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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Kleider bestanden aus weichgegerbtem Wildleder und waren an Kragen, Schultern und Säumen mit Ziernähten versehen, verziert mit bestickter, seidener Näharbeit, doch ohne silberne Tressen. Im Wald von Deshir trugen die Menschen keine Gewänder, die unversehens das Tageslicht reflektieren konnten. Danias Bemerkung über seine nassen Kleider war vermutlich nur eine Ausrede, um ihn von dem Krönungsstaat abzubringen, der für die vor ihnen liegenden Wege kaum geeignet war.
    Arithon verließ sein Schlafgemach, nur um peinlich berührt festzustellen, daß das einzige Clanzelt, das noch immer stand, jenes war, welches ihm Obdach gegeben hatte. Alle anderen Lederbehausungen lagen auf der Erde der Lichtung inmitten von Pinienbäumen; stramm aufgerollt erinnerten sie an frisch aus dem Boden hervorgesprossene Boviste nach einem Regenguß. Sofort erschienen einige Kinder, um auch dieses Zelt abzuschlagen. Danias Töchter liefen zwischen den Beinen der Knaben herum, die Pfosten aus dem Boden rissen und Tauwerk ausbreiteten, in dem die abgebauten Zelthäute dann zusammengebunden wurden. Alle trugen Messer, obwohl selbst der älteste unter ihnen keinen Tag älter als vierzehn aussah.
    Nirgends konnte Arithon Anzeichen von Trauer oder einer Beerdigungszeremonie für das Mädchen ausmachen, das er aus Etarra herausgebracht hatte. Auf den ersten Blick schien dieses Clanvolk noch härter zu sein als Maenalles Leute, noch vernarbter, noch erbitterter und noch mehr gefangen im verzweifelten Überlebenskampf. Arithon lauschte den Gesprächen und fand heraus, daß die Männer bereits zu dem Schauplatz am äußersten Rand im Südosten des Waldes von Deshir vorausgegangen waren, an dem die Schlacht gegen Etarras Heer ausgefochten werden sollte.
    Als Arithon Dania beim Backen an der offenen Feuerstelle entdeckte, wischte sie sich eine lose Haarsträhne mit dem Rücken ihrer mehlverschmierten Hand aus dem Gesicht. »Wir brauchen Proviantkekse für die Reise. Aber sie sind hart und geschmacklos, also habe ich auch süßes Brot zubereitet. Edal ist gerade beim Ofen, damit Ihr Eure Portion heiß essen könnt.« Sie drehte sich um, bereit zu rufen, als ihre säumige Tochter gerade mit einem dampfenden Brot in einer Leinenserviette herbeieilte. »Eßt«, drängte Dania, noch immer voll und ganz mit ihrem Teig beschäftigt, der an der Schüssel klebte. »Ihr müßt ganz ausgehungert sein.«
    Das war er. Drei Tage und vier Nächte mit zu wenig Nahrung hatten ihn bis an den Rand des Siechtums geschwächt. Arithon nahm das Leintuch und zwang sich, trotz seines Hungers langsam zu essen. Sogar diese schonende Nahrung lag schwer in seinem schmerzhaft ausgehungerten Leib.
    Allmählich wurde ihm bewußt, daß er wie ein Invalide behandelt wurde. »Letzte Nacht«, sagte er äußerst sanft. »Was ist da geschehen?«
    Dania schlug so fest mit den Händen in den Teig, daß die hölzerne Schale beinahe gesprungen wäre. »Ath, ich wußte, Ihr würdet fragen.« Obwohl sie ihr den Rücken zugekehrt hatte, entging ihrem mütterlichen Instinkt nicht, daß die kleine Edal sie neugierig beobachtete. Reflexartig schickte sie ihre Tochter fort, ihr einen Kübel frischen Wassers zu bringen. »Ihr wart zu müde zum Reiten, das hätte jeder Idiot sehen können. Aber die Männer, nun, sie leben alle schon so lange mit all diesen Problemen, weshalb ich manchmal glaube, daß sie stets den falschen Dingen Beachtung schenken.«
    »Ich habe Euch nicht um Entschuldigungen gebeten«, unterbrach Arithon milde. »Was ist geschehen?«
    Sie antwortete schonungslos offen. »Ihr seid vom Pferd gefallen. Lord Steiven hat Euch über seinen Sattel gelegt.«
    Diese Information half seinem Gedächtnis nach. Erinnerungen kehrten in sein Bewußtsein zurück: Caolles sarkastischer Kommentar, man solle ihn im Schmutz neben der Straße liegenlassen, und daß die Clans keine königlichen Herrscher mehr brauchen würden; ein anderer schlug vor, ihn auf ein Packpferd zu laden, würden doch die Narben an seinem Handgelenk deutlich genug darauf hinweisen, daß er solche Dinge schon öfter erlebt hatte.
    Dania begann, schmutziges Geschirr zusammenzuräumen, um ihm Gelegenheit zu geben, sein Schweigen selbst zu brechen, vielleicht gar etwas über die Gründe zu erzählen, die ihn veranlaßt hatten, Etarra in seinem Hofstaat zu entfliehen.
    Als er nichts sagte, riskierte sie einen Blick und stellte fest, daß er gegangen war, nur das mit Brosamen gefüllte, sauber gefaltete Leintuch lag noch auf dem

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