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Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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hatte weder mit Gefangenen noch mit Zauberei viele Erfahrungen sammeln können, und der Herr der Schatten selbst lieferte ihm mit seiner Eiseskälte, die so unergründlich wie die See selbst war, keinerlei Anhaltspunkte, wie er sich verhalten sollte.
    »Zeigt ihm die Gerechtigkeit des Königs«, befahl der erste Offizier, in der Hoffnung, eine Umkehrung des Schlagabtausches würde die Spannung innerhalb der Mannschaft abbauen können.
    Die Seeleute fesselten Arithon auf den Kartentisch. In ihren riesigen Händen hielten sie seinen Körper wie ein Spielzeug. Dennoch bekämpfte der Herr der Schatten sie noch immer. Voller Zorn und Furcht begannen die Seeleute, ihm die Wunden zuzufügen, die sie gerade erst am eigenen Leibe erfahren hatten. Sodann entfernten sie die Fesseln von den Handgelenken des Gefangenen und nahmen ihm alle Kleider ab, unter denen er einen Glassplitter hätte verstecken können. Von einem trotzigen Grunzen abgesehen, ertrug Arithon die Mißhandlungen stillschweigend.
    Der erste Offizier mußte sich beherrschen, um sich sein Mißfallen nicht anmerken zu lassen. Der Trotz des Herrn der Schatten brachte nichts Gutes, sondern provozierte die Männer nur zu noch größerer Grausamkeit. Hätte der Bastard doch aufgeschrieen, hätte er auf den Schmerz reagiert, wie jeder andere gewöhnliche Sterbliche, die Matrosen wären zufrieden gewesen. So aber ging es weiter, bis das Opfer ohne Hemd vor ihnen lag und die Matrosen ihre Hände zurückzogen, um ihr Werk zu begutachten. Arithons Brust erbebte unter schnellen, flachen Atemzügen; seine Bauchmuskeln zitterten unter der schweißnassen Haut, was anschaulich genug bewies, daß sein Körper gegen grobe Behandlung nicht unempfindlich war.
    »Zwergenhafter Bastard für einen Zauberer.« Der Wagemutigste unter den Matrosen hob seine Faust über Arithons Brustkorb. »Ein Schlag in die Rippen wird ihn eine Weile ausschalten.«
    »Genug!« schnappte der erste Offizier. Überzeugt, daß der Seemann sein Kommando ignorieren würde, trat er vor, um den Schlag zu verhindern, doch ein Neuankömmling im weißen Arbeitskittel drängte ihn unsanft zur Seite.
    Der Heiler war direkt vom Krankenbett des Kapitäns hergekommen und drängte sich nun zwischen den Matrosen zu dem gefesselten Gefangenen hindurch. »Laß das sein, Junge. Ich habe heute schon genug Knochen wieder zusammengefügt. Allein der Gedanke an noch mehr Knochen könnte mich dazu verführen, bis zum Morgen zu saufen.«
    Murrend ließ der Matrose die Faust sinken. Als der Heiler sich vorsichtig mit Salbe und Bandagen an die Arbeit machte, atmete der s’Ffalenn Zauberer ein und begann endlich zu sprechen.
    »Ich verfluche deine Hände. Möge die nächste Wunde, die du behandelst faulen und von Maden befallen werden. Jedes Kind, dem du auf die Welt hilfst, wird erkranken und in deinen Armen sterben, und jede Gebärende wird dir unter deinen Händen verbluten. Spiel noch weiter mit mir herum, und ich werde dir wahres Entsetzen zeigen.«
    Der Heiler machte eine Geste gegen das Böse. Schon oft hatte er verwundete Männer phantasieren gehört, doch so wie bei diesem war es nie gewesen. Zitternd widmete er sich wieder seiner Arbeit, während sich die Muskeln seines Patienten unter seinen Fingern abwehrend spannten.
    »Hast du je Verzweiflung erfahren?« fragte Arithon. »Ich werde sie dich lehren. Die Augen deines erstgeborenen Sohnes werden verrotten. Fliegen werden in seinen Augenhöhlen nisten.«
    Die Seeleute, die den Gefangenen hielten, schraken zurück und begannen leise zu fluchen.
    »Haltet ihn ruhig«, schnappte der Heiler und fuhr mit zusammengepreßten Lippen und entschlossenem Gesichtsausdruck fort, Arithons Wunden zu verbinden. Eine solche Drohung hätte ihm wohl Angst einjagen können, aber er hatte nur Töchter. Anderenfalls hätte er vielleicht seinen Eid gebrochen und dem Verwundeten unnötigen Schmerz verursacht.
    »Mit Eurer Erlaubnis«, sagte er schließlich zu dem ersten Offizier, als er seine Arbeit beendet hatte. »Ich habe getan, was ich konnte.«
    Mit dem Segen des ersten Offiziers verließ der Heiler den Raum, und die Matrosen begannen, den Gefangenen mit Drahtschnüren zu fesseln. Als die erste Schlinge sich in das Fleisch des Gefangenen drückte, begann Arithon, seine Schmähungen auf den ersten Offizier zu richten. Nach der exemplarischen Vorstellung des Heilers wagte es der junge Mann nicht, zurückzuweichen. Die Hände hinter seinem Rücken verschränkt, erduldete er die Beschimpfungen,

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