getroffenen Opfers das Einzige sein, was du hörst. «
    Diese Worte Pieters hatte er nie vergessen. Niemals in seinem Leben zuvor hatte er ein derart ausgeprägtes Verlangen verspürt, seiner Beute so nahe zu sein, wenn er sie tötete. Mit dieser Waffe würde er ihn töten! Bald. Er musste nur Geduld haben. Er wusste bereits, wo sie sich versteckten. Die Waffe brauchte nur zusammengebaut zu werden. So, wie sie jetz t v or ihm lag, in mehr als dreißig Teile zerlegt, sah sie unscheinbar und harmlos aus – nicht wie eine Waffe. Gelöst lehnte Georg von Hohenstein sich zurück. Er verließ seine Suite über die Terrasse und ging dann zu einer Couch nahe dem Swimmingpool und ließ sich eine Flasche Rotwein bringen. Die späte Nachmittagssonne kolorierte die beiden Seitenflügel der Villa in zarten Pastellfa r ben. Der Swimmingpool erstrahlte in kristallklarem Blau. Das in einer ebenso beeindruckenden wie auch eigenwilligen Archite k tur einer römischen Villa nachempfundene Palais Rhoul gefiel ihm außergewöhnlich gut. Er war begeistert. Ein Freund aus Paris, der seit langer Zeit in Marrakesch lebte, hatte ihm dieses auf fünf Hektar Land erbaute Juwel marokkanischer Leben s kunst empfohlen. Es entsprach geradezu perfekt Georgs persönlichem Lebensstil wie auch den Erfordernissen seines Vorhabens.
    Wenngleich er nach seiner Ankunft von Ouarzazate im Palais Rhoul sehr versucht gewesen war, das im Garten aufgebaute, extrem luxuriöse Royale-Zelt mit seinen hundert Quadratmetern, mit einem kleinen Pool im Schlafzimmer, mit Kamin und Deluxe-Plüsch-Ambiente zu nehmen, hatte er sich letztendlich für eine Suite im Haupthaus entschieden. So geschmackvoll und luxuriös dieses Royale-Zelt auch war, so wenig sicher schien es ihm für sein Vorhaben. Die Suiten in dem U-förmig um den Pool herum gebauten Haupthaus waren abschließbar und schalldicht. Hier konnte er ungestört telefonieren und seine vier Pakete auspacken, ohne dabei überrascht zu werden.
    Georg Ludwig von Hohenstein atmete tief durch. Er fühlte sich wohl, war aber auch von sich selbst überrascht. Dafür, dass er mit der Planung eines Mordes an einem Menschen be fasst war, fühlte er sich außergewöhnlich entspannt. Moralische Bedenken bedrückten ihn nicht. Sein Unrechtsbewusstsein war durch sein Verlangen nach Rache, nach gerechtfertigter Rache verdrängt worden. Was er vorhatte, musste er tun. Es war weder gesetz- noch rechtmäßig, aber es war gerechtfertigt. Und es war die einzige Möglichkeit, zumindest zu versuchen, sein Leben wieder erträglich zu machen. Und das von Klara. Gestern hatte er mit der Klinik am Chiemsee telefoniert.

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