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Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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schmerzhaft sein.
    An jenen Abenden am Feuer schien es, als wirkten Hallirons Balladen ihre Mysterien nur für ihn. Er lachte über ihren Frohsinn und ließ doch ebenso unerschrocken seinen Tränen freien Lauf. Das Gerede, das er so heraufbeschwor, war seinen Zwecken nur dienlich. Am Tage, wenn er gedankenverloren den Pfad hinunterwanderte, spielte er im Geist Hallirons ausgetüftelte Arpeggios nach und die sauberen, akribischen Rhythmen, deren Schlichtheit sich zu einer zwingenden Macht formte. In solchen Augenblicken, wenn die Clanfrauen von Deshir sich entrüstet abwanden, erregte er die Aufmerksamkeit des Barden.
    Halliron verfügte über eine tiefe, feinsinnige Wahrnehmung, die sich hinter seiner freundlichen Natur verbarg. Da aber der seltsame Umstand, daß dieser Prinz, der sich so sehr von seiner Musik gefangennehmen ließ, kein Interesse an einer näheren Bekanntschaft zeigte, ihm keine Ruhe ließ, fiel es ihm schwer, sein Interesse zu verbergen.
    Das Wohnlager wurde nachts transportiert. Erst nach Tagesanbruch wurde geruht. Am Morgen des Tages, an dem sie ihr Ziel erreichen sollten, riß der Frühnebel unter dem Einfluß weißen Sonnenlichtes auf. Laut riefen die Vögel in ihren Nestern. Wie ein Strang silbriger Seide tauchte der Fluß Tal Quorin, der sich durch den grünen Teppich des Waldes schlängelte, wieder neben ihrem Pfad auf. Die dünne, saure Erde der Höhen bot den Pinien keinen ausreichenden Boden mehr. Der fruchtbare Boden am Flußufer verteilte sich hier auf lange, unregelmäßige Täler. Das Wasser wand sich durch Untiefen und Schluchten, wisperte über die glatte Oberfläche von Granitblöcken, die die Eiszeit einst hinterlassen hatte, und verwirbelte sich um Weidenwurzeln, die an die knotigen Knie alter Männer erinnerten.
    Die Vertreibung Desh-Thieres hatte Veränderungen mit sich gebracht. Kleine Pflanzen drängten sich durch Moos und Piniennadeln, und zum ersten Mal seit fünf Jahrhunderten öffneten sich bunte Blüten, deren Blätter nicht durch die schwärzlichen Spuren von Pilzsporen gezeichnet waren.
    Steivens Töchter klebten wie Schatten an Arithon, während sie sich gemeinsam daran erfreuten, immer wieder neue Blumen zu entdecken; dort, wo die Pflanzen denen glichen, an die er sich aus den gebirgigen Wäldern von Rauven erinnerte, gab er ihnen Namen. Dort, wo sie ihm fremd waren, kniete er im taufeuchten Laub nieder und bestaunte voller Ehrfurcht die Wunder dieser anderen Welt.
    Seine Versunkenheit war jedoch nicht so tief, daß er das stählerne Klirren überhört hätte, das durch das Trällern der Vögel und den schnellen Flügelschlag der Spechte drang. Hallirons Neugier blieb nicht auf die äußere Erscheinung beschränkt, wenngleich all die Frauen im Lager ihren Prinzen bereits fälschlich als schrulligen Träumer ansahen. Nur der Barde blieb aufmerksam genug, den kurzen Schauer zu bemerken, der den Prinzen befiel.
    Verwundert strich sich Halliron eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn, um besser beobachten zu können, wie sich der Prinz aus seiner Versunkenheit aufrichtete. Nach einigen kurzen Worten eilten die Kinder eifrig davon, um ihre nächsten Entdeckungen allein zu tätigen. Arithon blieb zurück, ein Schatten in dunklem Leder unter den sonnenbeschienen Zweigen eines Haselnußdickichts’.
    Von der Kuppe eines Berges, den man nicht sehen konnte, hallten Axthiebe herüber. Der so mißhandelte Baumstamm krachte und fiel mit einem Zischen durch die warme Luft zu Boden. Arithon zog sich zurück. Als quälte ihn ein scharfer Schmerz, wandte er sich ab, und seine Augen strichen über den Barden, der kaum zwanzig Fuß hinter ihm stand, umrahmt vom ungleichmäßigen Hintergrund des Waldes, vor dem sich seine höfische Samtkleidung zu deutlich abhob, um übersehen zu werden.
    Ein weiterer Baum krachte und fiel. Voll und ganz einer Beobachtung ausgesetzt, die er hätte meiden wollen, wurde Arithon bleich.
    Und das Verstehen raubte Halliron den Atem. Persönlich bekannt mit dem Hüter von Althain, befreundet mit Asandir, schaute er in diesen Prinzen hinein, und gleich einem Wasserfleck auf zartem Pergament erkannte er die Prägung der magisch geschulten Wahrnehmung.
    Arithons Interesse an den Wildblumen neben dem Pfad war lediglich ein Trick, mit dem er die angespannte Verbindung mit den tieferen Mysterien des Waldes zu verschleiern suchte.
    Gefangen in seiner unvollständigen Trance, sandten die von der Axt getroffenen, sterbenden Bäume Schmerzenschreie in seine Nerven. Ein

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