Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten
während Arithon nacheinander über seine Mutter, Gattin und Mätresse lästerte. Danach wurden seine Angriffe persönlicher. Schließlich konnte der erste Offizier seinen Ärger über die üblen, bösartigen Phrasen nicht mehr zurückhalten.
»Du verschwendest deine Kraft!« Nach dem ruhigen Klang der Stimme des Herrn der Schatten, hörte sich seine an wie die einer hysterischen Frau. Er zügelte seine Wut. »Mich und meine Verwandten zu verfluchen, wird dein Los nicht ändern. Warum machst du es uns also so schwierig? Dein eigenes Verhalten macht eine zivilisierte Behandlung deiner Person unmöglich.«
»Geh und schände deine kleine Schwester!« antwortete Arithon.
Der erste Offizier lief leuchtendrot an. Er wußte keine passende Antwort, also erteilte er seinen Leuten Befehle: »Stopft dem Bastard mit einem Lumpen das Maul. Wenn ihr ihn gut verschnürt habt, dann sperrt ihn in die Segelkammer und bewacht ihn gut.«
Die Seeleute kamen seinen Anordnungen mit einer Derbheit nach, die nur ihrer Verzweiflung entsprungen sein konnte. Besorgt sah ihnen der erste Offizier zu. Er war ein erschöpfter Mann mit einer verängstigten Mannschaft, die mühsam am Rand eines Dilemmas entlangbalancierte. Die geringste Provokation konnte zu einer Meuterei führen, und von einem Zauberer, der die Schatten beherrschte, drohten Schwierigkeiten, die mit dem Untergang gleichgesetzt werden konnten. Keine Vorbeugungsmaßnahme konnte unter solchen Umständen zu drastisch sein. Der erste Offizier rieb sich die blutunterlaufenen, brennenden Augen. Ein letzter Gedanke an die zur Verfügung stehenden Mittel ließ ihn hoffnungslos zurück. Schließlich beschloß er, das Problem mit Namen Arithon s’Ffalenn dem Schiffsheiler zu überlassen.
Ohne anzuklopfen stürmte der erste Offizier in die Krankenstation. »Kannst du ein Gift mischen, das einem Mann die Sinne raubt?«
So aus der Behandlung einer Wunde gerissen, antwortete der Heiler deutlich verärgert und widerstrebend. »Ich habe nur ein Kraut, aus dem ich einen schmerzlindernden Sud braue. Eine Überdosis wird den Geist betäuben, aber es ist nicht sicher. Außerdem macht die Droge süchtig.«
Der erste Offizier zögerte nicht einen Augenblick. »Gib sie unserem Gefangenen, und beeile dich.« Der Heiler richtete sich auf. Die Hängelampe über seinem Kopf formte Schatten auf seinem sorgenvollen Antlitz.
Der Offizier ließ keinen Protest gelten. »Vergiß deinen Eid des Erbarmens. Schiebe einfach mir die Schuld zu, wenn du das für nötig hältst, aber ich werde nicht wegen der Haut dieses Bastards geradewegs in eine Meuterei segeln. Wir müssen Arithon nur lebend im Kerker des Königs abliefern, und niemand kann an unserer Pflichterfüllung zweifeln.«
Erschreckt über den Ausdruck unverhohlener Furcht in den Zügen des ersten Offiziers rief der Heiler seinen Assistenten, damit er die Wunde verbinden sollte. Dann, weise genug, nicht zu hasten, wühlte er in seinem Arzneiregal. »Wer wird dafür geradestehen, wenn der junge Mann einen geistigen Schaden davonträgt?«
Der erste Offizier atmete rasselnd ein. »Dharkaron, Engel der Rache! Wir werden alle sterben, bis hin zum einfachen Schiffsjungen, wenn die Matrosen in Panik geraten und dem Bastard die Kehle durchschneiden. Er ist verrückt genug, sie dazu zu provozieren. Und wie, in des Königs Namen, soll ich stets in der Nähe sein, um die Katastrophe zu verhindern?«
Gläser klirrten unter den Händen des älteren Mannes. Er wählte eines aus, richtete seine Brille, um die Aufschrift zu entziffern und sagte: »Wenn das Wetter mitspielt und uns das Glück gewogen ist, dann haben wir eine Seereise von zwanzig Tagen vor uns. So lange kann niemand mit Drogen im Koma gehalten werden, ohne daß eine ernsthafte Gefahr für seine geistige Gesundheit besteht. Außerdem habe ich Schriften gelesen, denen zufolge Magier lernen, bestimmte Gifte in ihrer Wirkung zu verändern. Wie wollt Ihr verhindern, daß Euer Schattenherrscher die Droge nicht auf gefährliche Weise verstärkt?«
»Dann werden wir eben im Hafen der Südinsel anlegen.« Erleichtert über diesen plötzlichen Einfall wischte sich der erste Offizier den Schweiß von seinen Brauen. »Der Kronprinz verbringt dort den Sommer, um der Tochter des Herzogs den Hof zu machen. Selbst mit mäßigem Wind brauchen wir bis dorthin nur fünf Tage. Setze Arithon nur für diesen Zeitraum unter Drogen, dann kann seine Hoheit die Aufgabe übernehmen, den Bastard seiner Mutter dem König zu
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