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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schloß Morriel, die Lippen geschürzt, die Augen halb unter ihrer Kapuze verborgen. Noch immer lagen ihre klauenartigen Hände still in ihrem Schoß, als sie hinzufügte: »Solange wir sie nur beobachten und nicht versuchen, uns einzumischen.«
    Morriel hatte die ganze Zeit über geahnt, daß Elairas fehlgeleitete Gefühle ihr selbst noch zum Vorteil gereichen konnten. Lirenda war vor Bewunderung für ihre Oberin ganz hingerissen, so sehr beeindruckte sie deren Haltung, die so gnadenlos wie die eines Mörders auf dem Weg zu seinem Opfer war. Schließlich waren die Bedingungen ihrer Jagd nicht weniger riskant. Auch der größte Neid konnte sich der Tatsache nicht verschließen, daß die Bruderschaft der Sieben schon viel zu lange die Herrschaft über die Belange des ganzen Kontinentes innehatte.
    »Ja«, beantworte Morriel unheimlicherweise ihre unausgesprochenen Gedanken. »Es gefällt mir, mich an ihrer Autorität zu versuchen. Für den Augenblick. Wenn du damit fertig bist, Maulaffen feilzuhalten, dann können wir beginnen.«
    Schamesröte färbte Lirendas Wangen, denn der Pagenjunge war längst von seinem Botengang zurückgekehrt. Das ebenmäßige Gesicht zu Boden geneigt, stand er in einer ikonenhaften Haltung vor ihr und streckte ihr die Schatulle mit dem magischen Kristall von Skyron mit zitternden Händen entgegen.
    »Du wirst unsere Untersuchung führen«, erklang Morriels beißende Anweisung. »Nun kannst du dich selbst prüfen und herausfinden, ob du meiner Nachfolge würdig bist.«
    Gespannte Erregung dämpfte Lirendas Unbehagen über die Rolle, die sie nun bekleiden mußte. Sie nahm die Schatulle entgegen, löste die Schutzzauber und nahm den Kristall heraus, der wie eine Eisscholle in ihrem Inneren lag. Die braunen Augen starr auf das Juwel gerichtet, dämpfte sie ihre bewußten Gedanken, bis der Raum und seine Schatten vor ihren Blicken verschwanden und von der klaren Tiefe des Kristalls verschlungen wurden.
    Ihre Wahrnehmung kam zur Ruhe. Sie erreichte einen Zustand innerer Ruhe, der den Wesenheiten alles und nichts gestattete, und ihr Selbst geriet in ein paradoxes Sein. Lirenda wurde zu dem Funken, der eine Brandkatastrophe auslösen konnte, zu dem Eisklumpen, der jede Wärme ersticken würde. Sie war das Licht, das alles Sehen vernichten konnte, und sie war die Dunkelheit, so tief und umfassend, daß sie selbst Felsen zu sprengen vermochte. Sie war der Schleier zwischen vollkommener Leere, absolutem Frieden oder niemals endendem Stillstand. Sie war nichts, sie war alles, war jedes Teilchen und jede Schwingung, aus denen Form und Gewebe Aths gesamter Schöpfung bestanden.
    Die Macht von Skyron zwang sie in einen Rahmen der Disziplin, der ihre persönlichen Überzeugungen verbannte. Und dennoch, trotz ihrer Kontrolle, trotz der Anforderungen, die ihre eigenen Ambitionen an sie stellten, mußte sie gegen ein Schaudern ankämpfen, als die Oberste Zauberin in diese Verbindung eindrang und durch die gespeicherten Energien des Kristalls Kontakt zu ihr aufnahm. Die Aufzeichnung von Elairas Befragung wurde herbeigetragen, und die offengelegten persönlichen Gefühle überrollten Lirendas Selbst mit erdrückender, ja erstickender Intimität.
    Unfähig zu sprechen oder zu entkommen, konnte sie nur fühlen. Die Emotionen, die über sie hereinbrachen, wandelten sich zu einem Wirbel, der sie davontrug – in den kargen Keller eines vom Feuer gezeichneten Gasthauses, in dem Elaira ihre früheste Kindheit verbracht hatte. Mit grausamer Genauigkeit erfuhr Lirenda das Elend eines Loches, das Elaira mit Bettlern und grindigen, seuchengeplagten Prostituierten hatte teilen müssen …
     
    Zitternd, eingehüllt in zerrissene Lumpen und das brüchige Leder geraubter Felle, hatte sie schlaflose Nächte damit zugebracht, dem feuchten, keuchenden Husten des alten Mannes zu lauschen, der auf sie achtgegeben hatte, während er selbst lungenkrank darniederlag. Freunde waren der ganze Reichtum, den ein Kind der Straßen besitzen konnte. Essen, Obdach und Habe konnten ihr entrissen werden. Als Waise und Schülerin von Dieben wußte Elaira nur zu gut, wie schnell das geschehen konnte. Aber Liebe und schöne Erinnerungen konnten jedes Unglück, ja selbst den Tod überdauern.
    Bis zu jenem Tag, an dem ihr noch unausgereiftes Talent sie direkt in die Arme des Stadtpolizisten von Morvain trieb, der sie an den Korianizirkel verkaufte, damit die Zauberinnen sie aufzogen, hatte Elaira ihr Leben mit Liebe und Fürsorge

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