Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 01 - Meister der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
ihren Haken. Dann holte er Luft, um nach dem Bootsmann oder einem Matrosen zu rufen, der dem Gefangenen seine Lage erleichtern konnte.
    Arithon ergriff zuerst das Wort: »Schön, daß wir uns treffen, Bruder.«
    Der Kronprinz ignorierte den Sarkasmus. Ein Erbstreit konnte nur so lange andauern, wie sich die Kontrahenten gegenseitig verabscheuten. »Unsere Verwandtschaft wird nichts an den Vorwürfen ändern, wenn es wahr ist, daß Ihr Schatten und Magie herbeigerufen und die Mannschaften von sieben Schiffen geblendet, angegriffen und ermordet habt. Für das Abschlachten dieser unglücklichen Seeleute kann es keinen vernünftigen Grund geben.«
    »Zufällig waren das die Mannschaften eurer königlichen Schlachtschiffe.« Arithon richtete sich auf, wobei die Ketten an seinem Leib leise klirrten. Seine klare, ausdrucksvolle Stimme hob sich deutlich vor den Geräuschen des Schiffes ab. »Zeige mir einen Mann, der unschuldig ist, ich werde dir einen zeigen, der mausetot ist.«
    Lysaer trat zurück, bis er mit der Schulter an die Tür stieß, um den Schauder des Schreckens zu verbergen, der durch seinen Leib zuckte. Der erste Offizier hatte bei seinem Bericht über den Gefangenen nicht übertrieben. Still betrachtete der Kronprinz das Gesicht, dessen Menschlichkeit sich hinter einer ungezügelten Bösartigkeit verbarg.
    Arithon riß ihn mit einem höhnischen Grinsen aus seinen Gedanken. »Töte mich, dann werde ich dir nichts Böses mehr antun können, oder bist du dazu vielleicht zu zimperlich?«
    Der Kronprinz preßte die Lippen zusammen, so sehr kämpfte er gegen die widersprüchlichen Gefühle, die diese einfachen Worte in ihm ausgelöst hatten.
    Ätzend wie Galle in einer offenen Wunde fuhr Arithon fort, und seine Aussprache war die fehlerlose Wiedergabe der Sprache bei Hofe. »Bei den faulenden Gebeinen unserer Mutter, was bist du doch für ein Haufen aus Spitze und Geschmeide. Wirklich beeindruckend. Und das Schwert. Trägst du es etwa aus Eitelkeit?«
    »Es wird dir nichts einbringen, mich zu reizen.« Fest entschlossen, herauszufinden, was der Gefangene mit diesen gewissenlosen Attacken bezweckte, hielt Lysaer sein eigenes Temperament im Zaum. »Außer vielleicht einen so erbärmlichen Tod, wie ich ihn nicht einmal einem Hund bereiten wollte.«
    »Aber du bietest das Leben eines Hundes«, konterte Arithon. Er bewegte sich ein wenig, wobei er mit seinen drahtgebundenen Fingern gegen die Wasserkanne stieß. Das billige Tongefäß rollte über die Planken und hinterließ eine Spur Wasserlachen, die sich mit den Bewegungen des Schiffes ausdehnten. »Ich habe nicht vor, mein Essen wie ein Tier aus einer Schale zu lecken. Und dich reizen? Ich habe noch gar nicht angefangen.«
    Arithons Blick verhärtete sich, und der Prinz nahm ganz plötzlich einen magischen Stich wahr, doch er reagierte zu spät. In einem kurzen unaufmerksamen Moment durchbrach der Herr der Schatten seine Verteidigung. Wie heißer Draht drang die Magie in das Bewußtsein des Prinzen, suchte, sammelte und verwarf in einem winzigen Augenblick alle zarten Intentionen, die für Fairneß und Erbarmen verantwortlich waren. Der s’Ffalenn-Bastard vernichtete die Ehre, plünderte seines Bruders Erinnerungen, um seine unstillbare Bösartigkeit zu befriedigen, und dieser Eingriff brachte eine Kindheitserinnerung zutage, die besser vergessen geblieben wäre …
     
    Der junge Prinz war viel zu munter, um schlafen zu können; er war viel zu übersättigt mit Süßigkeiten und gefangen in nervöser Freude über die Feierlichkeiten anläßlich seines Geburtstages. Mit seinen kurzen Beinen rannte er los und stolperte lachend auf den Teppich. »Will meine Mama!« rief er seinem Kammerherrn zu, der zunehmend erschöpft und zerzaust aussah. Ein ganzer Tag mit einem übermäßig ausgelassenen Dreijährigen hatte seiner Würde übel mitgespielt.
    Die königliche Amme hob das Kind vom Boden auf. Trotz ihrer Geschicklichkeit gelang es dem Knaben, weiterzuzappeln und sich sein Nachthemd um den Hals zu wickeln. »Schluß damit«, schimpfte sie. »Oder willst du etwa ersticken?«
    Der Prinz krähte vergnügt. »Will meine Mama.«
    Verärgert richtete die Amme seine in Unordnung geratenen Kleider. »Wenn ich es erlaube, und du ihr noch einen Kuß geben darfst, wirst du dann nachher brav die Augen schließen und liegenbleiben, bis du eingeschlafen bist?«
    Der Knabe lächelte auf eine Weise, die es ihm stets gestattete, jedes Herz zum Schmelzen zu bringen. »Ich verspreche

Weitere Kostenlose Bücher