Der Fluch des Khan
Maschine eine Kiste mit Porzellan zerborsten war. Erst als sich die Fokker in eine scharfe Rechtskurve legte und Hunt den japanischen Bomber durch das Seitenfenster sah, wurde ihm klar, was wirklich los war.
Vorn im Cockpit versuchte Schodt unterdessen sämtliche Tricks, die er auf Lager hatte, um die Mitsubishi abzuhängen, denn dann, so hoffte er, würde der Bomber die Jagd vielleicht abbrechen. Doch der japanische Pilot war offenbar wütend geworden, weil er ihm vorhin eine solche Abfuhr erteilt hatte, und verfolgte ihn nun unerbittlich. Ein ums andere Mal riss Schodt die Fokker hoch und ließ sie durchsacken, um den Bomber abzuschütteln, der an seinem Heck hing, und ihn dazu zu zwingen, abzudrehen und sich erneut von hinten an ihn heranzumachen. Doch der Jäger wollte die Hatz nicht aufgeben, und kurz darauf stellte Schodt fest, dass die Mitsubishi schon wieder hinter ihm saß, bis die Kanoniere schließlich ihr Ziel erfassten.
Zuerst erwischte es die Höhenflosse der Fokker, die von einem Bleihagel zerfetzt wurde. Negishi leckte sich die Lippen, da er wusste, dass die Maschine jetzt nicht mehr ausscheren konnte.
Grinsend wie ein Wolf steuerte er den Bomber näher und setzte zum Fangschuss an. Als der Kanonier das Feuer eröffnete, sah er zu seinem Entsetzen, dass die Fokker erneut nach rechts auswich, dann hochgezogen wurde und abschmierte.
Schodt gab sich noch nicht geschlagen. Mittlerweile hatte Dave die Gasregler der beiden Tragflächenmotoren übernommen, sodass Randy der Mitsubishi nach wie vor ausweichen konnte. Wieder schlugen die Schüsse lediglich in den Rumpf ein, wo Hunt erneut das Gesicht verzog, als eine weitere Kiste zu Bruch ging.
Negishi, der die Taktik seines Gegners mittlerweile durchschaut hatte, legte den Bomber in eine weite Kurve und näherte sich der Fokker von der Seite. Diesmal gab es kein Entrinnen.
Eine Qualmwolke schlug aus dem rechten Motor der Focker, während die Kugeln die Zylinderköpfe zerfetzten. Schodt konnte gerade noch die Benzinleitung zudrehen, bevor der Motor Feuer fing. Auch mit nur zwei Motoren versuchte er die Fokker weiter in der Luft zu halten und dem Schlimmsten zu entgehen, wenn er auch wusste, dass seine Uhr allmählich ablief. Ein gut gezielter Schuss von Seiten der Mitsubishi zertrennte schließlich die Seilzüge zum Höhenruder und bereitete dem Flug der
Blessed Betty
ein Ende.
Ohne Höhensteuerung sackte die Maschine kurz durch und setzte dann zu einem flachen Schwebeflug in Richtung Boden an. Schodt musste ohnmächtig mitansehen, wie der staubige Untergrund immer näher rückte. Erstaunlicherweise hielt sich die Fokker aufrecht und segelte mit leicht abgesenkter Nase nach unten. Kurz vor dem Aufprall stellte er die übrigen Treibstoffleitungen ab, spürte dann, wie die linke Tragfläche zuerst den Boden berührte und die Maschine herumgewirbelt wurde.
Die Besatzung des japanischen Bombers war etwas enttäuscht, als sie sah, wie die Fokker über den Boden schlitterte, ohne in Flammen aufzugehen. Stattdessen überschlug sich die Trimotor lediglich zweimal und rutschte dann auf dem Dach liegend in eine Sandrinne.
Obwohl sie sich mit dem Abschuss einer Zivilmaschine reichlich schwergetan hatten, ertönten an Bord der Mitsubishi laute Jubelrufe.
»Gut gemacht, Männer, aber das nächste Mal müssen wir es noch besser machen«, rief Negishi, dann legte er den Bomber in die Kurve und nahm Kurs auf seinen Stützpunkt in der Mandschurei.
An Bord der Fokker herrschten Tod und Verderben. Schodt und sein Bruder waren auf der Stelle tot gewesen, als sich die Maschine zum ersten Mal überschlagen hatte. Hunt überlebte den Aufprall, doch er hatte sich das Rückgrat gebrochen, und sein linkes Bein hing nur noch an einem Fetzen Fleisch. Fast zwei Tage lang klammerte er sich unter Höllenqualen ans Leben, dann starb auch er im Wrack der Maschine. Mit schwindender Kraft zog er das lackierte Holzkästchen an seine Brust und verfluchte das Missgeschick, das ihn so unerwartet ereilt hatte. Als er den letzten Atemzug tat, ahnte er nicht, dass er noch immer den Hinweis auf einen der größten Schätze in den Armen hielt, die die Welt jemals sehen würde.
ERSTER TEIL
SEEBEBEN
1
Baikalsee, Sibirien
2. Juni 2007
D as ruhige Wasser des tiefsten Sees der Welt funkelt leuchtend blau wie ein geschliffener Saphir und ist kristallklar, da die uralten, kalten Flussläufe, die den Baikal speisen, keinerlei Schlick oder Sedimente mit sich führen.
Zudem lebt dort ein
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