Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
Augenblick mit der Schärfe eines Peitschenknalls. »Laß dich nicht einfangen, Erste Zauberin!« kommandierte sie.
Lirenda gab sich alle Mühe, Elairas Faszination zu zügeln, während Arithon vor Dakar kniete.
Die Männer tauschten einige geflüsterte Worte aus, ehe das Gesicht Dakars einen wahrhaft teuflischen Ausdruck annahm. »Das wagt Ihr nicht.«
Die Art, wie Arithon sein Kinn vorreckte, als er sich wieder erhob, war Widerspruch genug. »Und das werde ich doch.« Eine Dissonanz, wie der Schlag eines Hammers auf Schmiedeeisen, schwang in dem amüsierten Tonfall mit. Hätte Lirendas Geist allein die Kontrolle über die Vorgänge ausgeübt, sie hätte den Kontakt sofort abgebrochen, doch Elairas Verzauberung hemmte ihre Urteilsfähigkeit. Die lauschende Zauberin zögerte einen Augenblick zu lang, und Arithon s’Ffalenn ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen.
Er rief Lysaer, der seine Hände erhob. Für den Zeitraum eines Herzschlages sammelten die Halbbrüder einen Wirbel gezügelter Macht zwischen sich. Dann löste sich ein Lichtstrahl, so bösartig wie ein sommerlicher Blitz. Ein gewaltiges Donnern hallte durch die erhitzte Luft über den Ruinen von Ithamon. Lirenda sah, wie der Nebelgeist aufwallte, während die Winde heulend auflebten, nur um gleich darauf von Schatten ergriffen zu werden, die seine Schwaden vereisten, bis sie in einem Wirbel frischer Schneeflocken zu Boden fielen.
Dann brachen die Schutzwälle der Korianizauberinnen zusammen, und die geballte Macht der Reaktion brauste an ihnen vorbei, direkt in den magischen Kristall hinein. Lirenda wurde zu Boden geschleudert, doch ihr blieb keine Zeit, ihre Wunden zu lecken. Ein zweiter Blitz löste sich aus Lysaers ineinander verschränkten Händen, gefolgt von einem weiteren und noch einem, bis ihre Augen geblendet und blicklos und ihre Ohren vom Donner betäubt waren. Die Verbindung zwischen dem herzoglichen Hof und Ithamon verwirbelte in ein heilloses Chaos, als die Rückwirkung über den Fünften Weg donnerte.
Lirenda fühlte kaum den Ruck, als ihr der Kristall von Skyron entrissen wurde. Der Kielingturm entglitt ihrer Wahrnehmung, und Elairas Persönlichkeit verschwand, während Lirenda körperlich wie geistig einen Schock erlitt. Sie fühlte nichts von den orkanartigen Turbulenzen, die Morriels Zimmer verwüsteten. Kissen explodierten wie Konfettibomben, Truhen wurden durch die Luft geschleudert, und der Marmorboden zerbrach in tausend Stücke, deren scharfe Kanten die Vorhänge vor den Fenstern aufschlitzten. Tageslicht drang durch die Risse im Gewebe herein, als Lirenda endlich wieder zu sich kam. Unfähig, sich zu bewegen, lag sie verdreht, benebelt und halb blind von dem Netzhautbild gleißenden Lichtes am Boden.
»Ath, oh gnädiger Ath«, rief ihre eigene Stimme über das Chaos hinweg, und sie konnte den Neid in ihrem Herzen nicht länger verbergen. »Sie haben Macht über die Elemente, alle beide.«
Kopfschmerzen von der Gewalt eines explodierenden Sterns plagten Lirenda, während sie über den langsam verklingenden Donnerhall die schrille, wütende Stimme Morriels vernahm: »Wahnsinnige! Irrsinnige!«
Eine trockene Handfläche krachte auf ihre Wange. Dieser Schlag gegen ihr Fleisch und ihre eigene Würde vernichtete jeden Nachhall von Elairas zarten Sympathien.
So kraftlos wie ein Fetzen Stoff lag sie am Boden, doch Lirenda gewann bereits die ihr eigene Neigung, wütend zu werden, zurück. Langsam kehrte ihre Sehfähigkeit wieder, bis sie nur noch von beschämenden Tränen verzerrt wurde. Durch diesen Schleier erkannte sie in dem schwachen Lichtschein, der durch die zerfetzten Vorhänge hereindrang, das Zimmer, das aussah, als hätte sich ein Erdbeben mit aller Kraft in ihm entladen. Überall lagen zertrümmerte Möbel. Die Pagenjungen kauerten zitternd hinter den gesplitterten Überresten des Garderobenschrankes und hielten einander fest umklammert.
Lirenda hätte ihnen ihr Entsetzen nicht nehmen können, selbst wenn sie gewollt hätte.
Morriel stand hochaufgerichtet über ihr, den Skyronkristall in Händen, und ihre Miene drückte deutliches Mißfallen aus. »Warst du so blind und einfältig, nicht zu sehen, was geschehen mußte? Dieser s’Ffalenn-Bastard ist in den magischen Künsten erfahren! Wie sonst hätten er und Dakar unsere Beobachtungen sabotieren können? Was für ein Unglück! Welche unglaubliche Rücksichtslosigkeit hat die Bruderschaft dazu getrieben, diese Abscheulichkeit über unsere Welt zu
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