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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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s’Ffalenn war der illegitime Sohn von Amroths eigener Königin, die vor vielen Jahren die Ehre der Krone für einen Ehebruch mit dem berüchtigten Feind ihres Gatten verschmäht hatte. Auf den Kopf des Bastards, der aus den Lenden des Piratenkönigs abstammte, war ein hoher Preis ausgesetzt. Den Mann, der ihn in Ketten nach Port Royal bringen würde, erwartete die Herzogswürde. Von Gier übermannt steckten die Matrosen ihre Dolche wieder ein.
    Der Bootsmann trat zurück und erteilte Anweisungen, und die Männer beeilten sich, seine Befehle zu befolgen. Ehe s’Ffalenns Bastard wieder zur Besinnung kam, wurden ihm Arme und Beine mit der Fangleine gefesselt. Dann, vertäut wie ein Kalb beim Metzger, wurde Arithon, Herr der Schatten und Erbe von Karthan, zum Kriegsschiff Briane verfrachtet. Dort zerrte ihn die rauhe Mannschaft des Bootes an Bord und warf ihn, tropfnaß wie er war, dem diensthabenden Kommandanten zu Füßen.
    Der Kommandant, erster Offizier des Schiffes, ein Mann, kaum in den Zwanzigern, war durch seinen Reichtum und Beziehungen zum Königshaus an seinen Posten gekommen, nicht durch Verdienste oder angemessene Erfahrungen. Nun aber, da der Kapitän mit einer Pfeilwunde bewußtlos und die hohen Offiziere im Kampf gestorben waren, gab es niemanden außer ihm, der das Kommando hätte beanspruchen können. Dennoch meisterte der erste Offizier seine Aufgabe, mit den dreihundertzweiundvierzig verbliebenen Mannschaftsmitgliedern und einem Kriegsschiff, das zu mitgenommen war, um noch Segel zu tragen, fertig zu werden. Der aufgeregte Redeschwall des Bootsmannes benötigte einen Moment, um sich durch die müden und überlasteten Gedankengänge seines Kommandanten zu wühlen.
    Der Name schließlich erregte seine Aufmerksamkeit.
    »Arithon s’Ffalenn!« Erfüllt von ungläubigem Staunen starrte der erste Offizier auf das Bündel Fleisch auf Deck herab. Der Mann war klein, von der See gezeichnet und dunkel; nichts an ihm deutete darauf hin, daß er ein Halbbruder des königlichen Geschlechts zu Amroth und weitläufiger Anwärter auf die Krone war. Nasses Haar klebte auf seiner kantigen Stirn. Seine schmächtigen Glieder steckten in groben, oft geflickten Leinenkleidern, die mit einem einfachen Strick gegürtet waren, doch seine äußere Erscheinung mußte täuschen, denn das Juwel in seinem Ring trug das Zeichen des Leoparden, das unbestreitbare Symbol der königlichen Erbfolge.
    »Er ist es, sage ich«, erklärte der Bootsmann aufgeregt.
    Die Mannschaft des Beibootes und alle Matrosen an Deck, die in Hörweite waren, rückten näher heran.
    Bedrängt von den ordinären, aufgeregten Männern, besann sich der erste Offizier auf seine Stellung. »Zurück auf eure Posten!« bellte er. »Und zieht das Beiboot wieder an Bord, ein bißchen plötzlich!«
    »Aye, Sir.« Zerknirscht zog sich der Bootsmann zurück, gefolgt von den Matrosen, die sich deutlich langsamer entfernten und immer wieder zu dem Feind auf Deck zurückschauten.
    Allein mit seinen Überlegungen, was nun mit Amroths ärgstem Feind geschehen sollte, trat der erste Offizier besorgt von einem Fuß auf den anderen. Wie sollte er einen Mann arrestieren, der durch die Macht seiner bloßen Gedanken selbst den Schatten befehlen konnte und dessen Gefangennahme sieben Schiffe gekostet hatte? Der König in Amroth würde die Gefangennahme Arithons wohl eines so verheerenden Verlustes gegenüber für Wert befinden. Aber hier, an Bord der Briane, deren Decks noch immer von Tod und Verderben gezeichnet waren, dürsteten die Männer nach Rache für ihre gefallenen Kameraden. Diese Männer würden niemals vergessen, daß Arithon ein Zauberer war, vor dem sie erst sicher sein konnten, wenn er tot wäre.
    Die Lösung schien so einfach wie ein Schwerthieb zu sein, aber der erste Offizier wußte es besser. Er unterdrückte seinen ersten, wilden Drang zu töten. Statt dessen trat er mit seinem Stiefel gegen die Schulter des Gefangenen. Schwarzes Haar glitt von einem Profil, so scharf wie ein Messer, herab. Scharlachrot zog sich eine Spur seines Blutes aus einer Kopfwunde über Schläfen und Wangen; Blutergüsse zeichneten die Haut an Kehle und Kinn. Zauberer, der er war, war Arithon doch Mensch genug, um der Hilfe eines Heilers zu bedürfen. Der erste Offizier verfluchte das Schicksal, daß diesen Bastard nicht auch sterblich genug gemacht hatte, ihn ebenfalls verenden zu lassen, wie all die anderen. Dem König von Amroth war es gleich, was das Subjekt des Betruges seines

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