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Der Fluch des Khan

Der Fluch des Khan

Titel: Der Fluch des Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
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kleines Krustentier, ein nur anderthalb Millimeter großer Ruderfußkrebs mit dem lateinischen Namen
Epischura baicalensis,
der sich von Algen und Plankton ernährt, die die meisten anderen Binnengewässer verunreinigen. Dadurch ist das Wasser so erstaunlich klar, dass man eine Silbermünze noch in gut dreißig Meter Tiefe erkennen kann.
    Die im Norden von schroffen, schneebedeckten Berggipfeln und im Süden von dichten Taigawäldern mit Birken, Lärchen und Kiefern umgebene »blaue Perle Sibiriens« erstreckt sich in all ihrer Schönheit durch eine ansonsten menschenfeindliche Landschaft. Der mitten in Südsibirien gelegene, über 600 Kilometer lange See, der wie eine Mondsichel geformt ist, zieht sich in nord-südlicher Richtung bis knapp an die Grenze zur Mongolei. Es ist ein riesiges Gewässer, rund 31500 Quadratkilometer groß, stellenweise bis zu 1600 Meter tief, und enthält ein Fünftel aller Süßwasservorkommen auf der Erde, mehr als sämtliche großen Seen Nordamerikas zusammen. Nur ein paar vereinzelte Fischerdörfer sind an seinem Ufer verstreut, sodass er wie ein nahezu menschenleeres Meer der Stille wirkt.
    Lediglich die Gegend an der Südspitze ist dichter besiedelt – Irkutsk, eine halbwegs moderne Stadt mit einer halben Million Einwohner, liegt rund 70 Kilometer weiter westlich, und die alte Stadt Ulan-Ude ist nur ein kurzes Stück vom Ostufer des Sees entfernt.
    Theresa Hollema blickte von ihrem Laptop auf und bewunderte kurz die blauen Berge am Ufer des Sees, über deren Gipfel wattig weiße Wolken dahinzogen. Die holländische Geophysikerin genoss den klaren blauen Himmel, den sie zu Hause, am Stadtrand von Amsterdam, nur selten erlebte. In tiefen Zügen atmete sie die frische Luft ein und versuchte die spektakuläre Landschaft mit all ihren Sinnen in sich aufzunehmen.
    »Ein angenehmer Tag auf dem See, nicht?«, fragte Tatiana Borjin mit tiefer, ausdrucksloser Stimme, wie sie typisch für Russen ist, wenn sie Englisch sprechen. Doch der barsche Tonfall und die geschäftsmäßige Art passten nicht recht zu ihrem Äußeren. Obwohl sie den Burjaten ähnelte, einem hier in der Gegend ansässigen Volk, war sie genau genommen Mongolin. Mit ihren langen schwarzen Haaren, der bronzefarbenen Haut und den mandelförmigen Augen war sie eine natürliche, wenn auch etwas herbe Schönheit. Aber ihre dunklen Augen strahlten eine Tiefe aus, die darauf hindeutete, dass sie alles sehr ernst nahm.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass Sibirien so herrlich ist«, erwiderte Theresa. »Der See ist atemberaubend. So ruhig und friedlich.«
    »Im Augenblick ist er ein ruhiges Juwel, aber er kann im nächsten Moment auch bösartig werden. Der Sarma, ein jäher Wind aus Südwesten, kann mit Sturmgewalt über ihn hinwegfegen. Die Friedhöfe hier in der Gegend sind voller Fischer, die den Mächten des Baikal nicht die gebührende Achtung erwiesen haben.«
    Theresa lief es eiskalt über den Rücken. Die Einheimischen, so jedenfalls kam es ihr vor, schienen ständig vom Geist des Sees zu sprechen. Das unberührte Wasser des Baikal war für die Sibirer ein Kulturgut, auf das sie stolz waren, und ihr Bemühen, den See vor jeglicher Verschmutzung durch Industrieabwässer zu bewahren, hatte zum Entstehen einer Umweltbewegung geführt, die weltweit Zulauf fand. Selbst die sowjetische Regierung war von dem allgemeinen Aufschrei überrascht worden, als sie vor fünfzig Jahren ein Zellulosekombinat am Südufer hatte bauen wollen. Theresa hoffte nur, dass keine Schlauchbootarmada von Greenpeace auf dem See auftauchte und ihnen das Leben schwer machte.
    Wenigstens war ihre Tätigkeit relativ harmlos, redete sie sich ein. Ihr Arbeitgeber, die Royal Dutch Shell, war damit beauftragt worden, einen Teil des Seegrundes nach Ölaussickerungen abzusuchen, die dort gemeldet worden waren. Von Probebohrungen oder gar einer Förderung war nicht die Rede gewesen, und ihrer Ansicht nach würde es hier auf dem See ohnehin nicht dazu kommen. Die Firma wollte sich lediglich mit dem Besitzer eines neu erschlossenen Ölfeldes in Sibirien gut stellen, mit dem sie sich noch umfassendere Geschäftsbeziehungen versprach.
    Theresa hatte vor ihrer Abreise nach Sibirien noch nie etwas vom Avarga Oil Consortium gehört, wusste aber, dass eine Vielzahl von Ölfirmen um den russischen Markt buhlten. Ein paar von der Regierung unterstützte Unternehmen wie Yukos und Gasprom tauchten in den Schlagzeilen auf, aber wie überall auf der Welt gab es garantiert auch

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