Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Asandirs Hand als rechtmäßiger Thronerbe anerkannt. Ich habe geschworen, Eurem Geschlecht zu dienen so wie meine Vorfahren, die ebenfalls bestellte Regenten des Reiches waren und auf die Rückkehr von Rathains wahrem Hohekönig gewartet haben.«
»Caithdein«, flüsterte Arithon mit blutleeren Lippen.
Bewegung kam in die Menschen im Raum, als er die alte Zunge gebrauchte. Die Bezeichnung für den ›Schatten hinter dem Thron‹ veranlaßte den großen Krieger lediglich, noch etwas breiter zu lächeln. »Während der Abwesenheit eines Thronerben oblag es mir, Rathains Erbe zu schützen und das Volk im Kampf zu führen. Beansprucht Euer Erbe, mein Prinz. Meine Regentschaft ist vorbei.«
Arithon knirschte wütend mit den Zähnen. »Befehlt Euren Leuten, sich zu erheben.« Er war zu müde für so etwas. Das Licht schmerzte in seinen Augen, in seinem Kopf drehte sich alles, und er konnte die Last, die in seinen Mantel gehüllt war, nicht länger verborgen halten. »Ich bin als Bastard geboren«, fügte er verzweifelt hinzu. »Ich werde keines Mannes Loyalität beanspruchen.«
»Euer Hoheit, das ist nicht von Bedeutung.« Der aristokratisch wirkende alte Mann neben dem Clanführer hatte silbernes Haar und war mit seiner schwarzen, elegant geschlitzten und mit gelber Seide durchwirkten Tunika gewandet, wie es bei Hofe üblich sein mochte. Aufrecht und sicheren Schrittes überquerte er mehrere Lagen Teppich, ehe er sich still vor dem Prinzen verneigte. Als er sich wieder aufrichtete, waren seine Augenbrauen hochgezogen, und sein von Lachfältchen umgebener Mund entblößte auseinanderstehende Vorderzähne. »Als was Ihr auch geboren sein mögt, das kann Euer Geburtsrecht nicht unwirksam werden lassen. Illegitimität war für keinen s’Ffalenn je ein Grund, vor der Thronfolge zurückzuschrecken. Seit Torbrands Zeiten waren die s’Ffalenns der direkten Linie stets den Cousins und Schwägern vorangestellt. Aus dem Stegreif könnte ich Euch ein Dutzend Balladen nennen, die meine Worte bestätigen.«
Arithon starrte den aufrechten Mann mit der leisen Stimme an, und ein wachsamer Ausdruck trat in seine kantigen Züge. »Wer seid Ihr?« wisperte er.
Der Edelmann ging nicht auf seine Frage ein, sondern hob seine Stimme zu Lauten, so makellos, wie sie nur ein Sänger zustande bringen konnte. »Ihr seid vom Blute s’Ffalenns, und die Bruderschaft der Sieben selbst hat Euch zum Thronerben erklärt.«
»Wer seid Ihr?« wiederholte Arithon, und die Anstrengung schlug sich auf seine rauhe Stimme nieder.
»Man nennt mich Halliron, und auch ich habe die Clans des Nordens um ihre Gastfreundschaft gebeten.«
Alle Farbe wich aus Arithons Gesicht. Diese Ironie traf ihn schmerzhaft: Vor ihm stand der Meisterbarde, dieser einzige Mensch in sämtlichen fünf Reichen Atheras, der seine wahre Herzensleidenschaft erfüllen konnte, hätte nicht ein unerwünschter Thron ihm diese Möglichkeit unwiderruflich genommen.
Kaum einen Fuß von Arithons Ellbogen entfernt brannte eine Kerze in einem Messingständer. Er streckte den Arm aus, um den Docht zu löschen, doch es war schon zu spät. Längst hatte das Licht all den fremden Menschen seine Sehnsucht verraten.
Er wandte sich der einzig möglichen Ablenkung zu und wickelte das Bündel in seinem Mantel aus. »Nehmt sie«, sagte er, als der verhüllende Stoff entfernt war und den Blick auf den blau angelaufenen Leichnam des Kindes freigab, das er seit Etarra auf seinen Armen getragen hatte. Das, vielleicht fünf Jahre alte, Mädchen war verkrüppelt und vom Hunger ausgezehrt. Auf dem knochigen Arm, der steif auf ihrem Brustkorb lag, zeigten sich die verheerenden Auswirkungen einer entzündeten Wunde, und die halb unter schmutzigen Verbänden verborgene Hand stank überwältigend nach faulendem Fleisch.
Jene Clanangehörigen, die noch nicht gestanden hatten, sprangen voller Entsetzen auf.
»Sie ist in der Nacht gestorben«, sagte Arithon. »Sie war eine von Euch. In Etarra wurde sie gezwungen, den Pferdeabdeckern zu dienen. Die anderen versklavten Kinder sind ebenfalls befreit worden und gehen nun ihrer Wege. Dieses Mädchen war zu krank zum Laufen.«
Jemand stieß eine Verwünschung in der alten Sprache aus. Jemand anderes eilte herbei, um ihn von dem Gewicht des toten Kindes zu befreien. Es war eine Frau in der Lederkleidung der Kundschafter, die nicht nur aufgrund ihrer Härte an Maenalle von Tysan erinnerte. »Das ist Tanlies Mädchen, ganz ohne Zweifel. Niemand sonst hat so ein
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