Der Fluch des Nebelgeistes 02 - Herr des Lichts
Erlaubnis, stellt Euch das vor, aber er läßt einen Mantelknopf mit einem Smaragd zurück, so groß, daß einem die Augen aus dem Kopf fallen. Als meine Lanzenreiter von der Geschichte erfuhren, war der Zugführer sturzbetrunken vom vielen Bier. Die angeheuerte Wachmannschaft des Zuges war auf einen freien Tag aus und absolut nicht daran interessiert, einen Flüchtigen zu verfolgen.«
Lysaer schlug mit beiden Händen auf den Tisch. Brotkrümel flogen von den Tellern, und Tintenfässer schwankten, begleitet vom Klirren der Buttermesser. »Das ist typisch für den Bastard. Möge Dharkaron die Schliche der s’Ffalenns strafen.«
Lord Diegan verfolgte den Ausbruch des Prinzen mit dem üblichen, höflichen Interesse, während Gouverneur Morfett, der gerade damit beschäftigt war, sich die Butterreste vom Kinn zu wischen, erschreckt aufblickte. »Verzeihung?«
Zorn flammte in Lysaers Augen. »Arithon ist schnell und einfallsreich wie ein Dämon, und er ist sich unserer Schwächen voll und ganz bewußt. Ich habe die Taten seiner Familie schon früher erleben müssen. Wenn er die Chance bekommt, dann wird er uns gegeneinander ausspielen, bis wir uns unserer selbst nicht mehr gewiß sein werden. Aber diesmal wird ihm das nicht gelingen. Arithons verdrehte Strategien werden auf ihn selbst zurückwirken. Und wenn es soweit ist, dann möge Daelion dafür sorgen, daß ich zur Stelle bin, um ihm endgültig das Genick zu brechen.«
Vom Hauptmann der Lanzenreiter, der sich in seinem schmutzstarrenden Mantel und den schweißnassen Stiefeln furchtsam duckte, aus seiner leidenschaftlichen Rage geweckt, besann sich Lysaer auf sein Mitgefühl. »Ihr seid sichtlich müde. Ihr könnt unbesorgt ruhen, Eure Kompetenz hat in dieser Angelegenheit nie zur Frage gestanden.« So selbstverständlich, als gehörte es zu seinen üblichen Pflichten, die Loyalität der Soldaten zu loben, fügte er hinzu: »Wenn sich ganz Etarra mit dem gleichen Diensteifer gegen den Herrn der Schatten stellt, wie Ihr ihn gezeigt habt, dann wird sein Kopf schon bald uns gehören.«
Besucher
Von ihrer Wegewache erfährt die Oberste Zauberin Morriel, daß Etarra sich zum Krieg rüstet; sofort ruft sie ihre Erste Zauberin herbei und erteilt ihr scharfe Befehle: »Die Bruderschaftszauberer haben die Amtsübernahme des s’Ffalenns verspielt. Arithon ist auf der Flucht und deine Vermutung zutreffend. Wenn Elaira von dieser Entwicklung gewußt hat, dann steckt mehr als Verliebtheit hinter ihrer Eskapade in Erdane. Rufe sie nach Narms im Westen zurück, und sorge für unser Gepäck. Wir müssen sie dort schnellstens treffen …«
Den letzten, in Etarra ausgetriebenen, Geist im Gepäck, eilen Asandir und der Wahnsinnige Prophet durch die tiefste Wildnis Daon Ramons zum Skelsengtor, um Desh-Thiere an einen sichereren Ort zu bringen; über ihnen brennt die Sonne scharlachrot auf die wirren Wolken hernieder, die Kharadmon entfesselt hat, auf daß sie das Land im Norden überziehen mögen …
Währenddessen reitet in der Ebene von Araithe ein Flüchtling mit hochgezogenen Schultern auf einem gestohlenen Zugpferd in gestrecktem Galopp weg von der Stadt Etarra durch den niederprasselnden Regen …
5
STRAKEWALD
Der Rest des Sturmes, den Kharadmon gen Süden gesandt hatte, traf einige Wegstunden nördlich von Etarra auf Arithons grimmige Schatten. Der Effekt wirkte sich nachteilig auf die Natur aus. Für lange Zeit fiel Schnee und überzog das Land, das sich gerade erst in frühlingshaftes Grün gehüllt hatte.
Im Schutz der Dunkelheit ritt Arithon über Straßen, auf denen, dank der unnatürlichen, beißenden Kälte, niemand sonst unterwegs war. Unterwegs hinterließ er Banne der Illusion und des Verschleierns, bis seine Reserven erschöpft waren. Als Zorn und Mühe ihn endgültig ermattet hatten, ließen selbst seine Schutzzauber nach.
Der Schnee wurde zu Schneeregen und schließlich zu Regen, der ihm so heftig ins Gesicht schlug, daß er kaum mehr sehen konnte; nasse Erde brach durch den Frost auf zu einem Gemisch aus Schlamm und Pfützen. Der weiche Grund erschwerte dem Pferd das Vorwärtskommen. Alle, etwas schnelleren, Schrittarten wurden zu einem rutschigen Elend, das Verletzungen geradezu erzwang. Aus Mitleid mit der braunen Stute band Arithon sie los, damit sie durch die riedbewachsenen Ebenen wandern konnte, ehe sie auf den Felsen stürzen und sich verletzen würde.
Zudem war sie zu auffällig, um sie noch länger zu behalten; trotz der
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