Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
Muttermal am Ohrläppchen.«
    Von der plötzlichen Gewichtsverlagerung und der Entlastung seines vollkommen verkrampften Arms aus dem Gleichgewicht gebracht, kämpfte Arithon mit einer erdrückenden Woge tiefen Bedauerns. »Bitte, so richtet Tanlie mein Beileid aus. Ihr Mädchen ist tapfer gestorben.« Er nahm den feuchten Samtumhang ab und gab das Leopardenbanner Rathains als ihr Leichentuch hin.
    Mit Tränen in den Augen nahm die Frau seine Gabe an. Noch ehe dieser Schock abklingen konnte, wandte sich Arithon unverblümt an die anderen, die sich um ihn herum aufgestellt hatten. »Ich bringe Euch keinen Frieden, sondern Krieg!«
    Sein Ruf änderte gar nichts. Ganz im Gegenteil: Der große, narbengesichtige Anführer sagte: »Tanlies Mädchen ist nicht das einzige Kind, das in den Generationen seit der Zerstörung Ithamons grausam zu Tode gekommen ist. Solcher Kummer ist uns nicht fremd.«
    »Doch. Dieser Kummer ist es.« Arithon überwand seine Heiserkeit und schaffte es, sich eines kühlen und gelassenen Tons zu befleißigen, der die Menschen aufhorchen ließ. »Ein magischer Bann Desh-Thieres zwingt mich, meinen Halbbruder Lysaer s’Ilessid zu bekämpfen. Der Haß, der uns beide treibt, läßt keinen Raum für den Verstand. Er entfesselt nur den Drang zu morden. Lysaer hat Etarra gegen mich aufgebracht, und ihre Garnison wird binnen Tagen losmarschieren. Wollt Ihr Euer Leben geben für einen Fremden, der nicht einmal in dieser Welt geboren wurde?«
    Weniger Strenge denn Sorge überschattete die scharfe Entgegnung des Clanführers. »Städter haben unsere Leben schon Jahrhunderte vor Eurer Geburt als unwert behandelt. Tanlies Tochter hat umsonst gelebt, wenn sie Euch das nicht hat lehren können.« Offenbar argwöhnte er, daß sich hinter der Taktik seines Gebieters Schwäche verbergen mochte, und der Blick, mit dem er die erloschene Kerze betrachtete, verriet sein Mißtrauen. »Nach den Gesetzen der Charta von Rathain sind die Clans des Nordens verpflichtet, für Euren Schutz zu sorgen.«
    »Wollt Ihr mir zuhören?« Arithon verlor die Beherrschung. »Stellt Euch gegen Lysaer, und Ihr führt den sicheren Untergang Eurer Liebsten herbei. Gesetze sind hier nicht von Bedeutung, und Ihr irrt, wenn Ihr Euch verpflichtet glaubt. Wir sprechen hier von einer durch Magie verursachten Besessenheit, einem Wahnsinn, der keine Grenzen kennt. Wenn es um meinen Halbbruder geht, so versagt mein Gewissen vollständig. Angesichts dieses grundlegenden Übels kann ich die Verantwortung nicht übernehmen. Eure Clans wären nicht mein Schutz, sondern nur eine weitere Waffe, die vergeudet würde.«
    Bewegung kam in die versammelten Clanführer, während ein rauschender Wind Regentropfen über das Zeltdach trieb. Der Sturm draußen mochte vorübergehen; der aber, der sich drinnen zusammenbraute, drohte in einen offenen Streit auszuarten. Der Flüchtling, der in das Lager gekommen war, war zweifellos ein s’Ffalenn, doch er sprach mit der Weitsicht eines Zauberers und erinnerte die Menschen unangenehm daran, daß er über die Macht der Westtorprophezeiung verfügte, die Desh-Thiere vom Himmel vertrieben hatte. Er mochte das Gesicht Torbrands haben, doch war er immer noch ein Fremder, unbekannt und namenlos, der ein Desaster vorhersagte und darum bat, von seinem Geburtsrecht entbunden zu werden. So heiß seine Ankunft ersehnt worden war, ging es doch um Menschenleben. Der Rat würde gut daran tun, zuzuhören.
    Mit ausdruckslosem Gesicht bedrängte Caolle, dessen Haar in den vielen Jahren der Überfälle und Scharmützel eine stahlgraue Farbe angenommen hatte, seinen Clanführer, wachsam zu bleiben. Die anderen folgten seinen Worten mit Respekt, denn der zähe Veteran tat eine Meinung kund, die nur wenige andere zu äußern gewagt hätten.
    Steiven reagierte, doch nicht mit Vorsicht. Er verließ seinen Platz am Versammlungstisch und stellte sich neben Halliron auf. Seine stämmige Gestalt ließ den Barden, der ebenfalls nicht gerade klein war, mickrig erscheinen, und in seinen haselnußbraunen Augen spiegelte sich Verbitterung, als er gestand: »Ich habe das Zweite Gesicht. Seit Jahren lebe ich mit dem Wissen um Zeit und Art meines Todes. Älteste, Euer Hoheit von Rathain, es gibt keine Wahl für uns. Etarra wird gen Norden aufmarschieren, ob wir einen Teir’s’Ffalenn beherbergen oder nicht.« Halb wandte er sich zu Arithon um, die großen Hände in die Litzen verhakt, die eine Reihe Wurfmesser mit seinem Gürtel verband. »Mein

Weitere Kostenlose Bücher