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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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die Kante des Kartentisches prallte. Er stolperte weiter, vorbei an dem Tisch, bis ihn ein Körper zu Fall brachte. Hart stieß er gegen einen fremden Ellbogen, schob sich weiter und landete in einem Knäuel wild um sich schlagender Leiber. Er hörte die Gischt zischen, als wäre sie zum Greifen nahe. Winzige Tropfen spritzten herein, und dem ersten Offizier wurde bewußt, daß Arithon schon das Fensterbrett erreicht haben konnte. Doch wenn er erst einmal über Bord wäre, dann könnte er Illusionen herbeirufen, Schatten formen und unsichtbar mit den Wellen verschmelzen. Niemand würde ihn dann noch finden können.
    Der erste Offizier stürzte vor, um das zu verhindern, stieß auf ein wirres Getümmel kämpfender Männer und wurde brutal zur Seite geschleudert. Jemand fluchte. Ein Wirbel unsichtbarer Bewegungen durchbrach den Luftzug vom Fenster. Von einem festen, verdrehten Leib getroffen, griff der erste Offizier blind und beidhändig in die noch immer nasse Kleidung. Als er erkannte, wen er hielt, schlang er seine Arme fester um den fremden Leib und klammerte sich hartnäckig fest. Sein Gefangener wand sich in seinem Griff und zerrte jede einzelne Sehne in seinen Handgelenken. Der erste Offizier wurde seitwärts gegen ein Schott geschleudert. Ein Keuchen entrang sich seiner Kehle. Er fühlte sich, als hätte er es mit einem unkontrollierten Wirbel reinsten Zornes zu tun. Ein Oberschenkel donnerte mit entsetzlicher Wucht auf sein Handgelenk und brach seinen Griff auf. Dann prallte jemand wie eine gefällte Eiche auf seine Brust. Der erste Offizier ging zu Boden, halb erdrückt von der Masse schwitzenden Fleisches.
    Über sich hörte er in der Dunkelheit, wie der Kampf fortgesetzt wurde. Keuchender Atem mischte sich mit dem Klatschen von Knöcheln, Ellbogen und Knien an Muskelfleisch. Neben ihm würgte ein Matrose, den ein Tritt in den Bauch zu Boden gebracht hatte. Der erste Offizier kämpfte gegen das Gedränge an, um sich zu erheben. Er wußte, daß jeder Hieb in dieser verwunschenen Finsternis im besten Fall nur zu einem Glückstreffer führen konnte. Wenn Arithons Hände noch immer gefesselt waren, dann mußten Kraft und Anzahl seiner Männer am Ende die Oberhand für sich erringen.
    »Bastard!« fluchte jemand. Stiefel kratzten über den Boden, und eine Faust klatschte in fremdes Fleisch. Arithons Widerstand ließ langsam nach.
    Endlich kam der erste Offizier wieder auf die Beine, als eine leise, klare Stimme inmitten des Kampfes ertönte.
    »Laß los. Oder deine Finger werden bis auf die Knochen verbrennen.«
    »Hör nicht auf ihn!« befahl der erste Offizier. »Es ist nur eine Illusion.«
    Dann schrie ein Mann schmerzgepeinigt auf, begleitet von dem Geräusch splitternden Holzes. Verzweifelt schlug der erste Offizier in die Richtung, aus der er die Stimme zu hören geglaubt hatte. Seine Finger krachten gegen Knochen. Wie aufs Stichwort löste sich des Zauberers Netz aus Dunkelheit wieder auf.
    Licht von der Heckleuchte drang durch das geborstene Fenster herein, überzog die Kanten des gesplitterten Glases mit einem goldenem Schein und riß die zerstörten Möbel aus der Finsternis. Arithon hing schlaff in den Armen dreier Matrosen. Ihre Gesichter waren leichenblaß und ihre Brustkörbe hoben und senkten sich wie die eines Läufers nach einem Marathon. Neben dem Kartenschrank hielt sich ein Matrose stöhnend vor Schmerzen das blutende Schienbein; an dem hinteren Schott lehnte mit finsterer Miene der Maat; sein Gesicht war gerötet und sein rasender Puls hämmerte wütend hinter seinem zerfetzten Kragen. Der erste Offizier wandte den Blick von den Flüchen in den Augen des älteren Mannes ab. Es war zwar nicht normal, daß ein so schwer verletzter Gefangener, der noch kurz zuvor bewußtlos gewesen war, zu solch einem Kampf fähig war, doch dies zur Debatte zu stellen, würde nur weiteren Ärger provozieren.
    Darauf erpicht, sein Kommando zu verteidigen, ehe sich die Mannschaft weit genug erholt hatte, um Diskussionen anzufangen, befahl er einem stöhnenden Matrosen, eine Laterne zu entzünden.
    Der Mann verstummte, mühte sich auf seine Füße und humpelte eilends davon, um eine Laterne herbeizuschaffen. Als sich die Männer leise wieder zu bewegen begannen, deutete der erste Offizier auf eine freie Stelle zwischen den glitzernden Glassplittern. »Legt den s’Ffalenn dorthin. Und du, hol Ketten, damit wir seine Beine fesseln können.«
    Zwei Seeleute beeilten sich, seinen Befehlen Folge zu leisten. Als sie

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