Der Fluch des Nebelgeistes 03 - Die Schiffe von Merior
einzelne Nuance im Sein ihres Opfers wanden. Sie aufzutrennen, die Verbindung auch nur zu stören, würde einen explosiven Rückstoß zur Folge haben, der die Opfer selbst der Vernichtung preisgeben mußte.
Fleisch würde sterben, Geist auf der Stelle zerstört werden. Mochte die Versklavung dem Ansehen nach auch kaum Verheerung mit sich zu führen, war ihre Tiefe doch um ein Vielfaches heimtückischer als jegliche Verzerrung, die eine von den Methuri besessene Kreatur erleiden mußte. Die Hilflosigkeit, die er empfand, ließ Verrain ermattet zurück, schlaff wie alte Lappen, und er barg sein Gesicht in den Handflächen. Fünf Jahrhunderte, so dachte er bekümmert, würden nicht ausreichen, ein Problem von solchem Ausmaß zu lösen.
»Nun, zumindest wird der Fluch nicht an die nachfolgende Generation weitergegeben«, erklärte Sethvir, um des Zauberbanners Mutlosigkeit zu lindern. »Sollte einer der Prinzen Nachfahren zeugen, so werden diese unbefleckt das Licht der Welt erblicken.«
»Das ist nur ein kleiner Trost«, gestand Traithe ein, während er seinen Mantel von der Tischplatte entfernte. Deutlich trat die Zerrissenheit seiner Gedanken in seiner resignierten Haltung zutage, wußte er doch nicht, ob er froh sein sollte, weil Arithons magische Ausbildung ihm zumindest begrenzte Mittel bot, sich gegen die Lenkung durch den Fluch zur Wehr zu setzen, oder ob er die Gefahr verwünschen sollte, die seine magische Begabung bei einem erneuten Konflikt darstellte, dessen Einsätze unvermeidbar höher ausfallen würden.
Die Last einer Katze, die es sich auf seinem Schoß bequem machte, brachte Verrain zu Bewußtsein, daß die Kerzenflamme nun bar jeder Zauberei brannte, und er hieß dankbar die Wärme des Tieres willkommen, die ihm im Kampf gegen die Schauer des Entzuges und der Trauer ein wenig Behagen spendete. Bleiernes Licht der heraufziehenden Morgendämmerung fiel durch das Fenster herein. Asandir, der in dem schwachen Schimmer so völlig leblos erschien, machte Anstalten, sich zu erheben, wurde jedoch sogleich von Sethvir aufgehalten, der ihn mit gewichtigem Blick bedachte, ehe er sich bückte, um seine Tasche vom Boden aufzuheben.
»Dein Weg führt dich nach Norden«, sagte der Hüter des Althainturmes, hochaufgerichtet und mit vollen Händen. »Ich wäre dir zu Dank verpflichtet, wenn du Arithon dies hier überbringen könntest, sobald seine Lehrzeit bei dem Meisterbarden beendet ist.«
Asandirs Lider ruckten hoch, offenbarten Augen, so scharf wie der Stahl einer wehrbereiten Klinge. »Nicht so schnell!« rief er aus. Dann jedoch gab er gereizt auf und streckte die Hand aus, Sethvir von seiner Tasche zu befreien. »Nautische Karten und Anithaels Navigationsinstrumente? Wozu?«
»Arithon hat mich um diese Dinge gebeten«, entgegnete Sethvir gequält offen und mit ernster Miene. »Er hoffte, Hallirons Reise nach Shand beschleunigen zu können. Aber die See mag Antworten auf weit dringlichere Fragen bieten, ebenso wie der Brief, den die gnädige Frau Maenalle sendet.«
In der Stille des Raumes wußten sie alle um die beklagenswerte Tatsache, daß die sechs Jahre des Friedens, die Arithon nach dem Massaker im Strakewald seinem Schicksal dadurch abgerungen hatte, seinem Halbbruder jedes sichtbare Ziel zu verweigern, in Gefahr geraten könnten, noch ehe die Bruderschaft einen Weg gefunden hätte, des Nebelgeistes todbringenden Fluch zu lösen.
Nur wenn Kharadmon erfolgreich von seiner Reise zurückkehren würde, hätten sie die Chance, einzugreifen, bis dahin aber waren ihnen die Hände gebunden.
Traithe stülpte sich den Hut über den Kopf, um sein Schaudern zu verbergen. Niedergeschlagen, war er den Prinzen doch weit enger verbunden, erhob sich Asandir, schob seinen Stuhl zurück und rauschte aus dem Raum, schnell genug, einen Windzug zu erzeugen, der die ersterbende Kerzenflamme ruckartig verlöschen ließ.
Verrain vergrub seine Finger im Katzenfell. Ein erstickendes Gefühl in seiner Kehle würgte all die Fragen ab, die zu stellen er sich fürchtete, und er konnte nur hoffen, daß die Feuchtigkeit in seinen Augen eine Reaktion auf den Qualm war, der von dem Docht aufstieg, als dieser kurz aufglühte und schließlich gänzlich erlosch.
Enthüllung
Eine Reise quer durch den Kontinent unter Benutzung der Wege der Macht forderte einen lästigen Preis, der sich durch eine Orientierungslosigkeit bemerkbar machte, die auch noch nach der Ankunft fortdauerte. Zurück in seinem Turm in Atainia, die
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