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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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erfüllt.
     
    Verfangen in der Verbindung des Kristalls fühlte Lirenda, wie die selbstverständliche Härte, die sie als Tochter eines reichen Mannes kultiviert hatte, einfacheren Freuden nachgaben, die sie in das Verderben zu ziehen drohten wie der Gesang der Sirenen. Sie wand sich vor Schmerz, doch sie zwang ihre gemarterten Sinne, nicht zurückzuweichen und die Trance zu durchbrechen. Ihr brennendes Verlangen nach der ultimativen Macht und dem unfaßbaren Wissen der Oberin verlieh ihr die notwendige Kraft. Ganz gab sie sich nun dem Schmiedefeuer der Emotionen hin, mit denen Elairas Natur die ihre überschwemmte, so wie Morriel und die Beobachtung der Vorgänge im Kielingturm es erforderten.
    Die Stimme der Matriarchin drang wie durch einen Nebelschleier aus weiter Ferne zu ihr: »Gut gemacht. Nun mach dich bereit, ich werde uns nun mit der Macht des Fünften Weges verknüpfen.«
    Morriels Lob trieb sie erneut zu höchster Konzentration, und sie bereitete sich auf eine veränderte Wahrnehmung vor, doch die Berührung mit der Macht des Fünften Weges behagte ihr gar nicht. Gefangen in Elairas Persönlichkeit empfand sie alles so, wie das Mädchen es erlebt hätte, und das war ein Gefühl, so unangenehm wie ein kalter Regenschauer. Während sie gegen ihre Abscheu und ihre Instinkte ankämpfte, durchlitt Lirenda diese schockierende und fremdartige Perspektive eines Geistes, der mit der Magie des Wassers verbunden war, wogegen sie selbst doch durch und durch ein Kind des Feuers war. Sie durfte nicht nachgeben, nicht einmal vor Abscheu zurückzucken, selbst als ihre eigene Identität den ungestümen Leidenschaften Elairas zum Opfer fiel.
    Langsam reduzierte die Disziplin der Trance die Energien des Fünften Weges zu einem schimmernden Spiel statischer Aufladung, durch das Lirenda, eingehüllt in die kurzwelligen, süßen Vibrationen der Erdenmächte, getrieben wurde. Da Morriel die Beobachtungen führte, konnte das veränderte Bewußtsein ihrer Ersten Zauberin selbst dem Strom der Zeit nicht mehr folgen, und Lirendas nächste Wahrnehmung offenbarte ihr ein durchscheinendes blaues Zwielicht über schneebedeckten Hängen.
    Vor ihr ragte die Silhouette einer von Schießscharten durchzogenen Mauer auf. In einem Licht, das sie zunächst für den Feuerschein einer Fackel hielt, erkannte sie drei Gestalten in einem Halbkreis, von denen zwei aufrecht standen, während die Dritte zusammengesunken am Boden hockte, die Arme vor der Brust verschränkt hielt und die Hände in ihre Seiten preßte. Unter der Kleidung, die aus zerfetzten alten Lumpen zu bestehen schien, erkannte Elairas Wahrnehmung die stämmige Figur des Wahnsinnigen Propheten. Nun entdeckte sie auch, daß das Licht nicht von einer Fackel stammte, sondern von einem Funkeln ausging, das durch nichts als reine Luft genährt zu werden schien.
    Die Halbbrüder, deren Gesichter unter den tief in die Stirn gezogenen Kapuzen verschwanden, vermochte Lirenda nicht zu unterscheiden, doch Elairas feinere Wahrnehmung erkannte sogleich, daß einer der Männer größer war. Ein Windzug löste eine Strähne blonden Haares, was den Mann eindeutig als den s’Ilessid kennzeichnete. Sogleich fixierte sie sich auf den kleineren der beiden Männer, und die ihr nun innewohnende subjektive Reaktion Elairas wurde von einer verruchten Spannung getragen.
    Umgeben von dem magischen Licht und dem Nebel, der dem Szenario den fälschlichen Eindruck der Dämmerung verlieh, blickte Arithon auf und sah sich um. Erkenntnis spiegelte sich in seinen Zügen wider, als könnte er den Kontakt fühlen, den die Korianizauberinnen von Camris aus über den Kristall hergestellt hatten.
    Als leibhaftige Stellvertreterin Elairas fühlte Lirenda sich durch diesen Blick versengt, doch diese innige Verbundenheit, die die junge Novizin begeistert hätte, bereitete der Ersten Zauberin nur weitere Pein, die so schwer faßbar war, wie die Überreste eines Traumes nach dem Erwachen. Sie zitterte. Als würde ihn ein empathisches Empfinden ebenso zurückzucken lassen, runzelte der s’Ffalenn-Prinz auf der Brüstung die Stirn. Plötzlich warf er voller Anspannung seine Kapuze zurück wie ein Mann, der sich mit einem Gegner messen wollte. Während der Wind seine dunklen Locken zerzauste, winkte er Dakar zu. Gefangen von der Grazie seiner Bewegungen, ergab sich Lirenda einer Erinnerung – von eben diesen Händen, die Stroh aus ihrem Haar zupften und dabei so unvergeßlich sanft waren.
    Morriels Stimme zerschlug den

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